Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidung des BFH
BVerfG v. 21.2.2025 - 1 BvR 2267/23Die Beschwerdeführerin begehrte erfolglos die steuerliche Berücksichtigung eines Aufwandes aus einer Schuldübernahmeverpflichtung für eine Pensionszusage. Nachdem auch ihre Klage vom FG abgewiesen wurde, legte sie Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Sie machte u.a. eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen Verstoßes der zugrunde liegenden Norm des EStG gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG geltend.
Der BFH wies mit dem angegriffenen Beschluss die Beschwerde zurück. Er bemängelte, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Beschwerdeschrift nicht hinreichend dargestellt, dass es für sie günstige Folgen haben werde, wenn das BVerfG die Steuervorschrift wegen einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verwerfe. Sie hätte darlegen müssen, dass eine normverwerfende Entscheidung zu einer für sie vorteilhaften rückwirkenden Neuregelung des beanstandeten Gesetzes oder zumindest zu einer Übergangsregelung für alle noch offenen Fälle führen werde.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das BVerfG hat den Beschluss aufgehoben. Der BFH muss jetzt erneut über die Zulassung der Revision entscheiden.
Die Gründe:
Der angegriffene Beschluss des BFH verstößt gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Anforderung des BFH an die Substantiierung der Nichtzulassungsbeschwerde überspannt die Darlegungsanforderungen.
So werden von der Beschwerdeführerin Darlegungen zu in der Zukunft liegenden Umständen verlangt, deren Eintritt ungewiss und zu denen ihr eine belastbare Prognose nicht möglich ist. Das gilt sowohl hinsichtlich des Ausgangs einer Entscheidung des BVerfG über das Schicksal einer als verfassungswidrig beurteilten Norm als auch hinsichtlich eines die Entscheidung umsetzenden politischen Willensbildungsprozesses des Gesetzgebers.
Das BVerfG kann ein verfassungswidriges Gesetz für nichtig, aber auch für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklären und stellt in diese Entscheidung unterschiedliche Erwägungen ein. Diese vorherzusehen fordert das BVerfG nicht einmal von Gerichten, die eine Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Entscheidung über ihre Verfassungsmäßigkeit vorlegen. Entsprechend erscheint es sachlich nicht gerechtfertigt, wenn der BFH eine solche Vorausschau von der Beschwerdeführerin zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Verfassungswidrigkeit einer Norm verlangt.
Aktionsmodul Steuerrecht:
Das Aktionsmodul Steuerrecht ist die perfekte Online-Bibliothek für höchste Ansprüche mit den großen führenden Kommentaren, Handbüchern und Zeitschriften von Otto Schmidt. Bewährt, meinungsstark und aktuell.
Otto Schmidt Answers optional dazu buchen und die KI 4 Wochen gratis nutzen! Die Answers-Lizenz gilt für alle Answers-fähigen Module, die Sie im Abo oder im Test nutzen.