12.09.2011

Gebührenregelung für sog. verbindliche Auskünfte verfassungsgemäß

Ein Antrag auf verbindliche Auskunft über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, aber noch nicht verwirklichten Sachverhalten ist auch dann gebührenpflichtig, wenn das Finanzamt den Antrag aus formalen Gründen ablehnt. Die diesbezügliche gesetzliche Regelung in § 89 Abs. 3 bis 5 AO ist nicht verfassungswidrig.

Hessisches FG 6.7.2011, 4 K 3139/09
Der Sachverhalt:
Die klagende Aktiengesellschaft richtete an das Finanzamt ein Auskunftsbegehren zum deutschen Besteuerungsrecht, zum Übergang eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts und zur Buchwertfortführung im Zuge einer Umstrukturierung. Im anschließenden Schriftverkehr mit dem Finanzamt nahm die Klägerin das Auskunftsbegehren bis auf den Antrag auf verbindliche Bestätigung der Buchtwertfortführung zurück. Diesen verbliebenen Auskunftsantrag lehnte das Finanzamt wegen formeller Unzulänglichkeiten der Antragstellung ab. Zudem setzte das Finanzamt für die Bearbeitung des Auskunftsantrags unter Ansatz eines sog. Gegenstandswerts eine Gebühr von mehreren tausend Euro fest.

Nach Ansicht der Klägerin ist die Gebührenfestsetzung verfassungswidrig. Das Deutsche Steuerrecht sei derart kompliziert, dass es kostenlos möglich sein müsse, sich bei dem zuständigen Finanzamt über die steuerliche Würdigung einer beabsichtigten Maßnahme rückzuversichern. Es sei unangemessen, die Finanzbehörden für die im Rahmen ihrer täglichen Arbeit anfallenden Aufgaben noch zusätzlich bezahlen zu müssen. Zudem stelle eine bloße Ablehnung keine Bearbeitung dar. Die möglichen steuerlichen Folgen seien von existenzieller Bedeutung gewesen, weshalb sie auf eine verbindliche Auskunft des Finanzamtes angewiesen sei.

Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der angefochtene Gebührenbescheid entspricht dem Grunde und der Höhe nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen des § 89 Abs. 3 bis 5 AO.

Das Finanzamt hat auf Antrag der Klägerin ein Verwaltungsverfahren durchgeführt, in dessen Zuge es den Antrag auch bearbeitet hat. Bereits dies löst die Gebührenpflicht aus, weil es sich um eine besondere Dienstleistung der Behörde außerhalb des regulären Besteuerungsverfahrens handelt. Entgegen der Ansicht der Klägerin setzt eine Bearbeitung nicht voraus, dass das Verwaltungsverfahren zu einem für den Antragsteller positiven Abschluss gekommen oder dass überhaupt eine förmliche oder verbindliche Entscheidung ergangen ist.

Ausreichend ist, dass das Finanzamt aufgrund des Antrags tatsächlich tätig wird. Dies war vorliegend angesichts des umfangreichen Schriftwechsels der Fall. Die Gebühr kann auch nicht ermäßigt werden, weil die Klägerin ihren verbliebenen Auskunftsantrag zur Buchwertfortführung trotz des Hinweises des Finanzamts auf die beabsichtigte Ablehnung nicht zurückgenommen hat.

Schließlich sind die vom Finanzamt angewandten gesetzlichen Regelungen des § 89 Abs. 3 bis 5 AO mit dem GG vereinbar. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und gegen das sog. Übermaßverbot liegt wegen des Aspektes der Deckung der Kosten für den zusätzlichen Arbeitsaufwand und wegen des Aspektes der sog. Vorteilsabschöpfung nicht vor.

Linkhinweis:

Hessisches FG PM vom 12.9.2011
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