Heimunterbringungskosten können auch nach vorheriger Grundstücksübertragung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden
FG Düsseldorf 29.9.2011, 11 K 2506/09 EKläger erzielte in den Streitjahren 2005 und 2006 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter. Im Jahr 1994 hatte ihm seine damals 77-jährige Tante im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück übertragen. Zugleich behielt sie sich daran einen lebenslänglichen, unentgeltlichen Nießbrauch vor. Der Jahreswert des Nießbrauchsrechts betrug 33.970 DM und der Verkehrswert des Grundbesitzes 475.000 DM. Bis zum Umzug in ein Pflegeheim wohnte die Tante selbst in dem Objekt. Die übrigen fünf Wohnungen wurden vermietet. Die Mieteinnahmen der Tante nahmen allerdings durch Leerstände drastisch ab.
Der Kläger machte die Kosten für die Heimunterbringung seiner im Jahr 2007 verstorbenen Tante i.H.v. 14.590 € (2005) bzw. 13.829 € (2006) als außergewöhnliche Belastungen geltend. Aus entsprechenden Bescheinigungen der Betreiberin des Pflegeheims ging hervor, dass in den Streitjahren neben der Kostenübernahme durch die Pflegekasse (Pflegestufe II) und den Rentenbeträgen insgesamt Zahlungen i.H.v. 22.492 € (2005) bzw. 13.263 € (2006) für die Heimunterbringung geleistet worden waren, von denen 19.864 € (2005) bzw. 7.318 € (2006) auf Zahlungen des Klägers entfielen. Die Differenzbeträge gingen vom Mietkonto der Tante ab.
Das Finanzamt lehnte die Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ab. Es war der Ansicht, dass der Kläger die Unterstützungsbedürftigkeit seiner Tante dadurch adäquat mit verursacht habe, dass er sich deren Vermögen zuvor habe übertragen lassen. Dies stehe der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen entgegen. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Unrecht die vom Kläger gezahlten Heimkosten nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG berücksichtigt.
Die Aufwendungen waren durchaus zwangsläufig erwachsen. Die Tante des Klägers war nicht in der Lage, die Aufwendungen aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Renteneinnahmen reichten nicht aus. Dies war gerade der Grund dafür, warum der Kläger ergänzend herangezogen wurde.
Der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen stand auch nicht das Nießbrauchsrecht entgegen. Es ergaben sich letztlich Kapitalwerte von 12.354 bzw. 17.550. Diese lagen unterhalb bzw. leicht oberhalb der Schädlichkeitsgrenze von 15.500 €. Zudem war aufgrund der insgesamt rückläufigen Erträge aus dem Mietwohngrundstück davon auszugehen, dass der gemeine Wert des Nießbrauchsrechts (§ 14 Abs. 4 BewG) diese Grenze nicht überstieg. Somit hatte das vorbehaltene Nießbrauchsrecht in den Streitjahren keinen Vermögenswert.
Dem stand auch nicht das BFH-Urteil vom 12.11.1996 (Az.: III R 38/95) entgegen. Zwar hatte die Tante dem Kläger das Grundstück im Wege der vorweggenommen Erbfolge übertragen und sich damit eines Teils ihres Vermögens entäußert. Zudem hatte die Tante des Klägers bei der Übertragung bereits das Rentenalter erreicht und ihre Renten- oder sonstigen Versorgungsansprüche waren zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit offensichtlich unzureichend. Dennoch hatte der Kläger die Unterstützungsbedürftigkeit seiner Tante durch die Annahme der Grundstücksübertragung nicht adäquat kausal mit verursacht. Es war vielmehr davon auszugehen, dass die angefallenen Heimunterbringungskosten durch die auf Seiten der Tante angefallene Unterdeckung in erster Linie auf die eingetretene Pflegebedürftigkeit der Tante sowie den Rückgang der Mieterträge zurückzuführen waren.
Dementsprechend wäre die Tante auch ohne die Grundstücksübertragung nicht in der Lage gewesen, die Aufwendungen aus ihren Einkünften zu bestreiten. Vor diesem Hintergrund konnte nicht angenommen werden, dass die Grundstücksübertragung die Unterstützungsbedürftigkeit der Tante verursacht hatte.
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