17.04.2013

EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug des Gründungsgesellschafters einer GbR

Der BFH hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob ein Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR einen Teil des Mandantenstammes nur zu dem Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer unter seiner maßgeblichen Beteiligung neu gegründeten Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen, zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes berechtigt sein kann. Im Gegensatz zum V. Senat neigt der XI. Senat dazu, den Vorsteuerabzug des Gründungsgesellschafters zu bejahen.

BFH 20.2.2013, XI R 26/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger war bis Ende 1994 zu 60 % als Gesellschafter an einer Steuerberatungs-GbR (Alt-GbR) beteiligt. Die Alt-GbR wurde in der Weise aufgelöst, dass jeder der Gesellschafter einen Teil des Mandantenstammes übernahm. Gleichzeitig wurde unter maßgeblicher Beteiligung des Klägers eine neue GbR gegründet (Neu-GbR). An dieser Gesellschaft war der Kläger zu 95 % beteiligt. Er überließ der Neu-GbR den von ihm übernommenen Mandantenstamm unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung.

In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat August 2004 machte der Kläger die ihm für den Erwerb des Mandantenstammes in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Dem kam das Finanzamt allerdings nicht nach. Es war der Ansicht, der Kläger habe zwar den Mandantenstamm aufgrund der Realteilung im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustauschs erhalten, den übernommenen Mandantenstamm aber nicht in seinem eigenen Unternehmen genutzt. Das Wirtschaftsgut sei vielmehr von der Neu-GbR als vom Kläger zu trennende Unternehmerin für deren unternehmerische Zwecke verwendet worden, so dass dem Kläger insoweit kein Vorsteuerabzug zustehe.

Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes setzte der BFH das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Auslegung des Unionsrechts vor, ob ein Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR einen Teil des Mandantenstammes nur zu dem Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer unter seiner maßgeblichen Beteiligung neu gegründeten Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen, zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes berechtigt sein kann.

Die Gründe:
Der Senat neigt zu der Auffassung, dass dem Kläger der begehrte Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes zusteht.

Der Unternehmer ist nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG, Art. 17 Abs. 2a der Richtlinie 77/388/EWG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen bezieht, die für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden oder verwendet wurden. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 1.3.2012 (C-280/10 - Polski Trawertyn) diesbezüglich den Rechtsgrundsatz aufgestellt, dass der Umstand, dass die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft durch deren Gesellschafter ein von der Umsatzsteuer befreiter Umsatz ist, nicht dazu führen darf, dass die Gesellschafter im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit mit der Umsatzsteuer belastet werden, ohne dass sie diese abziehen oder erstattet bekommen können.

Der Streitfall ist mit dem vom EuGH entschiedenen Fall vergleichbar. Insbesondere hätte die Neu-GbR als eigenständiges Unternehmen keinen eigenen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Kosten für den Erwerb des Mandantenstammes, weil es an einem steuerbaren Eingangsumsatz und einer entsprechend erteilten Rechnung fehlt. Bei der Versagung des Vorsteuerabzugs auch beim Kläger als Gründungsgesellschafter bliebe es andernfalls entgegen dem Neutralitätsprinzip bei einer Belastung der unternehmerischen Sphäre mit Umsatzsteuer, obwohl die Erwerbskosten im Rahmen einer vorbereitenden unternehmerischen Tätigkeit des Klägers angefallen sind und ein Wirtschaftsgut - hier den Mandantenstamm - betreffen, das ausschließlich für unternehmerische Zwecke der Neu-GbR verwendet werden soll und von vornherein für eine außerunternehmerische Nutzung nicht in Betracht kommt. Auch Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Vorsteuerabzugs liegen nicht vor.

Demgegenüber hat der ebenfalls für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat des BFH auf eine vorsorglich gestellte Anfrage des XI. Senats vom 14.11.2012 (Az.: XI R 26/10) mitgeteilt, dass er an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten will, wonach ein Gesellschafter, der ein Wirtschaftsgut außerhalb seiner eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit erwirbt und dieses seiner Gesellschaft unentgeltlich zur Nutzung überlässt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (Beschl. v. 6.12.2012, Az.: V ER-S 2/12). Der V. Senat hält es für zweifelhaft, ob die Ausführungen des EuGH in seinem Urteil "Polski Trawertyn" auf den vorliegenden Fall übertragbar sind. Da die Auslegung von EuGH-Urteilen in erster Linie dem EuGH obliegt, hat der XI. Senat zur Klärung der verbleibenden Zweifel nunmehr den EuGH angerufen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 22 vom 17.4.2013
Zurück