21.06.2012

Fahrtkosten bei unentgeltlicher Kinderbetreuung können zu 2/3 steuerlich abzugsfähig sein

Die Fahrtkosten, die einer Großmutter in Zusammenhang mit der unentgeltlichen Betreuung ihres Enkelkindes entstanden sind, und ihr von den Eltern des Kindes erstattet werden, sind bei entsprechender Vertragsgestaltung bei den Eltern erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten gem. § 4f EStG. Entscheidend ist insoweit, dass die getroffene Vereinbarung zwischen den Eltern des Kindes und der Großmutter über den Fahrtkostenersatz auch zwischen fremden Dritten so üblich wäre.

FG Baden-Württemberg 9.5.2012, 4 K 3278/11
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob Fahrtkostenersatz, den die Kläger ihren Müttern für Fahrten bezahlt haben, die im Zusammenhang mit der von ihnen geleisteten Betreuung des Enkelkindes angefallen sind, als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten gem. § 4f EStG abzugsfähig sind. Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden antragsgemäß zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielten im Streitjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger erzielte außerdem Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Im Dezember 2007, im Mai 2008 und im Mai 2008 schlossen die Kläger mit ihren Müttern so bezeichnete "Vereinbarungen zur Kinderbetreuung" ab, wonach sich die Mütter der Kläger verpflichteten, deren Sohn an einem Tag pro Woche, erforderlichenfalls auch öfter, unentgeltlich zu betreuen. Die Kläger verpflichteten sich zum Ersatz der Fahrtkosten, die für die Fahrten vom Wohnsitz der jeweiligen Mutter zur Wohnung der Kläger entstanden, mit je 0,30 € pro gefahrenem Kilometer. Die Kläger bezahlten den Fahrtkostenersatz im Wege der Überweisung.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 machten die Kläger u.a. erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten geltend: Fahrtkostenersatz für die Mutter des Klägers 1.886 €, für die Mutter der Klägerin 727 € sowie Kosten für den Kindergarten ab September 2008 342 €. Das Finanzamt ließ jedoch lediglich Kinderbetreuungskosten i.H.v. 228 € (2/3 von 342 €) zum Abzug zu und erkannte die Fahrtkosten nicht an. Es handele sich um familieninterne und damit außerhalb der Rechtssphäre liegende Gefälligkeiten.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Aufwendungen sind gem. § 4f EStG zu 2/3 zum steuerlichen Abzug zuzulassen.

Die Betreuungsleistungen der Großmütter stellen Dienstleistungen i.S.d. § 4f EStG dar, auch wenn sie unentgeltlich erbracht wurden. Der Begriff der "Dienstleistung" i.S.d. § 4f EStG umfasst jede Tätigkeit, die aufgrund eines Schuldverhältnisses erfolgt, aufgrund dessen der Steuerpflichtige berechtigt ist, die Betreuung des Kindes zu fordern (§ 241 S. 1 BGB) und die Betreuungsperson die vereinbarte Vergütung oder aber auch nur einen Aufwendungsersatzanspruch (z.B. nach §§ 662, 670 BGB) geltend machen kann. Nicht von § 4f EStG erfasst werden dagegen Aufwendungen für Betreuungsleistungen, die lediglich auf familiärer Grundlage oder aufgrund eines bloßen Gefälligkeitsverhältnisses erfolgen.

Die somit erforderliche Abgrenzung hat danach zu erfolgen, ob zwischen den Steuerpflichtigen und der Betreuungsperson ein ernstgemeintes, gegenseitig berechtigendes und verpflichtendes Schuldverhältnisses bestand, das wie unter fremden Dritten üblich vereinbart und durchgeführt wurde. Es kam daher im Streitfall darauf an, ob die getroffene Vereinbarung zwischen den Eltern des Kindes und den Großmüttern über den Fahrtkostenersatz auch zwischen fremden Dritten so üblich wäre. Diese Frage war vorliegendzu bejahen.

Unerheblich ist insoweit, ob eine fremde Betreuungsperson für die Betreuungsleistung selbst ein Honorar gefordert hätte. Es kommt vielmehr darauf an, ob die getroffene Vereinbarung über die Verpflichtung der Kläger zum Ersatz der Fahrtkosten auch zwischen fremden Dritten so üblich wäre. Diese Frage war ohne Weiteres zu bejahen, denn ein fremder Dritter hätte - neben dem Honorar für die Betreuungsleistung selbst - auf den Ersatz der ihm entstehenden Fahrtkosten bestanden.

 Linkhinweis:

FG Baden-Württemberg PM vom 20.6.2012
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