EMA-Online-Anfrage unterbricht Zahlungsverjährung
FG Köln 27.11.2012, 8 K 2837/11Laut Kontoauszug des Finanzamtes vom 24.5.2011 schuldete der Kläger am 13.5.2011 insgesamt 109.500 € aus den zwischen den Jahren 1996 bis 1999 fällig gewordenen Steuern, Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge, Zinsen zur Einkommensteuer 1993 und 1994 sowie zur Umsatzsteuer 1992 bis 1999, die Gegenstand der Verjährungsübersicht zum 31.12.2009 gewesen waren. Da der Kläger die Steuerforderungen bei Fälligkeit nicht beglichen hatte, waren diverse Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Beklagten erfolgt, die jedoch allesamt erfolglos blieben.
Am 7.10.2004 teilte das Einwohnermeldeamt der Stadt B. dem Finanzamt auf dessen Nachfrage hin mit, der Kläger sei unbekannt verzogen. Eine Registerbereinigung sei veranlasst worden. Der Kläger meldete dann am 1.7.2008 bei einer anderen Stadt ein mit der H-GmbH am 1.5.2008 aufgenommenes Gewerbe an. Auf dem Anmeldeformular war als Wohnanschrift eine Adresse in Spanien angegeben. Die H-GmbH hat ihre Betriebsstätte laut Anmeldung jedoch in dieser Stadt.
Am 27.10.2009 vermerkte der zuständige Koordinator des Erhebungsbezirks beim Finanzamt in der Erhebungsakte "erneute EMA-Abfrage - unbekannt - Verjährung unterbrochen". Am 12.1.2011 veranlasste das Finanzamt einen erneuten Vollstreckungsversuch, diesmal in den Geschäftsräumen der H-GmbH. Dem Kläger wurde eine Zahlungsaufforderung hinterlassen und auf Nachfrage mitgeteilt, dass wegen der am 27.10.2009 erfolgten EMA-Online-Anfrage keine Zahlungsverjährung mit Ablauf des 31.12.2009 eingetreten sei. Der Kläger war der Ansicht, die Online-Anfrage vom 27.10.2009 erfülle nicht die Voraussetzung des § 231 Abs. 1 AO. Sie diene lediglich der Verjährungshemmung und nicht der Durchsetzung des Steueranspruchs. Denn der Beklagte habe nach der erfolgten Anfrage zunächst nichts weiter unternommen.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Zu Recht hatte das Finanzamt mit Abrechnungsbescheid vom 24.5.2011 gem. § 218 Abs. 2 S. 1 AO festgestellt, dass in Höhe der in der Anlage zu dem Abrechnungsbescheid aufgeführten einzelnen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zum Kläger keine Zahlungsverjährung gem. § 228 AO eingetreten war. Die Zahlungsverjährung war vielmehr mit Ablauf des 31.12.2009 unterbrochen worden.
Nach § 231 Abs. 3 AO wird die Zahlungsverjährung unterbrochen durch die in § 231 Abs. 1 AO aufgezählten diversen Verwaltungs- und Realakte mit der Folge, dass mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Unterbrechungshandlung geendet hat, eine neue fünfjährige Verjährungsfrist beginnt. Die in der EMA-Online-Anfrage zu erkennende Ermittlungshandlung, ein Realakt mit Außenwirkung i.S.d. § 231 Abs. 1 AO, ist am 27.10.2009 durchgeführt worden. Mit Ablauf des 31.12.2009 hat damit eine neue fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist für die im Abrechnungsbescheid vom 24.5.2011 aufgeführten Steueransprüche, mit denen die fälligen nicht erloschenen Steuerschuldansprüche laut Verjährungsübersicht zum 31.12.2009 fortgeschrieben wurden, begonnen. Infolgedessen durfte das Finanzamt im Jahr 2011 die Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Kläger durchführen.
Die EMA-Online-Anfrage ist keine lediglich innerdienstliche Maßnahme. Zwar durchsucht im schriftlichen EMA-Anfrage-Verfahren der städtische Bearbeiter das Melderegister nach dem Wohnsitz des Zahlungspflichtigen und teilt das Ergebnis seiner Recherche dem anfragenden Finanzbeamten mit. Bei der EMA-Online-Anfrage greift der Finanzbeamte hingegen über ein gesetzlich geregeltes automatisiertes Abrufverfahren auf nicht dem innerdienstlichen Bereich der Finanzverwaltung zugehörige Meldedatenbänke fremder - nämlich der zuständigen städtischen - Meldebehörden zu. Diese sind jedoch grundsätzlich keine Finanzbehörden.
Ein über dieses Verfahren hinausgehender automatisierter allgemeiner Datenabgleich zwischen Finanz- und Meldebehörden, der zu der Annahme führen könnte, es gäbe nur eine gemeinsame Datenbank, in der die Finanzbehörde ohne Außenwirkung Wohnsitzermittlungen durchführte, existiert bisher nicht. Vielmehr dürfte die Finanzverwaltung über die beim Bundeszentralamt für Steuern in Zusammenhang mit der Identifikationsnummer gesammelten Daten mittlerweile über eine eigene umfassende Meldedatenbank verfügen. Hiervon hatte das Finanzamt im Streitfall am 27.10.2009 aber keinen Gebrauch gemacht.
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