Freibetrag bei Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung
Kurzbesprechung
BFH v. 28.2.2024 - II R 25/21
ErbStG § 7 Abs 1 Nr. 8 S 1, § 15 Abs 2 S 1, § 15 Abs 1, § 16 Abs 1 Nr. 4, § 19 Abs 1
Die Steuerpflichtige errichtete zusammen mit ihrem Ehemann die U-Familienstiftung. Die Stiftung wurde mit Vermögen ausgestattet; der Steuerwert des übertragenen Vermögens beträgt unstreitig 443.051 €.
Im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung wurde angegeben, die Familienstiftung habe zum Zweck die angemessene Versorgung der Steuerpflichtigen und ihres Ehemannes, die angemessene finanzielle Unterstützung der Tochter der Stifter sowie die angemessene finanzielle Unterstützung weiterer Abkömmlinge des Stammes der Stifter, jedoch erst nach Wegfall der vorherigen Generation.
Das FA sah für Zwecke der Schenkungsteuer hinsichtlich der Übertragung des Vermögens auf die Familienstiftung als "entferntest Berechtigten" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG)die in § 3 Buchst. c der Stiftungssatzung angeführten "weiteren Abkömmlinge" an. Das FA ordnete den Erwerb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG der Steuerklasse I ("Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder") zu und brachte gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG für die "übrigen Personen der Steuerklasse I" einen Freibetrag in Höhe von 100.000 € in Abzug. Der gegen den Schenkungsteuerbescheid erhobene Einspruch blieb ebenso erfolglos wie die nachfolgend eingelegte Klage.
Auch der BFH wies die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Er entschied, dass "entferntest Berechtigte" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG der klägerischen Familienstiftung mögliche Urenkel der Stifter sind. Für die Bestimmung des "entferntest Berechtigten" ist nicht erheblich, dass eine Urenkelgeneration bei Errichtung der Stiftung noch nicht geboren ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob mögliche Urenkel tatsächlich jemals finanzielle Unterstützung aus der Stiftung erhalten werden.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. In diesem Fall ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist.
Die Formulierung des "entferntest Berechtigten" ist dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige bezeichnet wird, der nach der Stiftungssatzung potentiell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten soll. Der "Berechtigte" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG entspricht dem nach der Stiftungssatzung "potentiell Begünstigten", der durch den Erwerb von Vermögensvorteilen aus der Stiftung begünstigt sein kann. Eine Unterscheidung dahingehend, dass mit dem Begriff des "Berechtigten" der sofort Anspruchsberechtigte gemeint ist und sich dieser vom "Begünstigten", der erst später anspruchsberechtigt sein soll, unterscheidet, ist der Norm nicht zu entnehmen.
"Entferntest Berechtigter" ist stets derjenige Berechtigte, für den die schlechteste Steuerklasse Anwendung fände, wäre die Zuwendung direkt vom Stifter an diesen erfolgt. Bei der Bestimmung, wer "entferntest Berechtigter" ist, ist nicht darauf abzustellen, ob die Person einen klagbaren Anspruch auf den Vermögensvorteil aus der Stiftung hat Es kommt auch nicht darauf an, ob die nach der Stiftungssatzung "entferntest Berechtigten" zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren sind oder jemals geboren werden. Eine solche Voraussetzung enthält der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht.
Der "entferntest Berechtigte" muss im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung daher noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt sein. Ausreichend ist, wenn er es erst in der Generationenfolge wird. Wer bei der einzelnen Familienstiftung als "entferntest Berechtigter" anzusehen ist, ist der Formulierung in der jeweiligen Stiftungssatzung zu entnehmen. Dies ordnet bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG an, der von "nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten" spricht. Damit obliegt es dem Stifter, den Kreis der aus dem Stiftungsvermögen potentiell Begünstigten festzulegen.
Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass sich für die Besteuerung der Vermögensübertragung auf die Familienstiftung der Steuerpflichtigen und ihres Ehemannes die Steuerklasse und der anzurechnende Freibetrag nach den für Urenkel geltenden Vorschriften bestimmen. Das FG hatte die Stiftungssatzung zutreffend dahingehend ausgelegt, dass nach § 3 Buchst. c der Stiftungssatzung potentiell Begünstigte des Stiftungsvermögens die Urenkel der Stifter ‑ der Steuerpflichtigen und ihres Ehemannes ‑ sein können. Dabei ist unerheblich, dass zum Zeitpunkt der Errichtung der Stiftungssatzung nur die Tochter der Steuerpflichtigen geboren war und die Urenkel erst nach dem Ableben der vorangehenden Generation begünstigt sein sollen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
ErbStG § 7 Abs 1 Nr. 8 S 1, § 15 Abs 2 S 1, § 15 Abs 1, § 16 Abs 1 Nr. 4, § 19 Abs 1
Die Steuerpflichtige errichtete zusammen mit ihrem Ehemann die U-Familienstiftung. Die Stiftung wurde mit Vermögen ausgestattet; der Steuerwert des übertragenen Vermögens beträgt unstreitig 443.051 €.
Im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung wurde angegeben, die Familienstiftung habe zum Zweck die angemessene Versorgung der Steuerpflichtigen und ihres Ehemannes, die angemessene finanzielle Unterstützung der Tochter der Stifter sowie die angemessene finanzielle Unterstützung weiterer Abkömmlinge des Stammes der Stifter, jedoch erst nach Wegfall der vorherigen Generation.
Das FA sah für Zwecke der Schenkungsteuer hinsichtlich der Übertragung des Vermögens auf die Familienstiftung als "entferntest Berechtigten" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG)die in § 3 Buchst. c der Stiftungssatzung angeführten "weiteren Abkömmlinge" an. Das FA ordnete den Erwerb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG der Steuerklasse I ("Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder") zu und brachte gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG für die "übrigen Personen der Steuerklasse I" einen Freibetrag in Höhe von 100.000 € in Abzug. Der gegen den Schenkungsteuerbescheid erhobene Einspruch blieb ebenso erfolglos wie die nachfolgend eingelegte Klage.
Auch der BFH wies die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Er entschied, dass "entferntest Berechtigte" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG der klägerischen Familienstiftung mögliche Urenkel der Stifter sind. Für die Bestimmung des "entferntest Berechtigten" ist nicht erheblich, dass eine Urenkelgeneration bei Errichtung der Stiftung noch nicht geboren ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob mögliche Urenkel tatsächlich jemals finanzielle Unterstützung aus der Stiftung erhalten werden.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. In diesem Fall ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist.
Die Formulierung des "entferntest Berechtigten" ist dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige bezeichnet wird, der nach der Stiftungssatzung potentiell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten soll. Der "Berechtigte" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG entspricht dem nach der Stiftungssatzung "potentiell Begünstigten", der durch den Erwerb von Vermögensvorteilen aus der Stiftung begünstigt sein kann. Eine Unterscheidung dahingehend, dass mit dem Begriff des "Berechtigten" der sofort Anspruchsberechtigte gemeint ist und sich dieser vom "Begünstigten", der erst später anspruchsberechtigt sein soll, unterscheidet, ist der Norm nicht zu entnehmen.
"Entferntest Berechtigter" ist stets derjenige Berechtigte, für den die schlechteste Steuerklasse Anwendung fände, wäre die Zuwendung direkt vom Stifter an diesen erfolgt. Bei der Bestimmung, wer "entferntest Berechtigter" ist, ist nicht darauf abzustellen, ob die Person einen klagbaren Anspruch auf den Vermögensvorteil aus der Stiftung hat Es kommt auch nicht darauf an, ob die nach der Stiftungssatzung "entferntest Berechtigten" zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren sind oder jemals geboren werden. Eine solche Voraussetzung enthält der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht.
Der "entferntest Berechtigte" muss im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung daher noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt sein. Ausreichend ist, wenn er es erst in der Generationenfolge wird. Wer bei der einzelnen Familienstiftung als "entferntest Berechtigter" anzusehen ist, ist der Formulierung in der jeweiligen Stiftungssatzung zu entnehmen. Dies ordnet bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG an, der von "nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten" spricht. Damit obliegt es dem Stifter, den Kreis der aus dem Stiftungsvermögen potentiell Begünstigten festzulegen.
Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass sich für die Besteuerung der Vermögensübertragung auf die Familienstiftung der Steuerpflichtigen und ihres Ehemannes die Steuerklasse und der anzurechnende Freibetrag nach den für Urenkel geltenden Vorschriften bestimmen. Das FG hatte die Stiftungssatzung zutreffend dahingehend ausgelegt, dass nach § 3 Buchst. c der Stiftungssatzung potentiell Begünstigte des Stiftungsvermögens die Urenkel der Stifter ‑ der Steuerpflichtigen und ihres Ehemannes ‑ sein können. Dabei ist unerheblich, dass zum Zeitpunkt der Errichtung der Stiftungssatzung nur die Tochter der Steuerpflichtigen geboren war und die Urenkel erst nach dem Ableben der vorangehenden Generation begünstigt sein sollen.