Gewinnbeteiligungen eines atypisch stillen Gesellschafters sind Schuldzinsen i.S.d. § 4 Abs. 4 a EStG
FG Köln 21.8.2013, 14 K 3754/11Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer Metzgerei. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. In der Bilanz zum 31.12.2004 wies er ein negatives Kapital i.H.v. rund 130.014 € aus. Im Juni 2005 erfolgte eine Gutschrift des Vaters des Klägers i.H.v. 120.000 €. Zur Erläuterung dieser Gutschrift reichten die Kläger den "Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft" in nicht unterschriebener und nicht datierter Fassung zu den Betriebsprüfungsakten.
Danach beteiligte sich der Vater des Klägers an dem Handelsgewerbe des Klägers als stiller Gesellschafter mit einer Einlage von 140.000 €. Die Einlage sei bereits in bar erbracht worden. Zur Geschäftsführung sollte allein der Kläger befugt sein. Zu bestimmten näher bezeichneten Geschäften war die Zustimmung des Vaters des Klägers erforderlich. Außerdem war eine Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters von 20 % vorgesehen. Eine Beteiligung am Verlust war ausgeschlossen.
Der Kläger zahlte aufgrund dieser Vereinbarung an seinen Vater in den Streitjahren 2005 und 2006 jeweils 4.600 € als Gewinnbeteiligung, die er in voller Höhe als Betriebsausgaben berücksichtigte. Das Finanzamt ließ allerdings den vollen Betriebsausgabenabzug der an den Vater gezahlten Gewinnbeteiligung nicht mehr zu, sondern berücksichtigte diese im Rahmen der Ermittlung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen. Die Kläger waren der Auffassung, die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters gehöre begrifflich nicht zu den Schuldzinsen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die an den stillen Gesellschafter ausgezahlten Gewinnbeteiligungen der Streitjahre von jeweils 4.600 € waren in die Berechnung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähigen Schuldzinsen einzubeziehen.
Aus der systematischen, historischen und teleologischen Auslegung des § 4 Abs. 4a EStG folgt, dass der Regelung ein weiter Zinsbegriff zu Grunde liegt, der auch die Gewinnbeteiligung des typisch stillen Gesellschafters umfasst. Denn der Begriff der Schuldzinsen ist anders als derjenige der Überentnahme in § 4 Abs. 4a EStG oder an anderer Stelle im EStG nicht legaldefiniert. Das EStG verwendet den Begriff der Schuldzinsen außer in § 4 Abs. 4a in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 10e Abs. 6a S. 1, § 13a Abs. 3 S. 2, früher auch in § 9a S. 1 Nr. 2 und in § 21a Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4. Daneben wurde früher in § 10 Abs. 2 S. 2 EStG auch der Begriff der Finanzierungskosten verwandt.
Obgleich das Nebeneinander der Begriffe der Finanzierungskosten einerseits und der Schuldzinsen andererseits die Annahme nahe legen könnte, dass es sich bei "Finanzierungskosten" um einen weiteren Oberbegriff und "Schuldzinsen" um einen engeren Unterbegriff handeln könnte, hat die Rechtsprechung den Schuldzinsenbegriff auch vor dem Wegfall des Begriffs der Finanzierungskosten als Gesetzesbegriff stets weit ausgelegt. Danach sind Schuldzinsen alle einmaligen und laufenden Leistungen in Geld oder Geldeswert, die der Steuerpflichtige für die Überlassung von Kapital an den Gläubiger und an Dritte zu entrichten hat und die nicht zur Tilgung des Kapitals erbracht werden.
Aus der Gesetzesgeschichte des § 4 Abs. 4a EStG ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen abweichenden Schuldzinsbegriff. Die Annahme einer begrifflichen Einengung des Zinsbegriffs liefe auch der gesetzgeberischen Zielsetzung der Gestaltungsbeschränkung dadurch, dass Entnahmen nur bei Liquiditätsüberschüssen ohne steuerliche Auswirkungen auf den Zinsabzug bleiben sollten, zuwider. Auch dafür, auf der zweiten Stufe der Prüfung des Betriebsausgabenabzugs von Schuldzinsen, eben der Prüfung des § 4 Abs. 4a EStG, Gewinnbeteiligungen stiller Gesellschafter auszunehmen, gibt es keinen sachlichen Grund. Dies widerspräche sowohl der Gesetzessystematik, nach der es sich um den zweiten Schritt der Prüfung desselben Lebenssachverhalts handelt, als auch der gesetzlichen Zielsetzung, den Betriebsausgabenabzug der Fremdfinanzierung von Überentnahmen zu verhindern.
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