20.10.2022

Freiwillige Zahlung einer Umsatzsteuer-Vorauszahlung des Vorjahres vor Fälligkeit innerhalb der kurzen Zeit gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG

Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum des Dezembers des Vorjahres, die zwar innerhalb des für § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

Kurzbesprechung
BFH v. 21. 6. 202 - VIII R 25/20

EStG § 4 Abs 3, § 11 Abs 1 S 2, § 11 Abs 2 S 2
UStG § 18 Abs 1 S 1, § 18 Abs 1 S 4
UStDV § 46 Abs 1 S 1


Am 10.01.2018 leistete die ihren Gewinn nach 3 4 Abs. 3 EStG ermittelnde Steuerpflichtige die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2017 (Streitjahr) in Höhe von 2.422,93 €. Diese war aufgrund einer der Klägerin gewährten Dauerfristverlängerung gemäß § 18 Abs. 1 Sätze 1 und 4 UStG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 UStDV erst am 10.02.2018 fällig.

Das FA ließ die geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2017 als Betriebsausgabe unberücksichtigt. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Auch der BFH entschied im Sinne der Vorinstanz und wies die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sind zwar regelmäßig wiederkehrende Ausgaben i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG. Mit Leistung der Zahlung am 10.01.2018 hatte der Steuerpflichtige innerhalb des für eine "kurze Zeit" i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG maßgeblichen Zeitraums von bis zu zehn Tagen auch die Verfügungsmacht über die gezahlten Mittel verloren.

Der vom Abflussprinzip abweichenden Zuordnung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung zum Streitjahr gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG steht jedoch entgegen, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember des Streitjahres erst nach Ablauf des Zehn-Tages-Zeitraums zum 10.02.2018 fällig war.

§ 11 Abs. 2 Satz 2 EStG ist als Ausnahmetatbestand zu § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG konzipiert. Für die vom Folgejahr, in dem der Abfluss der Ausgabe stattfindet, abweichende Zuordnung zum vorhergehenden Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit ist erforderlich, dass eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe im Sinne der Regelung nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis innerhalb der kurzen Zeit (des Zehn-Tages-Zeitraums) fällig (zahlbar) geworden ist und abfließt.

Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG waren daher im Streitfall nicht erfüllt, da die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember des Jahres 2017 zwar innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums des Folgejahres (hier: bis zum 10.01.2018) geleistet wurde, wegen einer erteilten Dauerfristverlängerung aber erst nach dessen Ablauf (hier: am 10.02.2018) fällig war.

Gründe, die bei Umsatzsteuer-Vorauszahlungen mit einer Dauerfristverlängerung dafür sprechen könnten, zu einer anderen Auslegung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG zu kommen, sind für den BFH angesichts des Normzwecks nicht ersichtlich. Die Regelung soll Zufälligkeiten vermeiden, die bei strikter Anwendung des die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG grundsätzlich beherrschenden Zu- und Abflussprinzips entstünden, würde man die Zahlung mal in dem einen oder mal in dem anderen Jahr berücksichtigen müssen. Nur ausnahmsweise ist der wirtschaftlichen Zuordnung der Zahlungen für den im Gesetz genannten Zehn-Tages-Zeitraum der Vorrang einzuräumen. Daraus folgt, dass die regelmäßig wiederkehrende Ausgabe (hier: Umsatzsteuer-Vorauszahlung) nicht nur innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums gezahlt werden, sondern nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis auch innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums zahlbar, d.h. fällig sein muss.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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