Forstwirtschaft: Wiederaufforstungskosten bei vorherigem pauschalem Betriebsausgabenabzug
BFH v. 14.2.2019 - VI R 47/16Der Kläger hatte in den Streitjahren 2012 und 2013 Einkünfte aus Forstwirtschaft erzielt, die er jeweils nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmeüberschussrechnung ermittelte. Gewinnermittlungszeitraum war abweichend von § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStDV nicht das Forstwirtschaftsjahr vom 1.10. bis 30.9., sondern das Kalenderjahr. Die Einkünfte wurden vom Finanzamt jeweils gesondert festgestellt. Im Jahr 2011 verkaufte der Kläger Holz auf dem Stamm und erzielte dadurch Betriebseinnahmen i.H.v. 28.350 €. In diesem Zusammenhang machte er Betriebsausgaben nach § 51 Abs. 2 EStDV in der Fassung, die für Wirtschaftsjahre anzuwenden ist, die vor dem 1.1.2012 begonnen haben (EStDV a.F.), i.H.v. 40 % der Einnahmen aus Holzeinschlag geltend. Die Feststellung der Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 2011 erfolgte erklärungsgemäß.
Im Jahr 2012 erzielte der Kläger aus dem Verkauf von Holz auf dem Stamm Einnahmen i.H.v. 471 €. Diesbezüglich machte er pauschale Betriebsausgaben nach § 51 Abs. 3 EStDV n.F. und damit in der Fassung geltend, die für Wirtschaftsjahre anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2011 begonnen haben. Darüber hinaus begehrte er, Wiederaufforstungskosten - betreffend den Holzeinschlag aus dem Jahr 2011 - i.H.v. 24.948 € als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Für das Jahr 2013 erhielt der Kläger einen öffentlichen Zuschuss für die Wiederaufforstung. Diesen erklärte er als Betriebseinnahme. Als Betriebsausgaben setzte er u.a. Wiederaufforstungskosten - ebenfalls noch betreffend den Holzeinschlag aus dem Jahr 2011 - i.H.v. 3.113 € an. Einen pauschalen Betriebsausgabenabzug nahm der Kläger nicht vor.
Das Finanzamt folgte den Feststellungserklärungen des Klägers für die Jahre 2012 und 2013 insoweit nicht, als es die streitigen Wiederaufforstungskosten nicht zum Betriebsausgabenabzug zuließ. Es berief sich auf § 51 Abs. 3 EStDV a.F. Danach seien durch die Inanspruchnahme des pauschalen Betriebsausgabenabzugs - hier im Jahr 2011 - die Betriebsausgaben im Wirtschaftsjahr der Holznutzung einschließlich der Wiederaufforstungskosten unabhängig von dem Wirtschaftsjahr ihrer Entstehung abgegolten. Folglich könnten die in den Jahren 2012 und 2013 verausgabten Wiederaufforstungskosten - betreffend den Holzeinschlag aus dem Jahr 2011 - in den Streitjahren nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Das FG hat die vom Kläger in den Wirtschaftsjahren 2012 und 2013 verausgabten Wiederaufforstungskosten betreffend den Holzeinschlag aus dem Jahr 2011 zu Unrecht in den Streitjahren nicht bei dessen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gewinnmindernd berücksichtigt.
Nach dem Grundsatz lex posterior derogat legi priori geht das spätere Recht dem früheren Recht vor, es sei denn, der Gesetz- oder Verordnungsgeber begegnet dem zeitlichen Anwendungsvorrang der später in Kraft getretenen Vorschrift mit einer Übergangsregel. Somit konnte die Entscheidung des FG, nach der die in den Wirtschaftsjahren 2012 und 2013 verausgabten Wiederaufforstungskosten betreffend den Holzeinschlag im Jahr 2011 nicht gewinnmindernd bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu berücksichtigen waren, keinen Bestand haben.
Zwar hatte der Kläger im Jahr 2011 nach den bindenden und unangefochtenen Feststellungen des FG bei der Ermittlung der Einkünfte aus seinem forstwirtschaftlichen Betrieb nach § 51 Abs. 2 EStDV a.F. 40 % der Einnahmen aus der Holznutzung pauschal als Betriebsausgaben im Rahmen seiner Einnahmeüberschussrechnung geltend gemacht. Gleichwohl stand dies dem Betriebsausgabenabzug der Wiederaufforstungskosten betreffend den Holzeinschlag aus dem Jahr 2011 in den Streitjahren nicht entgegen.
§ 51 EStDV a.F. war in den Streitjahren nicht (mehr) anwendbar. Die Regelung wurde vielmehr durch § 51 EStDV n.F. für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2011 beginnen, ersetzt. Als "überschriebenes" Recht kann § 51 EStDV a.F. auf Pauschalierungssachverhalte in diesen Wirtschaftsjahren nicht länger wirken. Deshalb kann § 51 EStDV a.F. nach Ablauf der Geltungsanordnung - d.h. für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12. 2011 begonnen haben - auch keine abgeltende Wirkung bezüglich Wiederaufforstungskosten entfalten, die in nach dem 31.12.2011 beginnenden Wirtschaftsjahren verausgabt wurden. Dies gilt auch, soweit Wiederaufforstungskosten - wie hier - im Zusammenhang mit einer früheren Holznutzung stehen und sich der Steuerpflichtige in dem damaligen Veranlagungszeitraum die Betriebsausgaben einschließlich der Wiederaufforstungskosten hat pauschaliert nach § 51 EStDV a.F. abgelten lassen. Denn auch eine vermeintlich veranlagungszeitraumübergreifende Abgeltungswirkung findet jedenfalls im zeitlichen Anwendungsbereich der Regelung ihre Grenze.
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