17.12.2019

Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Aufgabe des Anteils an einer Mitunternehmerschaft durch einen Fiskalerben

Zum Gewerbeertrag einer Personengesellschaft gehört nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auch der Gewinn eines Fiskalerben aus der Aufgabe des von einer verstorbenen natürlichen Person ererbten Mitunternehmeranteils. Der durch den Wegfall eines negativen Kapitalkontos, das der ohne Abfindung ausscheidende Kommanditist nicht ausgleichen muss, entstehende Aufgabegewinn wird durch gleich hohe Verluste der verbleibenden Gesellschafter, auf die das negative Kapitalkonto des Ausgeschiedenen zu verteilen ist, betragsmäßig ausgeglichen mit der Folge, dass der Gewerbeertrag der Personengesellschaft rechnerisch unberührt bleibt.

BFH v. 19.9.2019, IV R 50/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine 1982 als geschlossener Immobilienfonds gegründete KG, die als Erbbauberechtigte eines Grundstücks eine hierauf von ihr errichtete Wohnanlage vermietet. Komplementärin der Klägerin ist eine GmbH. Außerdem waren 32 Kommanditisten an der Klägerin beteiligt. Das Einlagekapital der Klägerin betrug ursprünglich rund 2,6 Mio. DM. § 22 des Gesellschaftsvertrags lautete wie folgt:

"Stirbt ein Treugeber oder Gesellschafter, wird die Gesellschaft mit seinen Erben oder Vermächtnisnehmern, auf die die Beteiligung übertragen wird, fortgesetzt.
Führt der Erbfall zu Beteiligungen, die unter 20.000 DM liegen, haben sich die Erben/Vermächtnisnehmer so auszugleichen/auseinanderzusetzen, dass nur Beteiligungen i.H.v. wenigstens 20.000 DM verbleiben. Bis dahin ruhen die Gesellschafterrechte mit Ausnahme des Gewinnbezugsrechtes.
Bis zum Nachweis des Erbrechtes und der Erteilung der Handelsregistervollmacht gilt Abs. 1 letzter Satz."


Einer der Kommanditisten war X, der mit 122.710 € beteiligt war und 2006 verstarb. Das Land X wurde als gesetzlicher Erbe festgestellt. Vertreten durch die Bezirksregierung B. kündigte dieses im April 2009 die Kommanditbeteiligung mit sofortiger Wirkung. Im März 2008 verstarb der mit ursprünglich 80.000 DM beteiligte Kommanditist Y. Das Land Y wurde als gesetzlicher Erbe festgestellt. Vertreten durch die Oberfinanzdirektion C. kündigte dieses die Kommanditbeteiligung zum 31.12.2009. Im Januar 2010 wurde anschließend das Ausscheiden der beiden Bundesländer als Kommanditisten im Handelsregister eingetragen.

Die Klägerin erklärte für das Streitjahr 2009 einen Verlust i.H.v. 27.437 €; dabei führte sie sowohl B. als auch C. als Feststellungsbeteiligte bis zum Austrittsdatum des 31.12.2009 auf und rechnete ihnen einen Verlustanteil von 2.966 € (B) bzw. 988 € (C) zu. Außerdem erklärte sie Aufgabegewinne i.H.v. 293.561 € für B. und 97.853 € für C. aus der Auflösung der negativen Kapitalkonten vor Berücksichtigung der festgestellten verrechenbaren Verluste, die 39.218 € (B) und 13.072 € (C) betrugen. In ihrer Gewerbesteuererklärung 2009 erklärte die Klägerin einen Verlust i.H.v. 27.437 €.

Auch in seinen mehrfach geänderten Gewerbesteuermessbescheiden 2009 und Bescheiden über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009 berücksichtigte das Finanzamt die streitbefangenen Aufgabegewinne. Die Klägerin blieb bei ihrer Ansicht, mit der Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG auf die streitbefangenen Aufgabegewinne, die den ehemaligen Kommanditisten X. und Y. als natürlichen Personen zuzurechnen seien, werde der Zweck der Vorschrift verfehlt.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil im beantragten Umfang auf und gab der Klage insoweit statt.

Gründe:
Zwar war das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitbefangenen Aufgabegewinne gem. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG zum Gewerbeertrag der Klägerin gehören. Zum Gewerbeertrag einer Personengesellschaft gehört nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG nämlich auch der Gewinn eines Fiskalerben aus der Aufgabe des von einer verstorbenen natürlichen Person ererbten Mitunternehmeranteils. Insofern sind die streitbefangenen Aufgabegewinne nicht in der Person der beiden Erblasser als an der Klägerin unmittelbar beteiligte natürliche Personen entstanden, sondern sie sind von den Ländern X und Y als Fiskalerben erzielt worden.

Das FG hat allerdings nicht berücksichtigt, dass die Aufgabegewinne der aus der Klägerin ausgeschiedenen Gesellschafter durch betragsmäßig gleiche hohe Verluste der verbleibenden Gesellschafter ausgeglichen werden. Die streitbefangenen Aufgabegewinne i.H.v. insgesamt 391.415 € werden durch betragsmäßig gleich hohe Verluste der nach dem Ausscheiden der beiden Fiskalerben als Mitunternehmer verbliebenen Gesellschafter der Klägerin ausgeglichen. Im Ergebnis wirken sich deshalb diese Aufgabegewinne auf den Gewerbeertrag der Klägerin im Streitjahr nicht aus.

Scheidet ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto ohne Abfindung - also unentgeltlich - aus einer KG aus, ergibt sich in Höhe dieses Kapitalkontos ein steuerpflichtiger Aufgabegewinn, wenn der Kommanditist das negative Kapitalkonto nicht ausgleichen muss. Ein solcher Gewinn entsteht unabhängig davon, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist. Andererseits ergibt sich in der Situation, dass die Gesellschaftsbeteiligung des ausgeschiedenen Kommanditisten mit der Folge untergeht, dass die vorhandenen Rechte und Verpflichtungen durch Anwachsung auf die verbleibenden Gesellschafter übergehen, für diese Gesellschafter, auf die das negative Kapitalkonto des Ausgeschiedenen zu verteilen ist, - auch steuerrechtlich - ein dem Gewinn aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos korrespondierender Verlust. Dieser Verlust ist den verbleibenden Gesellschaftern im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters auch mit steuerrechtlicher Wirkung zuzuweisen. Denn es steht dann fest, dass die verbleibenden Gesellschafter den Verlust endgültig zu tragen haben.
 
BFH online
Zurück