Entzug einer zum Versand angemeldeten - aber nicht versandten - Ware aus zollamtlicher Überwachung?
BFH 11.12.2012, VII R 3/12Die Klägerin hatte im Januar 2010 als zugelassener Versender von einer Speditionsfirma den Auftrag übernommen, am Flughafen Frankfurt/Main eingetroffene und von einem Lagerhalter übernommene, gestellte und summarisch angemeldete Ware (zwölf Fahrradträger) im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren zum Empfänger zu befördern. Die Klägerin meldete daraufhin eine Sendung mit der Ware und vier weiteren Warenpositionen zum Versand an. Mit der Durchführung des Transports wurde die Spedition beauftragt. Diese sollte die Sendung am folgenden Tag vom Verwahrungslager abholen und dem Empfänger liefern.
Der Empfänger stellte jedoch fest, dass die Fahrradträger in der Sendung nicht enthalten waren; sie waren in dem Verwahrungslager zurückgeblieben. Nachdem der Klägerin vom HZA angezeigt worden war, die Fahrradträger seien nicht der Bestimmungszollstelle gestellt worden, veranlasste die Klägerin, dass die Fahrradträger mit einer neuen Sendung im Versandverfahren zum Empfänger transportiert wurden. Dieser überführte sie in den freien Verkehr und wurde deswegen auf Eingangsabgaben von rund 2.000 € in Anspruch genommen.
Auf den gleichen Abgabenbetrag wurde die Klägerin vom HZA in Anspruch genommen, weil sie die Ware durch Nichtgestellung bei der Bestimmungsstelle der zollamtlichen Überwachung entzogen habe. Die Klägerin begehrte die Erstattung der Abgaben gem. Art. 236 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften. Das FG wies die Klage ab.
Auf die Revision der Klägerin setzte der BFH das Verfahren aus und legte dem EuGH die Auslegungsfrage zur Beantwortung vor, ob die einschlägigen Vorschriften der EWG Nr. 2913/92, insbesondere deren Art. 50, dahin auszulegen sind, dass eine von der Zollbehörde einer Person zur vorübergehenden Verwahrung an einem zugelassenen Ort überlassene Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird, wenn sie zu einem externen Versandverfahren zwar angemeldet wird, jedoch die ausgestellten Versandpapiere auf dem geplanten Transport tatsächlich nicht begleitet und der Bestimmungszollstelle nicht gestellt wird. Ist außerdem in einem solchen Fall die Person, die als zugelassener Versender die Waren in das Versandverfahren übergeführt hat, Zollschuldner gem. Art. 203 Abs. 3 Anstrich 1 ZK oder gem. Art. 203 Abs. 3 Anstrich 4 ZK?
Die Gründe:
Der Senat war hinsichtlich der Richtigkeit seiner bisherigen Überlegungen insbesondere deshalb nicht frei von jedem Zweifel, weil Art. 50 möglicherweise dahin verstanden werden kann, dass die Rechtsstellung von Waren als in vorübergehender Verwahrung befindlich mit dem Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung (z.B. einer Anmeldung derselben zum Versandverfahren) auch dann endet, wenn die betreffenden Waren i.S.d. Art. 51 weiterhin an dem zugelassenen Ort und unter den von der Zollbehörde festgelegten Bedingungen gelagert werden.
Wäre jene Vorschrift dahin auszulegen - und nicht dahin zu verstehen, dass die Verwahrung endet, wenn Ware (nicht nur papiermäßig, sondern) tatsächlich einer zollrechtlichen Bestimmung zugeführt wird (hier: einem Transport zwischen zwei inneruniotären Orten) -, so könnte daraus ungeachtet dessen, ob eine Versandanmeldung möglicherweise nur versehentlich abgegeben (bzw. nicht - etwa wegen zeitweiser Unauffindbarkeit der zu versendenden Ware im Verwahrungslager - entsprechend korrigiert) wurde, vielleicht gefolgert werden, dass es der Hauptverpflichtete ist, der die Ware der zollamtlichen Überwachung entzieht, wenn der Versandschein ohne die Ware einen inneruniotären Transport begleitet und der Bestimmungszollstelle vorgelegt wird, ohne dass dabei die Ware gestellt wird.
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