13.07.2023

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Aufwendungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten

Aufwendungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten können nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterliegen.

Kurzbesprechung
BFH v. 23.2.2023 - IV R 37/18

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. f
UrhG § 15, § 20, § 20b, § 31, § 64, § 87
UrhWahrnG § 13c
BGB § 738, § 779
EGRL 29/2001 Art. 3
GG Art. 3 Abs. 1


Streitig war, ob Zahlungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten gewerbesteuerrechtlich hinzuzurechnen sind.

Kabelweitersenderechte gehören zu den Rechten im Sinne von § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Diese Rechte wurden im Streitfall zeitlich befristet überlassen Außerdem wurden die streitigen Aufwendungen für die Überlassung von Rechten geleistet worden, so dass der BFH der Revision des Steuerpflichtigen statt gab.

Die Hinzurechnung von Aufwendungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten widerspricht nicht dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG). Rechte im Sinne von § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG sind Immaterialgüterrechte, also subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition ‑ ein Abwehrrecht ‑ besteht.

Wie sich auch aus dem in der Vorschrift enthaltenen Klammerzusatz ergibt, gehören zu den Rechten insbesondere auch Lizenzen. Unter einer Lizenz ist die von dem Lizenzgeber dem Lizenznehmer privatrechtlich eingeräumte Befugnis zu verstehen, Rechte oder Werte zu nutzen. Zu den Rechten, die durch eine Lizenz überlassen werden, gehören auch Urheberrechte. Für diese Rechte kann der Urheber nach § 31 Abs. 1 Satz 1 UrhG einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen.

Das im Streitfall maßgebliche Kabelweitersenderecht ist ein urheberrechtlich geschütztes Recht an der Veröffentlichung eines Werks. Es handelt sich um keine ungeschützte (Rechts-)Position. Die für eine Kabelweitersendung erforderliche öffentliche Wiedergabe liegt bereits dann vor, wenn die Übertragung durch ein neues technisches Verfahren erfolgt. Ist dies der Fall, bedarf es keiner weitergehenden Prüfung, ob das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird. Die streitigen Kabelweitersenderechte waren im Streitfall auch nicht ausschließlich zur Überlassung an Dritte bestimmt.

Nach der in § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG enthaltenen Rückausnahme scheidet eine Hinzurechnung von Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten bei Lizenzen aus, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen. Solche Lizenzen liegen bei sogenannten Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechten vor, bei denen nur das Recht zum Absatz und Vertrieb bestimmter Produkte oder Dienstleistungen an den Lizenznehmer übertragen wird. Eine solche Vertriebslizenz ist nur dann gegeben, wenn der Lizenznehmer die eingeräumten Rechte nicht selbst nutzt oder verändert oder bearbeitet, sondern die Rechte unverändert weitergibt.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist die Ausnahmeregelung über ihren Wortlaut hinaus nicht nur bei überlassenen Lizenzen, sondern auch bei jedem anderen überlassenen Recht im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG zu prüfen. Die von der Ausnahmeregelung erfasste Situation lag jedoch im Streitfall selbst bei weiter Auslegung des Wortlauts des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG nicht vor. Denn die Nutzungsbefugnis an dem Recht auf Kabelweitersendung betraf allein das Kabelunternehmen; auf die übertragenen Sendungen und deren Inhalt im Einzelnen kommt es nicht an, sodass es nicht um die Frage ging, ob den Kabelkunden (Dritte) Rechte überlassen wurden.

Im Streitfall wurden die Kabelweitersenderechte auch zeitlich befristet überlassen und nicht endgültig übertragen. Die Frage, ob es sich um eine zeitlich befristete oder um eine endgültige Überlassung von Rechten handelt, ist nach dem Vertrag und damit auch nach den Verhältnissen zu beurteilen, wie sie sich bei Abschluss des Vertrags darstellen Danach lag im Streitfall eine zeitlich befristete Rechteüberlassung vor.

Die streitigen Aufwendungen wurden auch für die Überlassung von Rechten geleistet. Sie erfolgten auch in dem Umfang für die Überlassung von Rechten, in dem sie zur Abgeltung von Vergütungsansprüchen nach § 20b Abs. 2 UrhG geleistet wurden.

Die Hinzurechnung von Aufwendungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten widerspricht nicht dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Denn der Gesetzgeber ging bei Schaffung des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG davon aus, dass dem Gewerbebetrieb bei der zeitlichen Überlassung von Rechten Sachkapital überlassen werde. In den Aufwendungen für die Überlassung dieser Rechte sei auch ein Finanzierungsanteil enthalten. Mit der (teilweisen) Hinzurechnung dieser Aufwendungen sei der Gleichstellung von Unternehmen gedient, die mit Eigen- und Fremdkapital finanziert seien (vgl. Gesetzentwurf vom 27.03.2007 zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008, BTDrucks 16/4841, S. 31, 80). Zugleich wollte der Gesetzgeber mit den neu geschaffenen Hinzurechnungsregeln auch Gewinnverlagerungen in das Ausland eindämmen und die gewerbesteuerrechtliche Bemessungsgrundlage verbreitern.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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