Gemeinnützigkeit eines britischen Colleges
Kurzbesprechung
BFH v. 24.03.2021 - V R 35/18
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 5 Abs. 2 Nr. 2
AO § 14, § 51 Abs 2, § 52, § 55, § 57, § 62
BGB § 80 Abs. 1
FGO § 118 Abs. 1
Im Streitfall ging es um ein College (Steuerpflichtige), das im 16. Jahrhundert mit königlicher Erlaubnis als "immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie und der Philosophie wie der guten Künste" errichtet wurde. Als Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgrundstücks erzielte es Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland, die das FA der Körperschaftsteuer unterwarf. Der dagegen erhobenen Klage gab das FG im ersten Rechtsgang und nach Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache durch den BFH auch im zweiten Rechtsgang statt.
Die erneute Revision des FA war erfolglos. Der BFH entschied, dass das College seiner Organisation und Struktur nach in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einer deutschen Stiftung vergleichbar ist und sowohl nach seiner Satzung als auch der tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützigen Zwecken (Förderung der Wissenschaft, der Forschung und der Religion) dient.
Dem formellen Verstoß gegen das Gemeinnützigkeitsrecht wegen fehlender Satzungsregelungen über die Verwendung des Vermögens im Falle der Auflösung des Colleges maß der BFH keine Bedeutung bei, weil sich die Steuerpflichtige mit Erfolg auf eine Ausnahmeregelung für staatliche beaufsichtigte Stiftungen berief und das FG festgestellt hatte, dass die Maßnahmen und Befugnisse der englischen Aufsichtsbehörde ("Charity Commission") in ihren wesentlichen Zügen mit der deutschen Stiftungsaufsicht nach jeweiligem Landesrecht vergleichbar seien.
Auch die Argumentation des FA, die Satzung aus dem 16. Jahrhundert enthalte keine nach dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht erforderlichen Bestimmungen, dass das College ausschließlich gemeinnützigen Zwecken dienen und keine sonstigen (eigennützigen) Ziele verfolgen dürfe, führte zu keinem anderen Ergebnis. Das FG hatte die Satzung nachvollziehbar dahingehend gedeutet, dass die Aufzählung der vom College verfolgten gemeinnützigen Zwecke bei verständiger historischer Auslegung das Gebot der Ausschließlichkeit in sich selbst trage. Da sich die rechtliche Würdigung des FG auf ausländisches (englisches) Recht bezog, war der BFH daran gehindert, eine eigene Würdigung der Satzung vorzunehmen und insoweit eine andere Entscheidung zu treffen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 5 Abs. 2 Nr. 2
AO § 14, § 51 Abs 2, § 52, § 55, § 57, § 62
BGB § 80 Abs. 1
FGO § 118 Abs. 1
Im Streitfall ging es um ein College (Steuerpflichtige), das im 16. Jahrhundert mit königlicher Erlaubnis als "immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie und der Philosophie wie der guten Künste" errichtet wurde. Als Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgrundstücks erzielte es Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland, die das FA der Körperschaftsteuer unterwarf. Der dagegen erhobenen Klage gab das FG im ersten Rechtsgang und nach Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache durch den BFH auch im zweiten Rechtsgang statt.
Die erneute Revision des FA war erfolglos. Der BFH entschied, dass das College seiner Organisation und Struktur nach in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einer deutschen Stiftung vergleichbar ist und sowohl nach seiner Satzung als auch der tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützigen Zwecken (Förderung der Wissenschaft, der Forschung und der Religion) dient.
Dem formellen Verstoß gegen das Gemeinnützigkeitsrecht wegen fehlender Satzungsregelungen über die Verwendung des Vermögens im Falle der Auflösung des Colleges maß der BFH keine Bedeutung bei, weil sich die Steuerpflichtige mit Erfolg auf eine Ausnahmeregelung für staatliche beaufsichtigte Stiftungen berief und das FG festgestellt hatte, dass die Maßnahmen und Befugnisse der englischen Aufsichtsbehörde ("Charity Commission") in ihren wesentlichen Zügen mit der deutschen Stiftungsaufsicht nach jeweiligem Landesrecht vergleichbar seien.
Auch die Argumentation des FA, die Satzung aus dem 16. Jahrhundert enthalte keine nach dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht erforderlichen Bestimmungen, dass das College ausschließlich gemeinnützigen Zwecken dienen und keine sonstigen (eigennützigen) Ziele verfolgen dürfe, führte zu keinem anderen Ergebnis. Das FG hatte die Satzung nachvollziehbar dahingehend gedeutet, dass die Aufzählung der vom College verfolgten gemeinnützigen Zwecke bei verständiger historischer Auslegung das Gebot der Ausschließlichkeit in sich selbst trage. Da sich die rechtliche Würdigung des FG auf ausländisches (englisches) Recht bezog, war der BFH daran gehindert, eine eigene Würdigung der Satzung vorzunehmen und insoweit eine andere Entscheidung zu treffen.