06.05.2020

Hinzurechnung von Gehältern zu Pensionsrückstellungen

Es lässt sich aus der - möglicherweise - zu weitgehenden Kürzung des Gewerbeertrages beim persönlich haftenden Gesellschafter nicht die Forderung ableiten, durch eine Minderung der Hinzurechnung bei der Gesellschaft auch noch die - dort sachlich gerechtfertigte - Gewerbeertragsbesteuerung ohne Grund zurückzunehmen. Zudem besteht im Steuerrecht kein Recht auf vollständige und unbedingte Ausnutzung von - wirtschaftlich nicht begründetem - Verlustpotential.

FG München 20.2.2020, 13 K 1151/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die beim beklagten Finanzamt zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer veranlagt wird. Sie war im August 2001 mit steuerlicher Rückwirkung zum 1.1.2001 formwechselnd von der A KG in eine KGaA umgewandelt worden. Gegenstand des Unternehmens ist u.a. das Halten von Mehrheitsbeteiligungen an anderen Firmen, teils als Organträger. Die Klägerin stritt mit dem Finanzamt um die Hinzurechnung von Gehältern (einschl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Sozialabgaben), Tantiemen und Zuführungen zu Pensionsrückstellungen für die Geschäftsführer der Klägerin nach § 8 Nr. 4 GewStG in den Streitjahren 2011 und 2012.

Die Finanzbehörde war der Ansicht, dass als Gewinnanteile, die als Vergütung für die Geschäftsführung an die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA verteilt werden, alle Arten von Vergütungen gelten würden, die die persönlich haftenden Gesellschafter als Gegenleistung für ihre Geschäftsführertätigkeit erhalten. Die Rechtsgrundlage der Vergütungen, Satzung oder Vertrag, sei dabei nicht entscheidend. Die zu berücksichtigenden Vergütungen seien nicht auf gewinnabhängige Vergütungen beschränkt, was aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung als persönlich haftender Gesellschafter folge, die insoweit ein ausreichendes Differenzierungsmerkmal darstelle, um von einem Geschäftsinhaber zu sprechen.

So sei es in der Konsequenz auch unerheblich, ob die persönlich haftenden Gesellschafter als Geschäftsführer oder nur als Angestellte tätig seien. Diese Auslegung sei zum einen aus der Wortfassung, die zum Ausdruck bringe, dass alle Tätigkeitsvergütungen gewerbesteuerlich erfasst werden sollen, gerechtfertigt, und zum anderen müsse die Zurechnung im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG gesehen werden.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, dass die Vergütungen und die Pensionsrückstellungen insgesamt nicht mehr nach § 8 Nr. 4 GewStG zum Gewinn der Klägerin hinzugerechnet werden. Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG zum Gewinn aus Gewerbebetrieb der Klägerin zu Recht vorgenommen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin teilt der erkennende Senat nicht. Eine teleologische Reduktion des § 8 Nr. 4 GewStG dahingehend, dass die Vorschrift keine Anwendung finden soll, wenn eine Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG auf Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters tatsächlich zu keiner steuerlichen Berücksichtigung des Aufwands führen würde, schließt der Senat aus.

Das FG Köln hat sich in seinem Urteil vom 17.8.2006 (6 K 6170/03) ausführlich mit einer teleologischen Reduktion von § 8 Nr. 4 GewStG auseinandergesetzt. In seinem Urteil vom 6.10.2009 (I R 20/09) hat der BFH das Urteil des FG Köln bestätigt und das Konzept der Hinzurechnung und Kürzung von Gewinnanteilen bei der KGaA und ihrem persönlich haftenden Gesellschafter in § 8 Nr. 4 GewStG und § 9 Nr. 2b GewStG für verfassungsgemäß erklärt. Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des BFH und des FG Köln hierzu an.

Eine teleologische Reduktion ist dann angezeigt, wenn eine wortlautgemäße Auslegung einer Vorschrift zu sinnwidrigen Ergebnissen führen würde und der Schluss gerechtfertigt ist, dass der gesetzgeberische Wille planwidrig umgesetzt wurde Dagegen ist es nicht Aufgabe einer teleologischen Reduktion, rechtspolitische Fehler zu korrigieren, d.h. das Gesetz zu verbessern, obwohl es sich - gemessen an seinem Zweck - noch nicht als planwidrig unvollständig oder zu weitgehend erweist.

Es lässt sich aus der - möglicherweise - zu weitgehenden Kürzung des Gewerbeertrages beim persönlich haftenden Gesellschafter nicht die Forderung ableiten, durch eine Minderung der Hinzurechnung bei der Gesellschaft auch noch die - dort sachlich gerechtfertigte - Gewerbeertragsbesteuerung ohne Grund zurückzunehmen. Zudem besteht im Steuerrecht kein Recht auf vollständige und unbedingte Ausnutzung von - wirtschaftlich nicht begründetem - Verlustpotential.
Bayern.Recht
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