Erklärung zur optionalen Vollverschonung von Betriebsvermögen
Kurzbesprechung
BFH v. 26. 7. 2022 - II R 25/20
BGB § 133, § 157
ErbStG § 13a Abs 1 S 1, § 13a Abs 8, § 13b Abs 1 Nr. 2, § 13b Abs 2 S 1, § 13b Abs 2 S 2, § 13b Abs 2 S 3, § 13b Abs 2 S 4, § 13b Abs 4
GG Art 3 Abs 1
Die Schenkung von Beteiligungen an einer KG unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes der Schenkungsteuer. Für den Erwerb von Betriebsvermögen sieht § 13a i.V.m. § 13b ErbStG a.F. unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen vor.
Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt vorbehaltlich des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter verschiedenen Voraussetzungen u.a. der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG zu 85 % außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Eine solche Gesellschaft ist auch (wie im Streitfall) eine KG.
Ausgenommen von der Steuerbefreiung bleibt Betriebsvermögen, wenn es zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F.). Die Bestimmung des Verwaltungsvermögens sowie dessen Anteil am gemeinen Wert des Betriebs richtet sich nach § 13b Abs. 2 Sätze 2 bis 4 ErbStG a.F.
Nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. kann der Erwerber unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 in Verbindung mit § 13b ErbStG a.F. nach Maßgabe der Bestimmungen in den nachfolgenden Ziffern gewährt wird. U.a. tritt nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG a.F. an die Stelle des Prozentsatzes für das Verwaltungsvermögen von 50 % in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. ein Prozentsatz von 10 %, nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG a.F. an die Stelle des Prozentsatzes für die Begünstigung von 85 % in § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. ein Prozentsatz von 100 % (Vollverschonung).
Der relevante Anteil des Verwaltungsvermögens ist in Bezug auf jede übertragene wirtschaftliche Einheit und damit für jeden übertragenen Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG gesondert zu ermitteln. Das gilt sowohl für die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1, 2 und 4 ErbStG a.F. als auch für die über § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. eröffnete Vollverschonung.
Nach dem System der Steuerbegünstigung i.S. der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. ist jeder übertragene Betrieb einzeln zu betrachten. Der Wortlaut der Vorschriften steht dem nicht entgegen. Auch wenn § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. zunächst allgemein von Betrieben und Gesellschaften in der Mehrzahl spricht, erfolgt die Abgrenzung des Verwaltungsvermögens vom sonstigen Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. im Folgenden ausschließlich auf den jeweiligen Betrieb bezogen. Dasselbe gilt für die Abgrenzung des sog. jungen Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. und für § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F., der ebenfalls den "Wert des Betriebs" in der Einzahl verwendet.
Für den BFH besteht kein Anlass und auch keine Möglichkeit, bei Anwendung des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. die Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote abweichend von diesen Grundsätzen für alle im Rahmen eines Erwerbs übertragenen wirtschaftlichen Einheiten kumuliert zu berechnen.
§ 13a Abs. 8 ErbStG a.F. schafft keinen eigenen Begünstigungstatbestand, sondern bewirkt nur, dass mit der Erklärung des Erwerbers einzelne für die Regelverschonung geltenden Tatbestandsvoraussetzungen durch andere ersetzt werden. Die Option ändert aber nichts daran, dass es strukturell unmöglich ist, die Verwaltungsvermögensquote betriebsübergreifend zu bestimmen. So kann insbesondere die von fünf auf sieben Jahre verlängerte Behaltensfrist (§ 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG a.F.) denklogisch nur jeweils für eine bestimmte wirtschaftliche Einheit ermittelt werden. Die Verwendung des bestimmten Artikels in § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. kann deshalb nur "die" Steuerbefreiung für die jeweilige wirtschaftliche Einheit meinen. An alldem änderte sich auch dann nichts, wenn, wovon die Finanzverwaltung ausgeht, die Erklärung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. nur einheitlich für alle Gegenstände des jeweiligen Erwerbstatbestands abgegeben werden könnte.
Die Vollverschonung nach Maßgabe von § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ist an die Abgabe einer entsprechenden Erklärung geknüpft. Diese Erklärung kann bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten für jede erworbene wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben werden. Die Optionserklärung ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. unwiderruflich. Sie entspricht einem Antragsrecht.
Ob und in welchem Umfang eine Erklärung zur optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. abgegeben wurde, ist durch Auslegung der abgegebenen Willenserklärung zu ermitteln. Wurde die optionale Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit erklärt, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. nicht zu gewähren, selbst wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Erklärung zur Vollverschonung ist nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. unwiderruflich (vgl. oben unter II.3.b). Diese Tatbestandsvoraussetzung hätte keine Bedeutung, wäre immer dann, wenn die Anforderungen an die 100%ige Verschonung nicht erfüllt sind, die Regelverschonung in Höhe von 85 % zu gewähren.
Die Angaben in den Nrn. 1 bis 4 sind auch nicht als Voraussetzung für die Ausübung der Option formuliert. Sie stellen vielmehr Anforderungen dar, die die Voraussetzungen aus der Regelverschonung nach Abgabe der (unwiderruflichen) Erklärung zur optionalen Vollverschonung ersetzen (... "nach folgender Maßgabe gewährt wird ...").
Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ist erst nach Ausübung der Option zu prüfen, ob die erworbene wirtschaftliche Einheit (u.a.) die Voraussetzung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. erfüllt, d.h. die Verwaltungsvermögensquote weniger als 10 % beträgt. Wird die Voraussetzung nicht erfüllt, ist für die erworbene wirtschaftliche Einheit mangels Erfüllung der Verschonungsvoraussetzungen weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung zu gewähren. Die Gewährung der Regelverschonung für die einzelne Wirtschaftseinheit setzt daher voraus, dass der Erwerber für diese wirtschaftliche Einheit keine Erklärung zur optionalen Vollverschonung abgegeben hat.
Im Streitfall hatten FA und FG auf der Basis der vorstehenden Grundsätze im Ergebnis zu Recht entschieden, dass für die Übertragung der KG - Anteile weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung gewährt werden konnte.
Verlag Dr. Otto Schmidt
BGB § 133, § 157
ErbStG § 13a Abs 1 S 1, § 13a Abs 8, § 13b Abs 1 Nr. 2, § 13b Abs 2 S 1, § 13b Abs 2 S 2, § 13b Abs 2 S 3, § 13b Abs 2 S 4, § 13b Abs 4
GG Art 3 Abs 1
Die Schenkung von Beteiligungen an einer KG unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes der Schenkungsteuer. Für den Erwerb von Betriebsvermögen sieht § 13a i.V.m. § 13b ErbStG a.F. unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen vor.
Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt vorbehaltlich des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter verschiedenen Voraussetzungen u.a. der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG zu 85 % außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Eine solche Gesellschaft ist auch (wie im Streitfall) eine KG.
Ausgenommen von der Steuerbefreiung bleibt Betriebsvermögen, wenn es zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F.). Die Bestimmung des Verwaltungsvermögens sowie dessen Anteil am gemeinen Wert des Betriebs richtet sich nach § 13b Abs. 2 Sätze 2 bis 4 ErbStG a.F.
Nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. kann der Erwerber unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 in Verbindung mit § 13b ErbStG a.F. nach Maßgabe der Bestimmungen in den nachfolgenden Ziffern gewährt wird. U.a. tritt nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG a.F. an die Stelle des Prozentsatzes für das Verwaltungsvermögen von 50 % in § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. ein Prozentsatz von 10 %, nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG a.F. an die Stelle des Prozentsatzes für die Begünstigung von 85 % in § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. ein Prozentsatz von 100 % (Vollverschonung).
Der relevante Anteil des Verwaltungsvermögens ist in Bezug auf jede übertragene wirtschaftliche Einheit und damit für jeden übertragenen Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG gesondert zu ermitteln. Das gilt sowohl für die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1, 2 und 4 ErbStG a.F. als auch für die über § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. eröffnete Vollverschonung.
Nach dem System der Steuerbegünstigung i.S. der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. ist jeder übertragene Betrieb einzeln zu betrachten. Der Wortlaut der Vorschriften steht dem nicht entgegen. Auch wenn § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. zunächst allgemein von Betrieben und Gesellschaften in der Mehrzahl spricht, erfolgt die Abgrenzung des Verwaltungsvermögens vom sonstigen Betriebsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. im Folgenden ausschließlich auf den jeweiligen Betrieb bezogen. Dasselbe gilt für die Abgrenzung des sog. jungen Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. und für § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F., der ebenfalls den "Wert des Betriebs" in der Einzahl verwendet.
Für den BFH besteht kein Anlass und auch keine Möglichkeit, bei Anwendung des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. die Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote abweichend von diesen Grundsätzen für alle im Rahmen eines Erwerbs übertragenen wirtschaftlichen Einheiten kumuliert zu berechnen.
§ 13a Abs. 8 ErbStG a.F. schafft keinen eigenen Begünstigungstatbestand, sondern bewirkt nur, dass mit der Erklärung des Erwerbers einzelne für die Regelverschonung geltenden Tatbestandsvoraussetzungen durch andere ersetzt werden. Die Option ändert aber nichts daran, dass es strukturell unmöglich ist, die Verwaltungsvermögensquote betriebsübergreifend zu bestimmen. So kann insbesondere die von fünf auf sieben Jahre verlängerte Behaltensfrist (§ 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG a.F.) denklogisch nur jeweils für eine bestimmte wirtschaftliche Einheit ermittelt werden. Die Verwendung des bestimmten Artikels in § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. kann deshalb nur "die" Steuerbefreiung für die jeweilige wirtschaftliche Einheit meinen. An alldem änderte sich auch dann nichts, wenn, wovon die Finanzverwaltung ausgeht, die Erklärung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. nur einheitlich für alle Gegenstände des jeweiligen Erwerbstatbestands abgegeben werden könnte.
Die Vollverschonung nach Maßgabe von § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ist an die Abgabe einer entsprechenden Erklärung geknüpft. Diese Erklärung kann bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten für jede erworbene wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben werden. Die Optionserklärung ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. unwiderruflich. Sie entspricht einem Antragsrecht.
Ob und in welchem Umfang eine Erklärung zur optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. abgegeben wurde, ist durch Auslegung der abgegebenen Willenserklärung zu ermitteln. Wurde die optionale Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit erklärt, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. nicht zu gewähren, selbst wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Erklärung zur Vollverschonung ist nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. unwiderruflich (vgl. oben unter II.3.b). Diese Tatbestandsvoraussetzung hätte keine Bedeutung, wäre immer dann, wenn die Anforderungen an die 100%ige Verschonung nicht erfüllt sind, die Regelverschonung in Höhe von 85 % zu gewähren.
Die Angaben in den Nrn. 1 bis 4 sind auch nicht als Voraussetzung für die Ausübung der Option formuliert. Sie stellen vielmehr Anforderungen dar, die die Voraussetzungen aus der Regelverschonung nach Abgabe der (unwiderruflichen) Erklärung zur optionalen Vollverschonung ersetzen (... "nach folgender Maßgabe gewährt wird ...").
Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ist erst nach Ausübung der Option zu prüfen, ob die erworbene wirtschaftliche Einheit (u.a.) die Voraussetzung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. erfüllt, d.h. die Verwaltungsvermögensquote weniger als 10 % beträgt. Wird die Voraussetzung nicht erfüllt, ist für die erworbene wirtschaftliche Einheit mangels Erfüllung der Verschonungsvoraussetzungen weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung zu gewähren. Die Gewährung der Regelverschonung für die einzelne Wirtschaftseinheit setzt daher voraus, dass der Erwerber für diese wirtschaftliche Einheit keine Erklärung zur optionalen Vollverschonung abgegeben hat.
Im Streitfall hatten FA und FG auf der Basis der vorstehenden Grundsätze im Ergebnis zu Recht entschieden, dass für die Übertragung der KG - Anteile weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung gewährt werden konnte.