12.08.2021

Erneute Änderung des AO-Anwendungserlasses

Mit BMF-Schreiben v. 6.8.2021 hat die Finanzverwaltung erneut Teile des AO-Anwendungserlasses geändert.

BMF-Schreiben
BMF-Schreiben v. 6.8.2021 - IV C 4 - O 1000/19/10474 :004, DOK 2021/0687564

AO §§ 52 - 68

Die Änderungen gelten mit sofortiger Wirkung zur Anwendung in allen offenen Fällen und betreffen:

§ 52 AO Gemeinnützige Zwecke

Neu eingefügt wurden die Nummern 2.6. und 2.7 zum Umfang der Ortsverschönerung (2.6) und zum Freifunk (2.7). Die ebenfalls neu eingefügte Nummer 2.9. betrifft die mögliche Gemeinnützigkeit von Friedhofsverwaltungen.

§ 55 AO Selbstlosigkeit

Neu eingefügt wurden die Nummern 30 und 31. Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung besteht nicht für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45.000 € (Nr. 30). Dabei wird im Einzelnen spezifiziert, was zu den Einnahmen gehört. Die Verpflichtung zur Verwendung für satzungsmäßige steuerbegünstigte Zwecke nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO bleibt unberührt.

In dem Veranlagungszeitraum, in dem die Einnahmen einer Körperschaft unter der 45.000 €-Grenze bleiben, ist für sämtliche vorhandene Mittel die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung ausgesetzt. Bei Überschreiten dieser Grenze unterliegen die in den Jahren des Unterschreitens angesammelten und die übrigen, zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Mittel, nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (Nr. 31).

§ 57 AO Unmittelbarkeit

Die neu eingefügten Nummern 4 - 11 betreffen das planmäßige Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt, und damit ein Fall der unmittelbaren Zweckverwirklichung ist.

Die neu eingefügten Nummern 12 - 15 betreffen das Halten und Verwalten von Anteilen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften, wodurch der Grundsatz der Unmittelbarkeit erfüllt wird (Holdingstrukturen). Dabei genügt auch die Beteiligung an nur einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft. Eine Mindestbeteiligungsquote ist nicht erforderlich.

§ 58 Steuerlich unschädliche Betätigungen

Hier wurde die Nummer 1 erweiternd wie folgt gefasst:

"Diese Ausnahmeregelung ermöglicht es, Körperschaften als steuerbegünstigt anzuerkennen, die andere Körperschaften durch die vollständige oder teilweise Weitergabe bzw. Zuwendung eigener Mittel fördern. Mittel sind nicht nur Bar- oder Buchgeld, sondern auch alle anderen Vermögenswerte. Auch die Nutzungsüberlassung oder Erbringung einer Dienstleistung unterfallen dem Begriff der Mittel. Sind Nutzungsüberlassungen oder Erbringungen von Dienstleistungen Gegenstand einer Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO, richtet sich deren Behandlung nach § 57 Abs. 3 AO".

Die Nummer 2 (wer kommt als Mittelempfänger in Betracht) wurde neu gefasst. Die neu eingefügten Nummern 3 - 7 betreffen die Mittelzuwendung als Art der Zweckverwirklichung, d.h. es handelt sich nicht um einen eigenständigen steuerbegünstigten Zweck. Dabei ist der steuerbegünstigte Zweck in der Satzung weiterhin separat anzugeben.

Die neue Nummer 18 bestimmt, dass die in § 58 Nr. 3 bis 8 AO genannten Ausnahmetatbestände auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung verwirklicht werden können. Entgeltliche Tätigkeiten nach § 58 Nr. 4, 5 oder 7 AO begründen einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder Vermögensverwaltung (z. B. Raumüberlassung), sofern kein Fall des § 58 Nr. 1 AO oder des § 57 Abs. 3 AO vorliegt. Bei den Regelungen des § 58 Nr. 6 und 9 AO kommt es jeweils nicht auf die Bezeichnung der Körperschaft als Stiftung, sondern auf die tatsächliche Rechtsform an. Dabei ist es unmaßgeblich, ob es sich um eine rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Stiftung handelt.

§ 58a Vertrauensschutz bei Mittelweitergaben

Zu § 58a AO ergeht erstmals folgende Erlassregelung:

"Nr. 1 Die Vertrauensschutzregelung gilt für alle Mittelzuwendungen einer steuerbegünstigten Körperschaft an andere, ebenfalls steuerbegünstigte Körperschaften. Sie ist auch auf die Übertragung von Mitteln auf Grundlage der Vermögensbindungsklausel des § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO anwendbar.

Nr. 2 Bei Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke gilt - unabhängig von § 58a AO - stets der Vertrauensschutz, weil die Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden ist, so dass Zuwendende darauf vertrauen dürfen, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts die zugewendeten Mittel entsprechend ihrer Bestimmung für steuerbegünstigte Zwecke verwendet.

Nr. 3 Ausreichend für den Nachweis des geschützten Vertrauens im Sinne des § 58a Abs. 2 AO ist eine (elektronische) Kopie der in Nr. 1 bis 3 genannten Unterlagen."

§ 60 Anforderungen an die Satzung

Zu § 60 AO wurde folgende neue Nummer 9 als Übergangsregelung eingefügt:

"Eine steuerbegünstigte Körperschaft, deren Satzung bereits vor dem 29. Dezember 2020 bestanden hat, braucht diese nicht allein aufgrund der neuen Regelungen in § 52 Abs. 2 Nr. 8, 10, 22, 23 und 26 AO und § 58 Nr. 1 AO zu ändern, wenn die bisherige satzungsgemäße steuerbegünstigte Tätigkeit weiterhin in gleichem Umfang durchgeführt wird."

§ 60a Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen

Die neu eingefügten Nummern 9 und 10 betreffen die tatsächliche Geschäftsführung und Verstöße hiergegen.

§ 64 Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe

In der Nummer 18 wird mit dem neuen Absatz 2 darauf hingewiesen, dass die Besteuerungsgrenze von 45.000 € ist erstmalig für den Veranlagungszeitraum 2020 anzuwenden ist. Für Veranlagungszeiträume vor 2020 ist die bisherige Besteuerungsgrenze von 35.000 € maßgebend.

In den Nummern 23 und 27 wird entsprechend die Angabe "35.000" durch "45.000" ersetzt.

§ 68 AO Einzelne Zweckbetriebe

In der Nummer 3 werden neue Absätze 2 und 3 eingefügt, die deutlich machen, dass Flüchtlinge regelmäßig aufgrund ihrer psychischen, physischen oder wirtschaftlichen Situation zu dem von § 53 AO erfassten Personenkreis zählen. Eine Prüfung der Voraussetzungen des § 53 AO der Flüchtlinge ist deshalb bei Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen nicht erforderlich. Die Einrichtungen dürfen jedoch nicht des Erwerbs wegen betrieben werden (§ 66 Abs. 2 AO).

Die Nummer 9 wird wie folgt neu gefasst:

"Begünstigte Einrichtungen sind insbesondere Werkstätten, die zur Fürsorge von blinden Menschen, Menschen mit körperlichen Behinderungen sowie Menschen mit psychischen und seelischen Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen unterhalten werden."
BMF online
Zurück