Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietzinsen auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens?
BFH v. 30.7.2020 - III R 24/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine in der Rechtsform der GmbH betriebene Baugesellschaft, die im Streitjahr 2008 regelmäßig Zubehör zu Baustelleneinrichtungen (Betonpumpe, Betongeräte, Systemschalungen, Bauzäune, Magazine, Unterkünfte, Toiletten, Kräne, Hebewerkzeug und Gerüste) angemietet hatte. Die Kosten dafür betrugen rund 925.145 € netto.
Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 2012 gelangte das Finanzamt zu der Ansicht, dass die in den Mieten/Pachten enthaltenen Finanzierungsentgelte gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG dem Gewinn hinzuzurechnen seien. Mit gem. § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid setzte die Behörde den Gewerbesteuermessbetrag 2008 von 8.242 € fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Mit ihrem dagegen erhobenen Einspruch machte die Klägerin geltend, dass es sich bei den in den Mieten/Pachten enthaltenen Finanzierungsentgelten um Baustelleneinzelkosten und damit um Herstellungskosten des Umlaufvermögens handele. Ähnlich wie Bauzeitzinsen verlören die Finanzierungsentgelte, soweit es sich um Herstellungskosten des Umlaufvermögens handele, ihren ursprünglichen Charakter. Eine Hinzurechnung scheide daher insoweit aus.
Daraufhin erließ das Finanzamt einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheid, durch den ein Vorläufigkeitsvermerk ergänzt wurde, der im Übrigen den Gewerbesteuermessbetrag aber unverändert i.H.v. 8.242 € festsetzte. Hierzu führte es aus, dass eine Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen für den Fall entfallen könnte, dass diese als Herstellungskosten der teilfertigen Arbeiten aktiviert worden seien. Denn soweit eine Aktivierung erfolgt sei, läge keine Gewinnminderung vor. Es sei jedoch nicht erkennbar, in welchem Umfang die angefallenen Miet- und Pachtzinsen als Baustelleneinzelkosten in den teilfertigen Arbeiten aktiviert worden seien. Die Klägerin wurde aufgefordert, zu diesem Punkt ergänzend vorzutragen. Es erfolgte jedoch keine Reaktion.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und setzte den Gewerbesteuermessbetrag 2008 auf 7.181 € herab.
Gründe:
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass es sich bei den im Streitjahr 2008 angefallenen Aufwendungen für die Anmietung von Zubehör zu Baustelleneinrichtungen um nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG hinzuzurechnende Mietzinsen handelt.
Miet- und Pachtzinsen sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht hinzuzurechnen sind, soweit sie in die Herstellungskosten des Umlaufvermögens einzubeziehen sind. Insoweit reicht es aus, dass die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden und deshalb hätte aktiviert werden müssen.
Im Streitfall handelte es sich bei dem angemieteten Zubehör zu Baustelleneinrichtungen (Betonpumpe, Betongeräte, Systemschalungen, Bauzäune, Magazine, Unterkünfte, Toiletten, Kräne, Hebewerkzeug und Gerüste) um bewegliche Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines anderen stehen. Die betreffenden Wirtschaftsgüter würden bei fiktiver Annahme der Eigentümerstellung des Steuerpflichtigen auch zum Anlagevermögen der Steuerpflichtigen gehören. Die insoweit durchzuführende Prüfung muss den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Somit handelte es sich bei den hier gezahlten Mietzinsen um Herstellungskosten der am Bilanzstichtag aktivierten unfertigen Bauleistungen, soweit sie diesen als Baustelleneinzelkosten zugeordnet werden können.
Die für die Anmietung des Zubehörs zu Baustelleneinrichtungen angefallenen Mietzinsen waren nicht i.S. des Einleitungssatzes des § 8 GewStG bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden, soweit sie als Baustelleneinzelkosten zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens gehören. Dies gilt auch dann, wenn das Erzeugnis bereits während des Erhebungszeitraums fertiggestellt wurde und aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Eine Hinzurechnung von Zinsen setzt deren Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben voraus. Der betreffende Aufwand muss bei der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung eine Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 EStG darstellen. Eine Gewinnabsetzung liegt dagegen nicht vor, wenn der Aufwand in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts eingeht.
Hieraus folgt zugleich, dass auch Miet- und Pachtzinsen vom Hinzurechnungstatbestand nicht mehr erfasst werden, soweit sie in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts eingeflossen sind. Denn soweit sie nur noch über die Berücksichtigung der Herstellungskosten gewinnwirksam werden, handelt es sich weder begrifflich noch wirtschaftlich um Gewinnminderungen durch Miet- und Pachtzinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG. Die Umqualifizierung hängt nicht davon ab, ob es sich um Herstellungskosten von Anlagevermögen oder von Umlaufvermögen handelt. Sind Miet- oder Pachtzinsen den Herstellungskosten von Umlaufvermögen zuzuordnen, können sie nur noch als Herstellungskosten zu einer Gewinnminderung führen.
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Die Klägerin ist eine in der Rechtsform der GmbH betriebene Baugesellschaft, die im Streitjahr 2008 regelmäßig Zubehör zu Baustelleneinrichtungen (Betonpumpe, Betongeräte, Systemschalungen, Bauzäune, Magazine, Unterkünfte, Toiletten, Kräne, Hebewerkzeug und Gerüste) angemietet hatte. Die Kosten dafür betrugen rund 925.145 € netto.
Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 2012 gelangte das Finanzamt zu der Ansicht, dass die in den Mieten/Pachten enthaltenen Finanzierungsentgelte gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG dem Gewinn hinzuzurechnen seien. Mit gem. § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid setzte die Behörde den Gewerbesteuermessbetrag 2008 von 8.242 € fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Mit ihrem dagegen erhobenen Einspruch machte die Klägerin geltend, dass es sich bei den in den Mieten/Pachten enthaltenen Finanzierungsentgelten um Baustelleneinzelkosten und damit um Herstellungskosten des Umlaufvermögens handele. Ähnlich wie Bauzeitzinsen verlören die Finanzierungsentgelte, soweit es sich um Herstellungskosten des Umlaufvermögens handele, ihren ursprünglichen Charakter. Eine Hinzurechnung scheide daher insoweit aus.
Daraufhin erließ das Finanzamt einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheid, durch den ein Vorläufigkeitsvermerk ergänzt wurde, der im Übrigen den Gewerbesteuermessbetrag aber unverändert i.H.v. 8.242 € festsetzte. Hierzu führte es aus, dass eine Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen für den Fall entfallen könnte, dass diese als Herstellungskosten der teilfertigen Arbeiten aktiviert worden seien. Denn soweit eine Aktivierung erfolgt sei, läge keine Gewinnminderung vor. Es sei jedoch nicht erkennbar, in welchem Umfang die angefallenen Miet- und Pachtzinsen als Baustelleneinzelkosten in den teilfertigen Arbeiten aktiviert worden seien. Die Klägerin wurde aufgefordert, zu diesem Punkt ergänzend vorzutragen. Es erfolgte jedoch keine Reaktion.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und setzte den Gewerbesteuermessbetrag 2008 auf 7.181 € herab.
Gründe:
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass es sich bei den im Streitjahr 2008 angefallenen Aufwendungen für die Anmietung von Zubehör zu Baustelleneinrichtungen um nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG hinzuzurechnende Mietzinsen handelt.
Miet- und Pachtzinsen sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht hinzuzurechnen sind, soweit sie in die Herstellungskosten des Umlaufvermögens einzubeziehen sind. Insoweit reicht es aus, dass die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden und deshalb hätte aktiviert werden müssen.
Im Streitfall handelte es sich bei dem angemieteten Zubehör zu Baustelleneinrichtungen (Betonpumpe, Betongeräte, Systemschalungen, Bauzäune, Magazine, Unterkünfte, Toiletten, Kräne, Hebewerkzeug und Gerüste) um bewegliche Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines anderen stehen. Die betreffenden Wirtschaftsgüter würden bei fiktiver Annahme der Eigentümerstellung des Steuerpflichtigen auch zum Anlagevermögen der Steuerpflichtigen gehören. Die insoweit durchzuführende Prüfung muss den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Somit handelte es sich bei den hier gezahlten Mietzinsen um Herstellungskosten der am Bilanzstichtag aktivierten unfertigen Bauleistungen, soweit sie diesen als Baustelleneinzelkosten zugeordnet werden können.
Die für die Anmietung des Zubehörs zu Baustelleneinrichtungen angefallenen Mietzinsen waren nicht i.S. des Einleitungssatzes des § 8 GewStG bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden, soweit sie als Baustelleneinzelkosten zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens gehören. Dies gilt auch dann, wenn das Erzeugnis bereits während des Erhebungszeitraums fertiggestellt wurde und aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Eine Hinzurechnung von Zinsen setzt deren Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben voraus. Der betreffende Aufwand muss bei der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung eine Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 EStG darstellen. Eine Gewinnabsetzung liegt dagegen nicht vor, wenn der Aufwand in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts eingeht.
Hieraus folgt zugleich, dass auch Miet- und Pachtzinsen vom Hinzurechnungstatbestand nicht mehr erfasst werden, soweit sie in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts eingeflossen sind. Denn soweit sie nur noch über die Berücksichtigung der Herstellungskosten gewinnwirksam werden, handelt es sich weder begrifflich noch wirtschaftlich um Gewinnminderungen durch Miet- und Pachtzinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG. Die Umqualifizierung hängt nicht davon ab, ob es sich um Herstellungskosten von Anlagevermögen oder von Umlaufvermögen handelt. Sind Miet- oder Pachtzinsen den Herstellungskosten von Umlaufvermögen zuzuordnen, können sie nur noch als Herstellungskosten zu einer Gewinnminderung führen.