Fremdübliche Verzinsung einer Darlehensforderung
Kurzbesprechung
BFH v. 22. 2. 2023 - I R 27/20
GmbHG § 42 Abs 3
KStG § 8 Abs 3 S 2, § 32a
AO § 162 Abs 1
Gewährt die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter ein Darlehen, kommt der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) insoweit in Betracht, als der Kredit zinslos oder zu einem unangemessen niedrigen Zins gewährt wird. Davon kann insbesondere auszugehen sein, wenn die Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto führt (§ 42 Abs. 3 GmbHG), das einen Saldo zugunsten der Gesellschaft ausweist.
Zur Bestimmung des angemessenen (fremdüblichen) Zinses ist vorrangig die Preisvergleichsmethode anzuwenden, weil diese Methode unmittelbar zur Feststellung des Vergleichspreises führt und sie daher als die Grundmethode zur Bestimmung angemessener (Verrechnungs-)Preise anzusehen ist; Fremdpreis ist der Zins, zu dem Fremde unter vergleichbaren Bedingungen den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätten.
Der BFH hat für Fälle, in denen eine Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto nach § 42 Abs. 3 GmbHG führt, zur Bemessung des angemessenen Zinssatzes den schlagwortartig als "Margenteilungsgrundsatz" bezeichneten Erfahrungssatz als sachgerecht anerkannt.
Bei Kreditgeschäften zwischen einer Kapitalgesellschaft, die selbst keine Bankgeschäfte betreibt und als privater Darlehensgeber agiert, und ihrem Gesellschafter als privatem Darlehensnehmer berechnet sich die für den Ansatz einer vGA erforderliche verhinderte Vermögensmehrung nach den in Rechnung gestellten Sollzinsen, wenn und soweit davon ausgegangen werden kann, dass der dem Gesellschafter zinslos überlassene Darlehensbetrag anderenfalls zur Kreditrückzahlung verwendet worden wäre. Hat die Gesellschaft selbst keinen Kredit aufgenommen, so bilden die banküblichen Habenzinsen die Unter- und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung.
Der im Einzelfall maßgebliche Betrag innerhalb der genannten Marge ist durch Schätzung zu ermitteln, wobei dem Risiko, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden kann, besondere Bedeutung zukommt. In der Regel ist der Ansatz der Sollzinsen jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesellschaft keine Bankgeschäfte betreibt und deshalb auch nicht den damit verbundenen Aufwand hat.
Sind keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, ist es nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen. An diesen Grundsätzen hält der BFH weiterhin fest.
Im Streitfall entschied der BFH, dass ungeachtet des Umstands, dass in den Streitjahren ein Niedrigzinsniveau herrschte und im Falle der Geldanlage bei Banken sogar "Strafzinsen" (Verwahrentgelte) drohten, aus Sicht der darlehensgebenden Steuerpflichtigen von einer verhinderten Vermögensmehrung auszugehen war. Denn der bankübliche Habenzins, der tatsächlich in den Streitjahren nahezu bei Null lag, ist nicht der alleinige Maßstab für die Fremdvergleichsprüfung.
Die Tatsache, dass die Steuerpflichtige keine Bankgeschäfte betreibt und deshalb auch nicht den damit verbundenen ("einzupreisenden" banküblichen) Aufwand hat, führte nicht dazu, dass der Sollzinssatz als Fremdvergleichsmaßstab ausschied und sich die Schätzung allein am Habenzinssatz zu orientieren hat. Vielmehr ist dann grundsätzlich nicht allein auf den banküblichen Sollzinssatz abzustellen, sondern ein darunter liegender ‑ also ein sich zwischen Haben- und Sollzinssatz bewegender ‑ Zinssatz heranzuziehen.
Die Voraussetzungen eines sog. Vorteilsausgleichs, der dem Ansatz einer vGA entgegenstehen könnte, waren im Streitfall nicht erfüllt.
Ausgehend von einer Margenteilung hatte das FA mangels anderweitiger Anhaltspunkte einen Zinssatz von 4,5 % angesetzt. In Ermangelung konkret vergleichbarer Kreditgeschäfte hatte das FA statistische Angaben der Deutschen Bundesbank verwendet. Der Umstand, dass auf Überziehungskreditzinssätze für private Haushalte abgestellt wurde, war für den BFH sachlich nachvollziehbar, weil die streitige Darlehensgewährung ebenfalls den Charakter eines unbesicherten Privatkredits hatte.
Verlag Dr. Otto Schmidt
GmbHG § 42 Abs 3
KStG § 8 Abs 3 S 2, § 32a
AO § 162 Abs 1
Gewährt die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter ein Darlehen, kommt der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) insoweit in Betracht, als der Kredit zinslos oder zu einem unangemessen niedrigen Zins gewährt wird. Davon kann insbesondere auszugehen sein, wenn die Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto führt (§ 42 Abs. 3 GmbHG), das einen Saldo zugunsten der Gesellschaft ausweist.
Zur Bestimmung des angemessenen (fremdüblichen) Zinses ist vorrangig die Preisvergleichsmethode anzuwenden, weil diese Methode unmittelbar zur Feststellung des Vergleichspreises führt und sie daher als die Grundmethode zur Bestimmung angemessener (Verrechnungs-)Preise anzusehen ist; Fremdpreis ist der Zins, zu dem Fremde unter vergleichbaren Bedingungen den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätten.
Der BFH hat für Fälle, in denen eine Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto nach § 42 Abs. 3 GmbHG führt, zur Bemessung des angemessenen Zinssatzes den schlagwortartig als "Margenteilungsgrundsatz" bezeichneten Erfahrungssatz als sachgerecht anerkannt.
Bei Kreditgeschäften zwischen einer Kapitalgesellschaft, die selbst keine Bankgeschäfte betreibt und als privater Darlehensgeber agiert, und ihrem Gesellschafter als privatem Darlehensnehmer berechnet sich die für den Ansatz einer vGA erforderliche verhinderte Vermögensmehrung nach den in Rechnung gestellten Sollzinsen, wenn und soweit davon ausgegangen werden kann, dass der dem Gesellschafter zinslos überlassene Darlehensbetrag anderenfalls zur Kreditrückzahlung verwendet worden wäre. Hat die Gesellschaft selbst keinen Kredit aufgenommen, so bilden die banküblichen Habenzinsen die Unter- und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung.
Der im Einzelfall maßgebliche Betrag innerhalb der genannten Marge ist durch Schätzung zu ermitteln, wobei dem Risiko, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden kann, besondere Bedeutung zukommt. In der Regel ist der Ansatz der Sollzinsen jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesellschaft keine Bankgeschäfte betreibt und deshalb auch nicht den damit verbundenen Aufwand hat.
Sind keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, ist es nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen. An diesen Grundsätzen hält der BFH weiterhin fest.
Im Streitfall entschied der BFH, dass ungeachtet des Umstands, dass in den Streitjahren ein Niedrigzinsniveau herrschte und im Falle der Geldanlage bei Banken sogar "Strafzinsen" (Verwahrentgelte) drohten, aus Sicht der darlehensgebenden Steuerpflichtigen von einer verhinderten Vermögensmehrung auszugehen war. Denn der bankübliche Habenzins, der tatsächlich in den Streitjahren nahezu bei Null lag, ist nicht der alleinige Maßstab für die Fremdvergleichsprüfung.
Die Tatsache, dass die Steuerpflichtige keine Bankgeschäfte betreibt und deshalb auch nicht den damit verbundenen ("einzupreisenden" banküblichen) Aufwand hat, führte nicht dazu, dass der Sollzinssatz als Fremdvergleichsmaßstab ausschied und sich die Schätzung allein am Habenzinssatz zu orientieren hat. Vielmehr ist dann grundsätzlich nicht allein auf den banküblichen Sollzinssatz abzustellen, sondern ein darunter liegender ‑ also ein sich zwischen Haben- und Sollzinssatz bewegender ‑ Zinssatz heranzuziehen.
Die Voraussetzungen eines sog. Vorteilsausgleichs, der dem Ansatz einer vGA entgegenstehen könnte, waren im Streitfall nicht erfüllt.
Ausgehend von einer Margenteilung hatte das FA mangels anderweitiger Anhaltspunkte einen Zinssatz von 4,5 % angesetzt. In Ermangelung konkret vergleichbarer Kreditgeschäfte hatte das FA statistische Angaben der Deutschen Bundesbank verwendet. Der Umstand, dass auf Überziehungskreditzinssätze für private Haushalte abgestellt wurde, war für den BFH sachlich nachvollziehbar, weil die streitige Darlehensgewährung ebenfalls den Charakter eines unbesicherten Privatkredits hatte.