Erste Tätigkeitsstätte eines Postzustellers nach neuem Reisekostenrecht
Kurzbesprechung
BFH v. 30.9.2020 - VI R 10/19
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3, § 9 Abs. 4, § 9 Abs. 4a
Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist gemäß § 9 Abs. 4a Satz 1 EStG zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale nach Maßgabe des Satzes 3 anzusetzen.
Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden.
Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Einer gesonderten Zuordnung für einkommensteuerliche Zwecke bedarf es nicht.
Die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden. Die Feststellung einer entsprechenden Zuordnung ist vielmehr durch alle nach der FGO zugelassenen Beweismittel möglich und durch das FG im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen.
So entspricht es regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll. Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für die erste Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, nicht mehr an.
Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.
Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.
Im Streitfall handelte es sich bei dem Zustellpunkt um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Dienstherrn des Steuerpflichtigen, dem der Steuerpflichtige dauerhaft zugeordnet war. Denn der Einsatz des Steuerpflichtigen dort ging auf eine vor dem 1.1.2014 erfolgte Versetzung zurück. Diese wirkt auch jenseits des 31.12.2013 fort, so dass es keiner erneuten und insbesondere einkommensteuerrechtlichen Festlegung einer ersten Tätigkeitsstätte i.S. von § 9 Abs. 4 EStG bedurfte.
Diese Zuordnung erfolgte auch unbefristet. Denn die Zuordnung (Versetzung) an den Zustellpunkt war weder kalendermäßig bestimmt noch ergab sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung eine Befristung. Vielmehr ist der Steuerpflichtige dort auch über viele Jahre hinweg tätig geworden. Auch führt die (jederzeitige) Möglichkeit einer Versetzung an einen anderen Zustellpunkt als solche noch nicht zu einer lediglich befristeten Zuordnung.
Schließlich war der Steuerpflichtige am Zustellpunkt auch in dem erforderlichen Umfang tätig geworden. Als Postzusteller hatte er im Zustellpunkt R arbeitstäglich Tätigkeiten auszuführen, die ebenso zum Berufsbild eines Postzustellers gehören wie das Zustellen der Briefe an die Kunden der Deutschen Post im Zustellbezirk (z.B. Übernahme und erforderlichenfalls Vorsortierung der Kompaktbriefe, Vorsortierung von Großbriefen, Katalogen, Zeitschriften und Tageszeitungen, Vorbereitung des Handwagens für die Zustellrunde sowie Nacharbeiten nach der Zustellrunde, z.B. Abschreibpost und Abrechnungen). Das FG hatte zutreffend darauf abgestellt, dass diese Tätigkeiten im Zustellpunkt als ortsfester betrieblicher Einrichtung Teil der Berufstätigkeit eines Postzustellers sind. Ein Ansatz der begehrten Mehraufwendungen für Verpflegung kam daher nicht in Betracht.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3, § 9 Abs. 4, § 9 Abs. 4a
Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist gemäß § 9 Abs. 4a Satz 1 EStG zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale nach Maßgabe des Satzes 3 anzusetzen.
Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden.
Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Einer gesonderten Zuordnung für einkommensteuerliche Zwecke bedarf es nicht.
Die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden. Die Feststellung einer entsprechenden Zuordnung ist vielmehr durch alle nach der FGO zugelassenen Beweismittel möglich und durch das FG im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen.
So entspricht es regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll. Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für die erste Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, nicht mehr an.
Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.
Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.
Im Streitfall handelte es sich bei dem Zustellpunkt um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Dienstherrn des Steuerpflichtigen, dem der Steuerpflichtige dauerhaft zugeordnet war. Denn der Einsatz des Steuerpflichtigen dort ging auf eine vor dem 1.1.2014 erfolgte Versetzung zurück. Diese wirkt auch jenseits des 31.12.2013 fort, so dass es keiner erneuten und insbesondere einkommensteuerrechtlichen Festlegung einer ersten Tätigkeitsstätte i.S. von § 9 Abs. 4 EStG bedurfte.
Diese Zuordnung erfolgte auch unbefristet. Denn die Zuordnung (Versetzung) an den Zustellpunkt war weder kalendermäßig bestimmt noch ergab sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung eine Befristung. Vielmehr ist der Steuerpflichtige dort auch über viele Jahre hinweg tätig geworden. Auch führt die (jederzeitige) Möglichkeit einer Versetzung an einen anderen Zustellpunkt als solche noch nicht zu einer lediglich befristeten Zuordnung.
Schließlich war der Steuerpflichtige am Zustellpunkt auch in dem erforderlichen Umfang tätig geworden. Als Postzusteller hatte er im Zustellpunkt R arbeitstäglich Tätigkeiten auszuführen, die ebenso zum Berufsbild eines Postzustellers gehören wie das Zustellen der Briefe an die Kunden der Deutschen Post im Zustellbezirk (z.B. Übernahme und erforderlichenfalls Vorsortierung der Kompaktbriefe, Vorsortierung von Großbriefen, Katalogen, Zeitschriften und Tageszeitungen, Vorbereitung des Handwagens für die Zustellrunde sowie Nacharbeiten nach der Zustellrunde, z.B. Abschreibpost und Abrechnungen). Das FG hatte zutreffend darauf abgestellt, dass diese Tätigkeiten im Zustellpunkt als ortsfester betrieblicher Einrichtung Teil der Berufstätigkeit eines Postzustellers sind. Ein Ansatz der begehrten Mehraufwendungen für Verpflegung kam daher nicht in Betracht.