Honorareinnahmen eines Rechtsanwalts aus der Bearbeitung eines mehrjährigen Mandats führen nicht zu außerordentlichen Einkünften
BFH 30.1.2013, III R 84/11Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er hatte im Jahr 2003 ein größeres Erbrechtsmandat angenommen und vertrat die Nichte der Erblasserin in einer Erbfeststellungsklage vor dem LG sowie die beiden Mandanten im Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht und als Geschädigte in einem Strafverfahren. Der Kläger verzichtete darauf, Vorschüsse gegenüber der Staatskasse geltend zu machen. Die Vorschüsse hätten sich wegen der im PKH-Recht vorgesehenen Begrenzung des Gegenstandswerts auf maximal 1.018 € belaufen. Vorschussansprüche gegenüber seinen Mandanten machte er schon deswegen nicht geltend, weil diese nicht zahlungsfähig waren.
Nach erfolgreichem Abschluss des Auftrags im Jahr 2006 erhielt der Kläger von seinen Mandanten eine hohe Honorarzahlung. Er sah in dieser Zahlung eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit und beantragte daher die Anwendung der Tarifermäßigung gem. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Dem entsprach das Finanzamt allerdings nicht. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Die Gründe:
Berufsübliche Honorareinnahmen eines Rechtsanwalts führen zu laufenden Gewinnen, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sind.
Nach § 34 Abs. 1 S. 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach besonderen Regeln zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht. Für die Anwendung der bei außerordentlichen Einkünften vorgesehenen Tarifermäßigung reicht es nach ständiger BFH-Rechtsprechung allerdings grundsätzlich nicht aus, dass ein freiberuflich tätiger Steuerpflichtiger für eine mehrjährige Tätigkeit ein berufsübliches Honorar erhält.
Zum Zwecke der Abgrenzung der dem gewöhnlichen Tarif unterliegenden laufenden Einkünfte aus selbständiger Arbeit von den ermäßigt besteuerten außerordentlichen Einkünften sind auch solche Einkünfte, die Ertrag einer mehrjährigen Tätigkeit darstellen, nur dann den außerordentlichen Einkünften zuzuordnen, wenn der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt wird. Infolgedessen handelte es sich bei den Vergütungen im vorliegenden Fall nicht um außerordentliche Einkünfte. Denn der Kläger war weder in einer arbeitnehmerähnlichen Stellung, noch hatte er eine abgrenzbare Sondertätigkeit entfaltet. Er hatte sich auch nicht während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet, sondern vielmehr einen für den Beruf des Rechtsanwalts typischen Auftrag ausgeführt.
An der jahrzehntealten Rechtsprechung, wonach die Anwendung der Tarifermäßigung auf besondere, außergewöhnliche Tätigkeiten beschränkt ist, die von der üblichen Tätigkeit eines Freiberuflers abgrenzbar sein müssen, ist festzuhalten. Zum Zweck der Abgrenzung wurden in der Vergangenheit verschiedene Fallgruppen entwickelt, die im Streitfall jedoch nicht einschlägig waren. Letztlich sind mehrjährige Tätigkeiten bei Rechtsanwälten, Ingenieuren und anderen Freiberuflern jedoch nicht unüblich und eine Tarifglättung wird allein schon durch die Häufigkeit und Regelmäßigkeit, mit der mehrjährige Aufträge angenommen, abgewickelt und abgerechnet werden, bewirkt.
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