Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch einen Treuhänder; Aufnahme des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter
Kurzbesprechung
BFH v. 20.11.2024 - II R 29/21
GrEStG § 1 Abs 3 Nr 1, GrEStG § 8 Abs 2 S 1 Nr 3
FGO § 67, FGO § 74, FGO § 155 S 1
ZPO § 240
InsO § 87
Macht das FA einen festgesetzten, aber noch nicht erfüllten Steuer- oder Haftungsanspruch als Insolvenzforderung geltend und hat der Insolvenzverwalter im Prüfungstermin der angemeldeten Forderung widersprochen, ergibt sich die Befugnis zur Aufnahme des zunächst unterbrochenen Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter aus § 87 i.V.m. § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 2 der Insolvenzordnung. Streitgegenstand ist nicht (mehr) die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids, sondern die Feststellung, ob die zur Tabelle angemeldete Forderung dem Grunde und der Höhe nach begründet und der Widerspruch dagegen berechtigt ist. Dabei handelt es sich um eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung (§ 67 FGO).
Im Streitfall war die zur Insolvenztabelle angemeldete Grunderwerbsteuerforderung dem Grunde und der Höhe nach berechtigt und der Widerspruch des Insolvenzverwalters als Kläger gegen die Forderung unbegründet. Die Insolvenzschuldnerin hatte GmbH - Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unmittelbar in ihrer Hand vereinigt.
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Steuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % (heute 90 %) der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden.
Der Tatbestand erfasst die infolge der Vereinigung der Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft in einer Hand spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veränderte Zuordnung von Grundstücken. Die Vorschrift will die Sachherrschaft erfassen, die jemand hinsichtlich des Gesellschaftsgrundstücks aufgrund der rechtlichen Verfügungsmacht über die Gesellschaftsanteile erlangt.
Die Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG kann dadurch erfolgen, dass sich die Anteile in der Hand des Erwerbers teils unmittelbar und teils mittelbar vereinigen. Der Erwerber erwirbt einen Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar, wenn er zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird. Dies gilt auch für einen Treuhänder, der die sich in seiner Hand vereinigenden Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft für Rechnung seines Auftraggebers (Treugeber) erwirbt, er kann Erwerber im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG sein.
Im Streitfall hatten sich in der Hand der Insolvenzschuldnerin als Treuhänderin gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG 100 % der Anteile an einer GmbH vereinigt. Dieser GmbH gehörte im Zeitpunkt des Anteilserwerbs auch ein Grundstück im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG.
Die Grunderwerbsteuerforderung war auch in der zur Tabelle angemeldeten Höhe berechtigt. Die Insolvenzschuldnerin hatte ‑ von ihrem Standpunkt zunächst zu Recht - keine Erklärung zu den Grundbesitzwerten eingereicht und auch keine konkreten Angaben zu den ihrer Auffassung nach anzusetzenden Werten gemacht. Das FA hatte die Höhe der Grundbesitzwerte geschätzt. Der BFH hielt es aus prozessökonomischen Gründen für ermessensgerecht, das Verfahren nicht nach § 74 FGO auszusetzen, da die Höhe der Bemessungsgrundlage nicht substantiiert bestritten wurde und weder die Insolvenzschuldnerin noch der Kläger bislang eine Feststellungserklärung abgegeben hatten.
Verlag Dr. Otto Schmidt
GrEStG § 1 Abs 3 Nr 1, GrEStG § 8 Abs 2 S 1 Nr 3
FGO § 67, FGO § 74, FGO § 155 S 1
ZPO § 240
InsO § 87
Macht das FA einen festgesetzten, aber noch nicht erfüllten Steuer- oder Haftungsanspruch als Insolvenzforderung geltend und hat der Insolvenzverwalter im Prüfungstermin der angemeldeten Forderung widersprochen, ergibt sich die Befugnis zur Aufnahme des zunächst unterbrochenen Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter aus § 87 i.V.m. § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 2 der Insolvenzordnung. Streitgegenstand ist nicht (mehr) die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids, sondern die Feststellung, ob die zur Tabelle angemeldete Forderung dem Grunde und der Höhe nach begründet und der Widerspruch dagegen berechtigt ist. Dabei handelt es sich um eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung (§ 67 FGO).
Im Streitfall war die zur Insolvenztabelle angemeldete Grunderwerbsteuerforderung dem Grunde und der Höhe nach berechtigt und der Widerspruch des Insolvenzverwalters als Kläger gegen die Forderung unbegründet. Die Insolvenzschuldnerin hatte GmbH - Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unmittelbar in ihrer Hand vereinigt.
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Steuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % (heute 90 %) der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden.
Der Tatbestand erfasst die infolge der Vereinigung der Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft in einer Hand spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veränderte Zuordnung von Grundstücken. Die Vorschrift will die Sachherrschaft erfassen, die jemand hinsichtlich des Gesellschaftsgrundstücks aufgrund der rechtlichen Verfügungsmacht über die Gesellschaftsanteile erlangt.
Die Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG kann dadurch erfolgen, dass sich die Anteile in der Hand des Erwerbers teils unmittelbar und teils mittelbar vereinigen. Der Erwerber erwirbt einen Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar, wenn er zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird. Dies gilt auch für einen Treuhänder, der die sich in seiner Hand vereinigenden Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft für Rechnung seines Auftraggebers (Treugeber) erwirbt, er kann Erwerber im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG sein.
Im Streitfall hatten sich in der Hand der Insolvenzschuldnerin als Treuhänderin gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG 100 % der Anteile an einer GmbH vereinigt. Dieser GmbH gehörte im Zeitpunkt des Anteilserwerbs auch ein Grundstück im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG.
Die Grunderwerbsteuerforderung war auch in der zur Tabelle angemeldeten Höhe berechtigt. Die Insolvenzschuldnerin hatte ‑ von ihrem Standpunkt zunächst zu Recht - keine Erklärung zu den Grundbesitzwerten eingereicht und auch keine konkreten Angaben zu den ihrer Auffassung nach anzusetzenden Werten gemacht. Das FA hatte die Höhe der Grundbesitzwerte geschätzt. Der BFH hielt es aus prozessökonomischen Gründen für ermessensgerecht, das Verfahren nicht nach § 74 FGO auszusetzen, da die Höhe der Bemessungsgrundlage nicht substantiiert bestritten wurde und weder die Insolvenzschuldnerin noch der Kläger bislang eine Feststellungserklärung abgegeben hatten.