Ermessensfehlerfrei ergangene Prüfungsanordnung im Rahmen einer ermessensfehlerhaften Einspruchsentscheidung
FG Münster 14.6.2013, 14 K 135/13 AODer Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers und der E-GmbH bestanden bis Ende 2010 eine Betriebsaufspaltung sowie eine umsatzsteuerliche Organschaft. Mit Bescheiden vom 9.5.2012 ordnete das Finanzamt gegenüber dem Kläger unter Berufung auf § 193 Abs. 1 AO Außenprüfungen an, und zwar zum einen betreffend Einkommensteuer 2008 bis 2010 und zum anderen betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 2008 bis 2010. Am 24.05.2012 wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von ESt und GewSt 2009 und 2010 gegen den Kläger eingeleitet.
Der Kläger wurde mit Schreiben vom 30.5.2012 über die bisherigen Prüfungsfeststellungen informiert. Der Prüfer beanstandete u.a., dass der Kläger zwei Darlehen, die ihm die E-GmbH gewährt hatte, zu Unrecht bei seinem Einzelunternehmen als Verbindlichkeiten bilanziert habe. Die Außenprüfungen wurden mit Bescheiden vom 5.10.2012 erweitert, und zwar zum einen auf die ESt 2006 und 2007 und zum anderen auf die USt und GewSt 2006 und 2007.
Der Kläger war der Ansicht, das Finanzamt habe bei der Anordnung der Erweiterung ermessensfehlerhaft gehandelt. Dies zeige sich schon daran, dass die Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 S. 2 BpO daraus ableite, dass Schuldzinsen sowohl im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als auch bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb berücksichtigt worden seien (Doppelberücksichtigung). Dieser Sachverhalt könne in den Jahren 2006 und 2007 jedoch schon deshalb nicht verwirklicht worden sein, weil das vom Beklagten beanstandete Darlehen erst im Jahr 2008 aufgenommen worden sei.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde zwecks Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Dem Kläger war zwar insoweit zuzustimmen, dass die Begründung der Einspruchsentscheidung fehlerhaft war und der Beklagte damit sein Ermessen bei Erlass der Einspruchsentscheidung nicht ordnungsgemäß ausgeübt, zumindest seine Erwägungen nicht zutreffend dargestellt hatte. Dieser erst bei Erlass der Einspruchsentscheidung aufgetretene Fehler führte allerdings nicht dazu, dass der Klage stattzugeben und festzustellen wäre, dass die Prüfungserweiterungsanordnungen vom 5.10.2012 rechtswidrig waren.
Die Bescheide vom 5.10.2012 waren rechtmäßig und insbesondere ohne Ermessensfehler ergangen. Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers war deshalb als unbegründet zurückzuweisen, was letztlich auch geschehen ist. Der Tenor der Einspruchsentscheidungen war mithin im Ergebnis richtig. Fehlerhaft war allein die Begründung, warum die Anordnung einer Prüfungserweiterung - nunmehr - als geboten angesehen wurde.
Auch wenn ein Verwaltungsakt grundsätzlich in der Gestalt wirksam ist, die er durch die Einspruchsentscheidung erfährt, konnte - jedenfalls unter den besonderen Umständen des Streitfalls - kein Bedürfnis dafür gesehen werden, die Anordnung der Prüfungserweiterung insgesamt für rechtswidrig zu erklären. Wäre noch eine Anfechtungsklage statthaft, wäre es u.U. möglich gewesen, die Einspruchsentscheidung isoliert aufzuheben, denn beschwert wird (bzw. wurde) der Kläger letztlich allein durch diese.
Dieses Ergebnis war auf die Fortsetzungsfeststellungsklage jedoch nicht übertragbar, denn es bestand kein besonderes Interesse i.S.d. § 100 Abs. 1 S. 4 FGO dafür, allein die Einspruchsentscheidung für rechtswidrig zu erklären. Insbesondere konnte sich ein solches Interesse nicht aus dem Gesichtspunkt eines etwaigen Verwertungsverbots ergeben, denn die Grundlage für die Anordnung der Prüfung und damit mittelbar auch für die Auswertung der Prüfungsergebnisse bildeten allein die Bescheide vom 5.10.2012 und diese würden von der isolierten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Einspruchsentscheidung unberührt bleiben.
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