08.07.2015

Grunderwerbsteuer beim Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks

Kauft ein Erbbauberechtigter oder ein Dritter ein erbbaurechtsbelastetes Grundstück unterliegt lediglich der nach Abzug des Kapitalwerts des Erbbauzinsanspruchs vom Kaufpreis verbleibende Unterschiedsbetrag der Grunderwerbsteuer. Der Kaufpreis ist auch nicht nach der sog. Boruttau'schen Formel aufzuteilen (Rechtsprechungsänderung).

BFH 6.5.2015, II R 8/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger und seine Eltern hatten im Dezember 1997 mit einer GmbH einen notariell beurkundeten Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts an einem Grundstück der GmbH auf die Dauer von 66 Jahren geschlossen. Als jährlicher Erbbauzins wurden 32.500 DM/Jahr (5% des auf 650.000 DM ermittelten Verkehrswertes des Grundstücks) vereinbart.

Im Dezember 2007 verkaufte die GmbH dem Kläger das Grundstück zu einem Kaufpreis von 235.000 €. Zugleich vereinbarten die Vertragsparteien die Aufhebung des Erbbaurechts an dem Grundstück. Sie bewilligten und beantragten die Eintragung der Erbbaurechtsaufhebung und die Schließung des Erbbaugrundbuchs.

Das Finanzamt setzte gegen den Kläger für den Grundstückskauf ausgehend von dem vereinbarten Kaufpreis von 235.000 € Grunderwerbsteuer i.H.v. 8.225 € fest. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt und setzte die Grunderwerbsteuer auf 4.357 € herab. Es war der Ansicht, das Finanzamt habe zu Unrecht den gesamten Kaufpreis der Besteuerung zugrunde gelegt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Gründe:
Das FG hatte zu Recht angenommen, dass der Kaufpreis nicht der Grunderwerbsteuer unterlag, soweit er auf den Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs entfiel.

Beim Kauf eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten oder einen Dritten unterliegt lediglich der nach Abzug des Kapitalwerts des Erbbauzinsanspruchs vom Kaufpreis verbleibende Unterschiedsbetrag der Grunderwerbsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Erbbauberechtigte aus Gründen, die in seinem Verhältnis zum Käufer begründet sind, beabsichtigt, im Zusammenhang mit dem Kauf auf das ihm zustehende Erbbaurecht zu verzichten. Ein solcher Verzicht berührt nämlich ausschließlich das Verhältnis des Erbbauberechtigten zum Käufer und kann es daher nicht rechtfertigen, den gesamten Kaufpreis der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen.

§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GrEStG führt auch dann, wenn der Erbbauberechtigte selbst das erbbaurechtsbelastete Grundstück kauft, dazu, dass der auf den Erwerb des Erbbauzinsanspruchs entfallende Teil des Kaufpreises nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, und zwar unabhängig davon, ob der Erbbauberechtigte beabsichtigt, das Erbbaurecht aufzuheben oder nicht. Infolgedessen unterlag der auf den Erwerb des Erbbauzinsanspruchs entfallende Teil des Kaufpreises von 235.000 € nicht der Grunderwerbsteuer. Der Kläger hatte das Grundstück zum Teil als Erbbauberechtigter und zum Teil, nämlich soweit seine Eltern Erbbauberechtigte waren, als Dritter erworben, und zwar erst nach der Bestellung des Erbbaurechts. Dass der Kläger und seine Eltern die Aufhebung des Erbbaurechts beabsichtigten, war unerheblich. Das FG hatte verkannt, dass der vom Kläger geschuldete Kaufpreis in vollem Umfang auf den Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs entfällt und somit die Grunderwerbsteuer für den Grundstückskauf auf 0 € festzusetzen war.

Bei Anwendung der sog. Boruttau'schen Formel wäre der Kaufpreis für das Grundstück entgegen der Ansicht des FG nicht im Verhältnis des gemeinen Werts des unbelasteten Grundstücks zum Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs, sondern im Verhältnis des ohne Berücksichtigung des Anspruchs auf den Erbbauzins ermittelten gemeinen Werts des belasteten Grundstücks zum Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs aufzuteilen. Die Formel war jedoch hinsichtlich der Frage, welche Teile des Kaufpreises beim Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks auf das Grundstück einerseits und auf den Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs andererseits entfallen, nicht anwendbar.

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