22.02.2013

Erwerb eines vergünstigten Jobtickets stellt geldwerten Vorteil dar

Ein Sachbezug liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer durch Vereinbarung mit einem Verkehrsbetrieb das Recht zum Erwerb einer vergünstigten Jahresnetzkarte (Jobticket) einräumt, soweit sich dies für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt. Dieser geldwerte Vorteil fließt den Arbeitnehmern mit Ausübung des Bezugsrechts, also dem Erwerb der Jahresnetzkarten, zu, wobei genau auf diesen Zeitpunkt der Vorteil aus der Verwertung des Bezugsrechts nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG zu bewerten ist.

BFH 14.11.2012, VI R 56/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im September 2002 mit zwei Verkehrsbetrieben eine Vereinbarung über die Ausgabe sog. Jobtickets abgeschlossen. Danach können alle Mitarbeiter der Klägerin ein solches Ticket erwerben. Bei den Jobtickets handelt es sich um ermäßigte, auf den Namen der Mitarbeiter ausgestellte, nicht übertragbare Jahreskarten für das entsprechende Verkehrsverbundnetz. Die Klägerin entrichtet monatlich einen Grundbetrag an die beiden Verkehrsbetriebe. Dadurch erhält jeder Mitarbeiter das Recht, ein sog. Jobticket zu erwerben. Hierfür muss der Mitarbeiter noch einen monatlichen Eigenanteil mittels Lastschrifteinzug an die Verkehrsbetriebe entrichten.

Das Finanzamt beurteilte die von der Klägerin gezahlten Grundbeträge als steuerbaren geldwerten Vorteil, der i.H.v. 73,62 € je Arbeitnehmer nicht monatlich, sondern sofort und in vollem Umfang zugeflossen sei. Die monatliche 44 €-Freigrenze für Sachbezüge sei deshalb überschritten. Denn bei den von den einzelnen Arbeitnehmern erworbenen Jobtickets handele es sich ausnahmslos um Jahreskarten. Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung solcher Karten fließe insgesamt im Zeitpunkt der Überlassung zu.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 S. 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat. Zu diesen Einnahmen zählen auch Sachbezüge, wie sie in § 8 Abs. 2 S. 1 EStG als Regelbeispiel aufgeführt sind "Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge". Ein Sachbezug liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer durch Vereinbarung mit einem Verkehrsbetrieb das Recht zum Erwerb einer vergünstigten Jahresnetzkarte (Jobticket) einräumt, soweit sich dies für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt. Infolgedessen hat das FG zutreffend einen geldwerten Vorteil angenommen, der den Arbeitnehmern für ihre Arbeitsleistung gewährt worden war.

Allerdings hat das Finanzamt den darin innewohnenden Vorteil unzutreffend bewertet und deshalb die Bemessungsgrundlage der Lohnsteuerhaftungsschuld fehlerhaft bestimmt. Der streitgegenständliche geldwerte Vorteil war den Arbeitnehmern mit Ausübung des Bezugsrechts, also dem (einmaligen) Erwerb der Jahresnetzkarten sofort zugeflossen. Damit war der Vorteil in ihr wirtschaftliches Eigentum gelangt. Bei Arbeitnehmern der Klägerin, die das Bezugsrecht nicht ausgeübt und keine Jahresnetzkarten erworben hatten, war hingegen kein Zufluss zu verzeichnen. Denn allein das Einräumen von Ansprüchen vermag den Zufluss von Arbeitslohn noch nicht zu bewirken.

Auf den Zeitpunkt des Zuflusses war der Vorteil aus der Verwertung des Bezugsrechts zu bewerten. Nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Deshalb bestand der geldwerte Vorteil im Streitfall nicht bereits in der Differenz zwischen dem üblichen Endpreis (Verkaufspreis) einer mit den von den Arbeitnehmern bezogenen vergleichbaren Jahreskarte am Abgabeort und den diesbezüglichen Aufwendungen der Arbeitnehmer. Hiervon waren vielmehr noch die üblichen Preisnachlässe, die der Verkehrsbetrieb im Rahmen eines Jobticketprogramms den Arbeitnehmern gewährt, und damit in der Regel der über Zuzahlungen des Arbeitgebers an den Verkehrsbetrieb hinausgehende Nachlass auf den üblichen Endpreis vorteilsmindernd zu berücksichtigen. Infolgedessen muss das FG im weiteren Verfahren feststellen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich der Nachlass auf den Normalpreis als nichtsteuerbarer "Mengenrabatt" der Verkehrsbetriebe, mithin als üblicher Preisnachlass i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 1 EStG, darstellt.

Linkhinweis:

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