13.07.2016

Generationen- und betriebsübergreifende Totalgewinnprognose bei Übertragung eines Forstbetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt

Bei einem Forstbetrieb ist die Totalgewinnprognose grundsätzlich generationenübergreifend über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des darin vorherrschenden Baumbestands zu erstrecken. Dies gilt zugleich betriebsübergreifend auch dann, wenn der Forstbetrieb zunächst unter Nießbrauchsvorbehalt an die nächste Generation übertragen wird. Die Totalgewinnprognose ist dann ungeachtet der Entstehung zweier Forstbetriebe für einen fiktiven konsolidierten Forstbetrieb zu erstellen.

BFH 7.4.2016, IV R 38/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger war Eigentümer eines Hofes i.S.d. Höfeordnung, der nebenbei land- und forstwirtschaftliche Flächen von etwa 86 ha umfasste. Von diesen Flächen entfielen ca. 31 ha auf Acker- und Grünlandflächen, die fremdverpachtet sind und waren, sowie ca. 55 ha auf Forstflächen, die der Kläger selbst bewirtschaftet. Durch notariellen Hofübergabe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag aus dem Jahr 2002 hatte der Kläger den Hof auf seinen Sohn S. übertragen; er behielt sich jedoch auf Lebzeiten den unentgeltlichen Nießbrauch daran vor. Die Flächen bildeten am 30.6.2004 einen sog. Eigenjagdbezirk. Auch nach der Hofübertragung ermittelte der Kläger den Gewinn aus der Bewirtschaftung der Forstflächen und der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen durch Betriebsvermögensvergleich für das Normalwirtschaftsjahr für Landwirte (1.7. bis 30.6.).

In den Wirtschaftsjahren 2002/2003 bis 2010/2011 hatten sich Verluste ergeben. Im Streitjahr 2004 erklärte der Kläger einen Verlust, in dem Pachteinnahmen für die landwirtschaftlichen Flächen enthalten waren. Im Rahmen einer Außenprüfung legte der Kläger ein Gutachten aus 2006 vor, worin prognostiziert wurde, dass mit dem Forstbetrieb über den Zeitraum von 2001 bis 2092 ein Totalgewinn von 798.020 € erzielt werden könne. Gleichwohl erkannte das Finanzamt den Verlust, soweit er auf die Forstflächen entfiel, mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr an. Dabei bezog es sich im Wesentlichen auf die gutachterliche Stellungnahme des Forstsachverständigen der Oberfinanzdirektion.

Infolgedessen erfasste das Finanzamt die Pachteinnahmen für die landwirtschaftlichen Flächen unter Berücksichtigung eines pauschalen Werbungskostenabzugs von 10 % als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Anerkennung der mit dem Forstbetrieb zusammenhängenden Verluste lehnte es ab. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es ging davon aus, dass die Totalgewinnprognose für den Forstbetrieb negativ sei, da sie sich nur auf die (geschätzte) Dauer des dem Kläger in dem Hofübergabevertrag vorbehaltenen Nießbrauchs an den Forstflächen beziehe. Nach der von dem Kläger selbst vorgenommenen Berechnung würden nicht einmal die bis zum Jahr 2041 zu erwartenden Gewinne ausreichen, um die während der bisherigen Dauer des Nießbrauchs aufgelaufenen Verluste im Forstbetrieb auszugleichen.

Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Gründe:
Zu Unrecht hatte das FG für die Beurteilung des Vorliegens der Gewinnerzielungsabsicht nur auf den Zeitraum des Bestehens des forstwirtschaftlichen Betriebs während der Zeit des Nießbrauchs abgestellt.

Bei einem Forstbetrieb ist die Totalgewinnprognose grundsätzlich generationenübergreifend über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des darin vorherrschenden Baumbestands zu erstrecken. Dies gilt zugleich betriebsübergreifend auch dann, wenn der Forstbetrieb zunächst unter Nießbrauchsvorbehalt an die nächste Generation übertragen wird. Die Totalgewinnprognose ist dann ungeachtet der Entstehung zweier Forstbetriebe für einen fiktiven konsolidierten Forstbetrieb zu erstellen.

Die hiernach gebotene generationen- und betriebsübergreifende Betrachtung führte bei dem hier vorliegenden Forstbetrieb dazu, dass in die Totalgewinnprognose sämtliche Forstbetriebe, d.h. der ursprüngliche, wirtschaftende Eigentümerforstbetrieb des Klägers, der ruhende Eigentümerforstbetrieb des Rechtsnachfolgers des Klägers, der Nießbrauchsbetrieb des Klägers und der zukünftige wirtschaftende Eigentümerforstbetrieb des Rechtsnachfolgers, einzubeziehen sind. Soweit während der Zeit der Nießbrauchsbestellung zwei Betriebe existieren, sind diese im Rahmen der Totalgewinnprogose fiktiv zu konsolidieren. Dies hat zur Folge, dass etwaige Leistungsbeziehungen zwischen diesen Betrieben zur Ermittlung eines Totalgewinns eliminiert werden.

Soweit der Entscheidung das vom FG in Bezug genommene BFH-Urteil vom 11.10.2007 (Az.: IV R 15/05) entgegensteht, hält der Senat daran nicht mehr fest. Dort hatte der BFH entschieden, dass der Beurteilungszeitraum für die Totalgewinnprognose bei einem landwirtschaftlichen Pachtbetrieb sich nur auf die Dauer des Pachtverhältnisses erstrecke und dies auch dann gelte, wenn das Pachtverhältnis lediglich eine Vorstufe zu der später geplanten unentgeltlichen Hofübergabe sei.

Der vom FG festgestellte Sachverhalt reicht noch nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob der Kläger die forstwirtschaftliche Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt hat. Insofern muss es im weiteren Verfahren u.a. noch klären, ob angesichts der sehr kostenintensiven Betriebsführung des Klägers in dem früheren Eigentümerbetrieb und in dem nunmehr von ihm bewirtschafteten Nießbrauchsbetrieb überhaupt erwartet werden konnte, dass die bis zum Streitjahr bereits aufgelaufenen hohen Verluste durch zu erwartende Gewinne aus Holzerlösen, die in zukünftigen Wirtschaftsjahren von ihm oder seinem Rechtsnachfolger zu erzielen sind, ausgeglichen werden können und der Forstbetrieb einen Totalgewinn erzielen kann.

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