12.09.2013

Erfassung der PKW-Nutzung für Familienheimfahrten von Selbständigen ist verfassungsgemäß

Der allgemeine Gleichheitssatz gibt keinen Anlass dazu, entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG, den Vorteil aus der Nutzung eines betrieblichen PKW für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eines selbständig Tätigen außer Ansatz zu lassen. Ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Schlechterstellung der Selbständigen ist etwa in der unterschiedlichen systematischen Ermittlung des Erwerbseinkommens zu sehen.

BFH 19.6.2013, VIII R 24/09
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, an der zwei Rechtsanwälte beteiligt sind. Der Partner S. lebte ursprünglich in X. Seit 1992 ist er in Y. als Rechtsanwalt tätig. In den Streitjahren 2001 bis 2004 unterhielt S. in X. eine Wohnung. Seine drei Kinder lebten in dieser Zeit ebenfalls in X. In Y. wohnte er in einer 80 qm großen Eigentumswohnung.

S. durfte in den Streitjahren zwei Kfz der Klägerin auch für private Fahrten nutzen. Diese Nutzung bewertete die Klägerin pauschal anhand der 1 %-Methode. Sie hatte S. zudem das Recht eingeräumt, die Fahrzeuge für Fahrten von Y. nach X. zu nutzen. S. führte in sämtlichen Streitjahren mit dem einen Fahrzeug sieben Fahrten und mit dem anderen Fahrzeug sechs Fahrten nach X. durch. Für weitere sechs Fahrten benutzte er einen privaten PKW.

Im Rahmen der Erklärung über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen begehrte die Klägerin, den Vorteil für die von S. mit den betrieblichen Fahrzeugen durchgeführten Familienheimfahrten i.H.v. 0,002 % des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer außer Ansatz zu lassen. Das Finanzamt wich aus verschiedenen Gründen von den erklärten Angaben der Klägerin ab.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht in sämtlichen Streitjahren eine Hinzurechnung für die 13 Familienheimfahrten des S. mit den Fahrzeugen der Klägerin nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG vorgenommen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bestanden gegen die Anwendung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG im Hinblick auf die Regelungen des § 8 Abs. 2 S. 5  2. Hs. EStG sowie § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG bei den Überschusseinkünften keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Norm verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Nach dem Grundsatz der Belastungsgleichheit sind Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit zwar auch gleich hoch zu besteuern. Dies gilt aber nur insoweit, als unterschiedliche Rechtsfolgen nicht durch besondere sachliche Gründe gerechtfertigt sind. Als besondere sachliche Gründe für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen erkennt das BVerfG neben außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszwecken auch Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse an.

Nach diesen Maßstäben werden selbständig Tätige, die ein betriebliches Fahrzeug für eine Familienheimfahrt nutzen, zwar im Vergleich zu Beziehern von Überschusseinkünften, denen ein Fahrzeug im Rahmen ihrer Tätigkeit überlassen wird, ungleich behandelt. Jedoch ist dies gerechtfertigt. Denn die Regelungen über die Erfassung eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines (eigenen) betrieblichen Fahrzeugs durch den Unternehmer einerseits und die Nutzung eines vom Arbeitgeber überlassenen Fahrzeugs durch einen Arbeitnehmer andererseits jeweils für Familienheimfahrten führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. In § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG gibt es keine Ausnahme von der Hinzurechnung des Zuschlags für die eine begünstigte Familienheimfahrt pro Woche. Somit muss der Unternehmer stets die positive Differenz zur Entfernungspauschale, die sich bei Überschreiten der Grenzwerte der Bruttolistenpreise ergibt, seinem Gewinn hinzurechnen.

Die Unterscheidung ist auch sachlich gerechtfertigt. Ein solcher sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Schlechterstellung der Selbständigen ist etwa in der unterschiedlichen systematischen Ermittlung des Erwerbseinkommens zu sehen. Soweit die Klägerin einwendet hatte, der Ansatz des pauschalen Vorteils treffe sie wegen eines älteren Fahrzeugs übermäßig hart, begründete dies keinen Verstoß gegen Art. 3 GG. Denn der Gesetzgeber darf zur Regelung von Massenerscheinungen pauschalieren und typisieren. Dabei hat er sich an dem typischen durchschnittlichen Fall zu orientieren. Der BFH hat bereits entschieden, dass die 1 %-Regelung, die auch auf dem Bruttolistenpreis basiert, zur Ermittlung des privaten Nutzungsanteils verfassungsmäßig ist (BFH-Urteil v. 13.12.2012, VI R 51/11). Entsprechendes gilt im Fall der Familienheimfahrten und der 0,002 %-Regelung.

Linkhinweis:

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