Gemischt genutzte Gebäude keine Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Kurzbesprechungen
BFH v. 15.4.2021 - IV R 32/18
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2
GG Art 3 Abs. 1
Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an Stelle der sog. einfachen Kürzung nach Satz 1 der Vorschrift auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen i.S. des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in der jeweils geltenden Fassung errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Nach Satz 3 der Vorschrift gilt Satz 2 entsprechend, wenn in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen Teileigentum i.S. des WEG errichtet und veräußert wird und das Gebäude zu mehr als 66 2/3 % Wohnzwecken dient.
Im Streitfall ging es um die Frage, ob und ggf. bis zu welchem Umfang auch die Betreuung gemischt genutzter Gebäude noch als Betreuung von Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG anzusehen ist. Nach Auffassung des BFH ist dies nicht der Fall. Denn § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst mit dem Begriff "Wohnungsbauten" nur Gebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen. Gemischt genutzte Gebäude werden nicht erfasst.
Hierfür spricht bereits der Wortlaut. So handelt es sich bei dem Begriff "Wohnbauten" um den Plural von "Wohnbau", worunter man Wohngebäude bzw. den Wohnungsbau versteht. Unter dem Begriff "Wohnungsbau" versteht man das Bauen von Wohnungen, Bauprojekte im Wohnungsbau oder Wohngebäude. Dieser Bezug zur Schaffung von Wohnraum spricht dafür, dass sich auch der Begriff "Wohnungsbauten" nur auf Objekte bezieht, die ausschließlich aus Wohneinheiten bestehen. Abgestellt wird also darauf, dass das Objekt Wohnzwecken dient. Das schließt angesichts der Bedeutung eines PKW für die Lebensführung des Nutzers auch das Vorhandensein eines Stellplatzes ein, sofern ein solcher einer bestimmten Wohnungseinheit zugeordnet ist.
Auch die systematische Auslegung spricht dafür, dass gemischt genutzte Gebäude nicht unter den Begriff "Wohnungsbauten" fallen. Wie sich aus dem durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (GewStÄndG) vom 30.07.1963 (BGBl I 1963, 563) eingefügten § 9 Nr. 1 Satz 3 GewStG ergibt, hat der Gesetzgeber den Umstand, dass es in der Praxis auch gemischt genutzte Gebäude gibt, gesehen. Nach dieser Vorschrift gilt § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entsprechend, wenn in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen Teileigentum i.S. des WEG errichtet und veräußert wird und das Gebäude zu mehr als 66 2/3 % Wohnzwecken dient. Eine vergleichbare Regelung, die auch für Wohnungsbauten einen gewissen Anteil an gewerblich genutzten Flächen als noch unschädlich ansieht, hat der Gesetzgeber hingegen nicht getroffen. Auch dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber die Betreuung von Wohnungsbauten nur dann als für die Gewährung der erweiterten Kürzung unschädliche Tätigkeit angesehen hat, wenn sie sich auf die Betreuung von ausschließlich Wohnzwecken dienenden Gebäuden beschränkt.
Für diese Auslegung des Begriffs "Wohnungsbauten" spricht in systematischer Hinsicht des Weiteren, dass sich dem geltenden Recht kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen lässt, demzufolge der Begriff "Wohnbau" in einem bestimmten Umfang auch eine gewerbliche Nutzung des Gebäudes umfasst. Vielmehr bedarf es hierfür, wie sich z.B. aus § 75 Abs. 2 BewG für die Bewertung eines Mietwohngrundstücks ergibt, einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung.
Für die vom BFH vertretene Auslegung des Begriffs "Wohnungsbauten" spricht ferner die Entstehungsgeschichte des § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG. Angesichts des eindeutigen Wortlauts und der dargestellten Entstehungsgeschichte des § 9 Nr. 1 Satz 3 EStG kann diese Norm schon deshalb nicht analog auf die Betreuung von gemischt genutzten Gebäuden angewendet werden, weil es an der dafür erforderlichen erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke fehlt. Auch von Verfassungs hält der BFH es nicht für geboten, die Betreuung von gemischt genutzten Gebäuden unter den Begriff der Betreuung von Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu fassen. Insbesondere liegt darin kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.
Verlag Dr. Otto Schmidt
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2
GG Art 3 Abs. 1
Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an Stelle der sog. einfachen Kürzung nach Satz 1 der Vorschrift auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen i.S. des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in der jeweils geltenden Fassung errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Nach Satz 3 der Vorschrift gilt Satz 2 entsprechend, wenn in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen Teileigentum i.S. des WEG errichtet und veräußert wird und das Gebäude zu mehr als 66 2/3 % Wohnzwecken dient.
Im Streitfall ging es um die Frage, ob und ggf. bis zu welchem Umfang auch die Betreuung gemischt genutzter Gebäude noch als Betreuung von Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG anzusehen ist. Nach Auffassung des BFH ist dies nicht der Fall. Denn § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst mit dem Begriff "Wohnungsbauten" nur Gebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen. Gemischt genutzte Gebäude werden nicht erfasst.
Hierfür spricht bereits der Wortlaut. So handelt es sich bei dem Begriff "Wohnbauten" um den Plural von "Wohnbau", worunter man Wohngebäude bzw. den Wohnungsbau versteht. Unter dem Begriff "Wohnungsbau" versteht man das Bauen von Wohnungen, Bauprojekte im Wohnungsbau oder Wohngebäude. Dieser Bezug zur Schaffung von Wohnraum spricht dafür, dass sich auch der Begriff "Wohnungsbauten" nur auf Objekte bezieht, die ausschließlich aus Wohneinheiten bestehen. Abgestellt wird also darauf, dass das Objekt Wohnzwecken dient. Das schließt angesichts der Bedeutung eines PKW für die Lebensführung des Nutzers auch das Vorhandensein eines Stellplatzes ein, sofern ein solcher einer bestimmten Wohnungseinheit zugeordnet ist.
Auch die systematische Auslegung spricht dafür, dass gemischt genutzte Gebäude nicht unter den Begriff "Wohnungsbauten" fallen. Wie sich aus dem durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (GewStÄndG) vom 30.07.1963 (BGBl I 1963, 563) eingefügten § 9 Nr. 1 Satz 3 GewStG ergibt, hat der Gesetzgeber den Umstand, dass es in der Praxis auch gemischt genutzte Gebäude gibt, gesehen. Nach dieser Vorschrift gilt § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entsprechend, wenn in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen Teileigentum i.S. des WEG errichtet und veräußert wird und das Gebäude zu mehr als 66 2/3 % Wohnzwecken dient. Eine vergleichbare Regelung, die auch für Wohnungsbauten einen gewissen Anteil an gewerblich genutzten Flächen als noch unschädlich ansieht, hat der Gesetzgeber hingegen nicht getroffen. Auch dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber die Betreuung von Wohnungsbauten nur dann als für die Gewährung der erweiterten Kürzung unschädliche Tätigkeit angesehen hat, wenn sie sich auf die Betreuung von ausschließlich Wohnzwecken dienenden Gebäuden beschränkt.
Für diese Auslegung des Begriffs "Wohnungsbauten" spricht in systematischer Hinsicht des Weiteren, dass sich dem geltenden Recht kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen lässt, demzufolge der Begriff "Wohnbau" in einem bestimmten Umfang auch eine gewerbliche Nutzung des Gebäudes umfasst. Vielmehr bedarf es hierfür, wie sich z.B. aus § 75 Abs. 2 BewG für die Bewertung eines Mietwohngrundstücks ergibt, einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung.
Für die vom BFH vertretene Auslegung des Begriffs "Wohnungsbauten" spricht ferner die Entstehungsgeschichte des § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG. Angesichts des eindeutigen Wortlauts und der dargestellten Entstehungsgeschichte des § 9 Nr. 1 Satz 3 EStG kann diese Norm schon deshalb nicht analog auf die Betreuung von gemischt genutzten Gebäuden angewendet werden, weil es an der dafür erforderlichen erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke fehlt. Auch von Verfassungs hält der BFH es nicht für geboten, die Betreuung von gemischt genutzten Gebäuden unter den Begriff der Betreuung von Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu fassen. Insbesondere liegt darin kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.