09.02.2023

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG bei sog. Drittanstellung von Geschäftsführern

Ist bei einer KGaA die nicht am Kapital beteiligte Komplementärin, eine GmbH & Co. KG (KG), zu 100 % an ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, einer GmbH, beteiligt, und sind in dieser GmbH sowohl Kommanditisten der KG als auch nicht an der KG beteiligte Personen Geschäftsführer, führt die Übertragung der Geschäftsführung der KGaA durch Anstellungsvertrag auf diese Personen (sog. Drittanstellung) nicht dazu, dass die dadurch ausgelösten Aufwendungen die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 4 GewStG bei der Gewerbeertragsermittlung der KGaA mindern, wenn der KG durch Satzung ein entsprechender Ersatzanspruch zusteht. Die Geschäftsführer der KGaA üben dann faktisch und wirtschaftlich ihre Tätigkeit für Rechnung der KG aus.

Kurzbesprechung
BFH v. 14. 9. 2022 - I R 13/20

GewStG § 8 Nr. 4, § 9 Nr. 2b
KStG § 9 Abs 1 S 1 Nr. 1


Nach § 8 Nr. 4 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA auf ihr nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind, wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

§ 8 Nr. 4 GewStG ist nach ihrem Regelungsgegenstand eine Korrekturvorschrift zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG. Nach dieser Vorschrift sind bei der Ermittlung des Einkommens einer KGaA die Teile des Gewinns, die an den persönlich haftenden Gesellschafter als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt werden, als Aufwendungen abziehbar; dies hat den Zweck, eine Doppelbelastung mit Ertragsteuer (z.B. Körperschaftsteuer bei der KGaA und Einkommensteuer bei den Gesellschaftern) zu vermeiden. Wenn damit die Vergütung für die Geschäftsführung nicht der Körperschaftsteuer bei der KGaA unterliegt, stellt § 8 Nr. 4 GewStG im Gegenzug sicher, dass dieser Gewinnanteil der Gewerbesteuer unterliegt.

Der BFH hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass die Vorschrift unabhängig davon anzuwenden ist, ob der persönlich haftende Gesellschafter mit seinen Einkünften aus der KGaA selbst der Gewerbesteuer unterliegt. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Gewerbesteuer ordnet sodann § 9 Nr. 2b GewStG auf der Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters die Kürzung der nach § 8 Nr. 4 GewStG dem Gewerbeertrag einer KGaA hinzugerechneten Gewinnanteile an, wenn sie bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind.

Gewinnanteile, die i.S. des § 8 Nr. 4 GewStG an die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA als Vergütung für die Geschäftsführung verteilt werden, sind alle Arten von Vergütungen, die die persönlich haftenden Gesellschafter als Gegenleistung für ihre ‑ gegenwärtige oder frühere ‑ Geschäftsführungstätigkeit erhalten. Von diesen Vergütungen zu unterscheiden sind Zahlungen, die die persönlich haftenden Gesellschafter als Auslagen- oder Aufwendungsersatz erhalten und die kein Entgelt für die Geschäftsführungstätigkeit sind. Derartige Zahlungen ‑ z.B. die Erstattung von Reisekosten ‑ sind keine nach § 8 Nr. 4 GewStG wieder hinzuzurechnenden Gewinnanteile, sondern Betriebsausgaben der KGaA.

Aufwendungen, die einem persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA entstehen, weil er die ihm übertragenen Geschäftsführungsaufgaben von anderen Personen (Fremdgeschäftsführern) wahrnehmen lässt, mindern die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 4 GewStG nicht. Denn § 8 Nr. 4 GewStG und § 9 Nr. 2 KStG sind Vorschriften zur Ermittlung des Gewerbeertrags bzw. des Einkommens der KGaA. Die Tatbestandsvoraussetzungen (z.B. "Gewinnanteile", die an die persönlich haftenden Gesellschafter als Vergütung für die Geschäftsführung verteilt worden sind) sind daher aus der Sicht der KGaA ‑ nicht aus der der persönlich haftenden Gesellschafter ‑ zu beurteilen.

Auf dieser Grundlage sind sämtliche Vergütungen, die die Komplementäre der KGaA für die Geschäftsführung erhalten, derartige Gewinnanteile. Auch soweit die Vergütungen den Aufwendungen entsprechen, die einem Komplementär durch Fremdgeschäftsführer entstehen, sind sie aus der Sicht der KGaA kein außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zu leistender Aufwendungsersatz, sondern Gewinnanteile, die der persönlich haftende Gesellschafter als Vergütung "für die Geschäftsführung" ‑ durch Fremdgeschäftsführer ‑ erhält. Gleiches gilt, wenn eine GmbH persönlich haftende und nach der Satzung geschäftsführungsbefugte und vertretungsberechtigte Gesellschafterin ist.

Im Streitfall hatte das FG die vorstehenden Rechtsgrundsätze zutreffend angewandt. Es war auch ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Tätigkeitsvergütungen der Geschäftsführer nichts an dieser gewerbesteuerrechtlichen Beurteilung zu ändern vermag. Denn es liegen in der Sache Sondervergütungen der Kommanditisten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Insoweit sind für den Fall der unmittelbaren Anstellung eines Kommanditisten der persönlich haftenden GmbH & Co. KG als Geschäftsführer der KGaA die Geschäftsführervergütung zunächst der GmbH & Co. KG als persönlich haftender und zur Geschäftsführung berufener Gesellschafterin der KGaA als gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG und anschließend im Rahmen der Gewinnverteilung der GmbH & Co. KG dem Kommanditisten als Sondervergütung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG zuzurechnen.

Eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung wird dabei durch § 9 Nr. 2b GewStG vermieden. Eine darüber hinausgehende teleologische Reduktion des § 8 Nr. 4 GewStG dahingehend, dass die Vorschrift immer dann keine Anwendung finden dürfte, wenn eine Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG auf Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters tatsächlich zu keiner steuerlichen Berücksichtigung des Aufwands führen würde, hält der BFH nicht für angezeigt.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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