14.01.2021

Grunderwerbsteuerbefreiung und Schenkungsauflage

Wendet ein Schenker ein Grundstück zunächst einem Erstbeschenkten zu, mit der Auflage, das Grundstück an einen Dritten zu übertragen, sind beide Rechtsgeschäfte schenkungsteuerrechtlich selbständig zu beurteilen. Die Zusammenschau von Befreiungsvorschriften auf Grundlage fiktiver Gestaltungen findet nicht statt.

Kurzbesprechungen
BFH v. 25.8.2020 - II R 30/18

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2a, § 3 Nr. 2 S. 1, § 3 Nr. 3, § 3 Nr. 6 S. 1, § 5 Abs. 2, GrEStG § 6
AO § 42, § 128 Abs. 1
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 2 AO
BGB § 1589, §§ 783ff


Nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sind von der Besteuerung ausgenommen u.a. Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Ziel und Zweck der Vorschrift ist es, die Doppelbelastung eines Lebenssachverhalts mit Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer zu vermeiden.

Ob eine Schenkung vorliegt, ist nach der jeweils geltenden Fassung des § 7 ErbStG zu beurteilen. Es handelt sich um einen abschließenden Katalog. Die Schenkung unter Auflage nach § 525 BGB gehört zu den Schenkungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ErbStG. Ist Begünstigter der Auflage ein Dritter, so bleibt der ursprüngliche Schenker alleiniger Schenker. Das gilt ohne Weiteres gegenüber dem unmittelbar Beschenkten (Erstbeschenkten). Es gilt aber auch hinsichtlich des Gegenstandes der Auflage gegenüber dem davon begünstigten Dritten (Zweitbeschenkten). Führt nach einer solchen Schenkung der Erstbeschenkte die ihm auferlegte --und aus dem ihm Zugewendeten zu erbringende-- Leistung durch Zuwendung an den Zweitbeschenkten aus, so ist Schenker der Zuwendung an den Zweitbeschenkten nicht der Erstbeschenkte, sondern der ursprüngliche Schenker.

Die in der Auflagenbegünstigung liegende Schenkung ist bei dem Zweitbeschenkten nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG steuerbar. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist im Falle einer solchen Schenkung unter Auflage zugunsten eines Dritten hinsichtlich des Gegenstandes der Auflage nicht anwendbar. Die Vorschrift setzt voraus, dass sich der Grundstückserwerb zwischen Schenker und Bedachtem vollzieht. Das ist bei der Vollziehung einer Schenkungsauflage ausgeschlossen. Der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerb vollzieht sich zwischen dem Erstbeschenkten und dem Zweitbeschenkten. Die Schenkung vollzieht sich zwischen dem ursprünglichen Schenker und dem Zweitbeschenkten. Der Erstbeschenkte und der ursprüngliche Schenker sind definitionsgemäß nie identisch.

Nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen u.a. der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind. § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist auch anwendbar, wenn an dem Grundstücksübertragungsgeschäft Personengesellschaften beteiligt sind, die die Voraussetzungen, die an die Verwandtschaft anknüpfen, als nicht natürliche Personen unmittelbar nicht erfüllen können. Den Personengesellschaften als Gesamthandsgemeinschaften, zu denen auch die KG gehört, können im Rahmen der Befreiungstatbestände im Umfang der Beteiligung die persönlichen Eigenschaften der jeweiligen Gesellschafter zugerechnet werden. Das wird aus dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 2 GrEStG abgeleitet.

Wenn die Leistungsbeziehung in der Grunderwerbsteuer für sich genommen keinen Befreiungstatbestand erfüllt, so kann gleichwohl die Zusammenschau mehrerer Befreiungsvorschriften oder die mehrfache Anwendung derselben Befreiungsvorschrift eine Steuerbefreiung im Wege der Zusammenschau eröffnen, die im Wortlaut der Einzelvorschriften, je für sich allein betrachtet, nicht zum Ausdruck kommt. Die Zusammenschau darf nur an einen real verwirklichten, nicht aber an einen fiktiven Sachverhalt anknüpfen. Sie darf auch nicht zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck hinaus führen. Fälle des Gestaltungsmissbrauchs i.S. des § 42 AO sind ausgeschlossen.

Die Zusammenschau kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Leistungsweg darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären. Im abgekürzten Leistungsweg hat die tatsächliche Ausführung der Leistung für sich genommen keinen Rechtsgrund. Sie kürzt lediglich den mehraktigen Leistungsweg ab, der den schuldrechtlichen Grundverhältnissen entspräche.

Modell des abgekürzten Leistungswegs ist das Dreiecksverhältnis der Anweisung (§§ 783 ff. BGB), in dem der Anweisende den Angewiesenen anweist, eine Leistung nicht an ihn, den Anweisenden, sondern an einen Dritten, den Anweisungsempfänger zu erbringen. Es bestehen Rechtsbeziehungen einerseits zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen im sog. Deckungsverhältnis, andererseits zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger im sog. Valutaverhältnis. Im Verhältnis zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisungsempfänger wird zwar die Leistung tatsächlich erbracht, jedoch besteht kein Grundverhältnis, d.h. kein eigener Rechtsgrund.

Die Schenkung unter Auflage zugunsten eines Dritten enthält hinsichtlich der Auflage einen abgekürzten Leistungsweg. Die Auflage kann jede Leistung zum Gegenstand haben. Ist diese ein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft, kann eine solche Schenkung die Zusammenschau von grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften eröffnen.

Im Streitfall wäre § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auch dann nicht anwendbar, wenn die Auseinandersetzung noch als Erfüllung der Auflage aus dem Schenkungsvertrag anzusehen wäre. Denn der Grundstückserwerb hatte sich nicht zwischen Schenker und Bedachtem vollzogen.

Die Anwendung von § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG war ebenfalls nicht möglich, da die maßgeblichen Personen als Geschwister lediglich in der Seitenlinie verwandt sind.

Der Vorgang war schließlich auch nicht aufgrund einer doppelten Anwendung des § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG im Wege der Zusammenschau steuerbefreit, da insbesondere kein abgekürzter Leistungsweg vorlag.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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