Gewinnrücklage bei Übernahme von Pensionsverpflichtungen
Kurzbesprechung
BFH v. 23.10.2024 - XI R 24/21
EStG § 5 Abs. 7 Satz 4, Satz 5
Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob der Übernahmegewinn gem. § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG beim neuen Arbeitgeber (Klägerin) durch Rücklagenbildung auf künftige Jahre verteilt werden kann und damit nur ratierlich der Besteuerung unterliegt.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine aufgelöste GmbH, die im Jahr 2014 (Streitjahr) gegründet wurde. Alleingesellschafter der Klägerin ist R. R wechselte von einem anderen Unternehmen zur Klägerin als neuem Arbeitgeber. Mit Vertrag vom 19.12.2014 und Wirkung zum 31.12.2014 übernahm die Klägerin die Versorgungszusage, die R bei dem anderen Unternehmen erteilt worden war. Im Gegenzug wurden der Klägerin entsprechende Vermögenswerte (Lebensversicherung, Forderungen gegenüber R) in Gesamthöhe von 512.052 € übertragen. Es entstand ein Übertragungsgewinn i.H.v. 77.881 €, für den die Klägerin eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG bildete; sie löste diese im Streitjahr und in den Folgejahren zu je einem Fünfzehntel auf.
Nach einer Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Rücklagenbildung für den Gewinn aus der übernommenen Pensionsverpflichtung unzulässig sei. Diesem Ergebnis folgte das FA und erließ auch für das Streitjahr entsprechende Änderungsbescheide. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage mit seinem Urteil statt und führte im Wesentlichen aus, dass eine gewinnmindernde Rücklage auch für den Gewinn aus einer übernommenen Pensionsverpflichtung gebildet werden könne. Dem stehe der Wortlaut von § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG nicht entgegen. Denn auch bei einer Pensionsübernahme realisiere sich der Gewinn nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG, weshalb diese Konstellation von der Bezugnahme des Satzes 5 in Absatz 7 auf Satz 1 erfasst sei.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten.
Der BFH entschied, dass die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen sei. Das FG habe im Ergebnis zu Recht dahin erkannt, dass die Klägerin für den Gewinn aus der übernommenen Pensionsverpflichtung eine steuermindernde Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG bilden kann. Ob eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG auch für einen Gewinn offensteht, der aus einer übernommenen Pensionszusage resultiert, ist strittig. Das FG habe diese Frage bejaht und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG kein eigener Tatbestand sei, sondern nur die Berechnung des Gewinns besonders regele, die sich grds. nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG richte. Insoweit liege auch ein Fall des § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG vor; der Gewinn aus einer entsprechenden Übernahme sei daher von der Bezugnahme des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG auf Satz 1 erfasst. Nach anderer Ansicht im Schrifttum sowie des beigetretenen BMF sei eine Rücklagenbildung bei Pensionsübernahme nicht zulässig. Einer solchen stehe schon der Wortlaut des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG entgegen. So beschränke § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG die Möglichkeit der Rücklagenbildung ausdrücklich auf die Fälle des § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 EStG. Die Übertragung einer Pensionsverpflichtung werde in § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG behandelt und sei deshalb nicht erfasst.
Der erkennende Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Für den Gewinn aus einer übernommenen Pensionsverpflichtung darf eine gewinnmindernde Rücklage gem. § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG gebildet werden; die Bewertung der übernommenen Verpflichtung nach § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG schließt die Anwendung des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG nicht aus. Es sei im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG geboten, die Rücklagenbildung nicht nur bei andersartigen Verpflichtungen, sondern ebenso bei Pensionszusagen zuzulassen, die andernfalls sinnwidrig benachteiligt würden. Dies gelte im Steuerrecht, das intensives Eingriffsrecht ist, umso mehr deshalb, weil durch das Verwehren der Rücklage bei Pensionsverpflichtungen erheblich in die Rechte der Steuerpflichtigen eingegriffen würde, so die Argumentation des XI. Senats.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 5 Abs. 7 Satz 4, Satz 5
Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob der Übernahmegewinn gem. § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG beim neuen Arbeitgeber (Klägerin) durch Rücklagenbildung auf künftige Jahre verteilt werden kann und damit nur ratierlich der Besteuerung unterliegt.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine aufgelöste GmbH, die im Jahr 2014 (Streitjahr) gegründet wurde. Alleingesellschafter der Klägerin ist R. R wechselte von einem anderen Unternehmen zur Klägerin als neuem Arbeitgeber. Mit Vertrag vom 19.12.2014 und Wirkung zum 31.12.2014 übernahm die Klägerin die Versorgungszusage, die R bei dem anderen Unternehmen erteilt worden war. Im Gegenzug wurden der Klägerin entsprechende Vermögenswerte (Lebensversicherung, Forderungen gegenüber R) in Gesamthöhe von 512.052 € übertragen. Es entstand ein Übertragungsgewinn i.H.v. 77.881 €, für den die Klägerin eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG bildete; sie löste diese im Streitjahr und in den Folgejahren zu je einem Fünfzehntel auf.
Nach einer Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Rücklagenbildung für den Gewinn aus der übernommenen Pensionsverpflichtung unzulässig sei. Diesem Ergebnis folgte das FA und erließ auch für das Streitjahr entsprechende Änderungsbescheide. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage mit seinem Urteil statt und führte im Wesentlichen aus, dass eine gewinnmindernde Rücklage auch für den Gewinn aus einer übernommenen Pensionsverpflichtung gebildet werden könne. Dem stehe der Wortlaut von § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG nicht entgegen. Denn auch bei einer Pensionsübernahme realisiere sich der Gewinn nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG, weshalb diese Konstellation von der Bezugnahme des Satzes 5 in Absatz 7 auf Satz 1 erfasst sei.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten.
Der BFH entschied, dass die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen sei. Das FG habe im Ergebnis zu Recht dahin erkannt, dass die Klägerin für den Gewinn aus der übernommenen Pensionsverpflichtung eine steuermindernde Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG bilden kann. Ob eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG auch für einen Gewinn offensteht, der aus einer übernommenen Pensionszusage resultiert, ist strittig. Das FG habe diese Frage bejaht und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG kein eigener Tatbestand sei, sondern nur die Berechnung des Gewinns besonders regele, die sich grds. nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG richte. Insoweit liege auch ein Fall des § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG vor; der Gewinn aus einer entsprechenden Übernahme sei daher von der Bezugnahme des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG auf Satz 1 erfasst. Nach anderer Ansicht im Schrifttum sowie des beigetretenen BMF sei eine Rücklagenbildung bei Pensionsübernahme nicht zulässig. Einer solchen stehe schon der Wortlaut des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG entgegen. So beschränke § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG die Möglichkeit der Rücklagenbildung ausdrücklich auf die Fälle des § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 EStG. Die Übertragung einer Pensionsverpflichtung werde in § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG behandelt und sei deshalb nicht erfasst.
Der erkennende Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Für den Gewinn aus einer übernommenen Pensionsverpflichtung darf eine gewinnmindernde Rücklage gem. § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG gebildet werden; die Bewertung der übernommenen Verpflichtung nach § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG schließt die Anwendung des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG nicht aus. Es sei im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG geboten, die Rücklagenbildung nicht nur bei andersartigen Verpflichtungen, sondern ebenso bei Pensionszusagen zuzulassen, die andernfalls sinnwidrig benachteiligt würden. Dies gelte im Steuerrecht, das intensives Eingriffsrecht ist, umso mehr deshalb, weil durch das Verwehren der Rücklage bei Pensionsverpflichtungen erheblich in die Rechte der Steuerpflichtigen eingegriffen würde, so die Argumentation des XI. Senats.