31.01.2018

Hinterziehungszinsen auf Umsatzsteuer bei Überschusseinkünften

Das FG Baden-Württemberg hat sich mit der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO befasst. Eine Minderung um nicht gezahlte Umsatzsteuer auf hinterzogene, umsatzsteuerpflichtige Überschusseinkünfte kommt danach nicht in Betracht.

FG Baden-Württemberg 13.10.2017, 13 K 1967/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte mit Selbstanzeige vom Oktober 2010 Einkünfte aus einer umsatzsteuerpflichtigen Vermietung für die Jahre 2002 und 2004 bis 2008 nacherklärt. Das Finanzamt erließ daraufhin entsprechend geänderte Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide. Die sich aufgrund der Selbstanzeige ergebenden Umsatzsteuernachzahlungen i.H.v. insgesamt rd. 54.000 € wurden in den Jahren 2010 und 2011 gezahlt. Im Bescheid über die Hinterziehungszinsen auf die hinterzogenen Steuern ermittelte das Finanzamt die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Berücksichtigung von § 11 EStG.

Die Umsatzsteuernachzahlung ließ es daher sowohl bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte und der so hinterzogenen Steuer (insoweit unstreitig) als auch bei der Ermittlung der Höhe der Hinterziehungszinsen unberücksichtigt. Hiergegen wendete die Klägerin ein, bei der Ermittlung der Höhe der festzusetzenden Hinterziehungszinsen seien auch die im jeweiligen Veranlagungszeitraum hinterzogene Umsatzsteuer, welche erst in den Jahren 2010/2011 gezahlt worden sei, einkünftemindernd als Werbungskosten zu berücksichtigen. Anderenfalls käme es zu einer doppelten Festsetzung von Hinterziehungszinsen sowohl auf die hinterzogene Umsatzsteuer als auch auf die hinterzogene Einkommensteuer.

Das FG wies die Klage ab. Die beim BFH anhängige Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird dort unter dem Az. IX B 123/17 geführt.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und somit die Bemessungsgrundlage für die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO zutreffend ermittelt.

Denn bei zutreffender Kenntnis der Sachlage zum Zeitpunkt der Veranlagung - und nur auf diesen Zeitpunkt kommt es an - hätte das Finanzamt anders als im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, 5 EStG die Umsatzsteuer mangels Zahlung aufgrund von § 11 EStG nicht einkünftemindernd berücksichtigen dürfen. Für eine gewinnmindernde Berücksichtigung von (fiktiver) Umsatzsteuer als "Ausgabe" besteht keine Rechtsgrundlage.

Ebenso wenig besteht eine Rechtsgrundlage für eine allenfalls denkbare Berücksichtigung als "fiktive" Werbungskosten. Vielmehr ist im Rahmen der Überschusseinkünfte die abgeführte Umsatzsteuer gem. § 11 EStG erst zum Zeitpunkt ihrer Zahlung als Werbungskosten abzugsfähig.

Der hiergegen erhobene Einwand, bei Offenlegung des umsatzsteuerpflichtigen Vermietungsverhältnisses wäre aufgrund der Voranmeldungen im jeweiligen Jahr auch die entsprechende Umsatzsteuer gezahlt worden, muss demgegenüber als alternativer hypothetischer Kausalverlauf steuer- und steuerstrafrechtlich unbeachtlich bleiben. Denn die reine Fiktion eines nicht gegebenen tatsächlichen Geschehens kann die Strafbarkeit eines tatsächlich verwirklichten Delikts nicht entfallen lassen.

Demgegenüber stellt die vorgebliche "doppelte"" Verzinsung sowohl der Einkommensteuernachzahlung als auch der Umsatzsteuernachzahlung aufgrund der Hinterziehung eine sachgerechte und systemimmanente Abschöpfung der Zinsvorteile der Klägerin aufgrund der Hinterziehung dar. Denn die Klägerin hat sowohl die Vorteile der zu niedrigen Einkommensteuerfestsetzung als auch jene der zu niedrigen Umsatzsteuerfestsetzung genossen. Beide Steuern sind nicht rechtzeitig gezahlt worden und haben somit zu Zinsvorteilen gegenüber dem steuerehrlichen Bürger geführt.

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