13.02.2013

Im Unternehmenskaufvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot kann als Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nicht steuerbar sein

Zu den "Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung" i.S.v. § 1 Abs. 1a S. 1 UStG zählen alle in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang bewirkten Einzelleistungen. Das in einem Unternehmenskaufvertrag betreffend einen ambulanten Pflegedienst vereinbarte Wettbewerbsverbot kann als Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nicht steuerbar sein.

BFH 29.8.2012, XI R 1/11
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob ein im Unternehmenskaufvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot einen nicht steuerbaren Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a S. 1 UStG darstellt oder als sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 i.V.m. § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG steuerbar ist.

Die im Jahr 1991 in der Rechtsform einer GbR gegründete Klägerin betrieb einen ambulanten Pflegedienst. Sie führte nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG umsatzsteuerfreie Umsätze aus. Gesellschafterinnen waren L und N. Im April 2002 veräußerte die Klägerin das gesamte Unternehmen an den Pflegedienst B. Der Unternehmenskaufvertrag beinhaltete in § 9 ein Konkurrenzverbot:

"Die Verkäuferin verpflichtet sich, in einem Umkreis von 100 km kein Unternehmen im Bereich der Kranken- und Altenpflege zu betreiben. Das Konkurrenzverbot gilt für zwei Jahre. Zum Ausgleich für das vereinbarte Konkurrenzverbot ist der Käufer verpflichtet, an die Verkäuferin einen Betrag zu bezahlen. Der Anspruch der Verkäuferin gegen den Käufer ist durch Zahlung des Kaufpreises erfüllt, da dieser den Betrag für das Konkurrenzverbot bereits mit enthält."

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass § 9 des Unternehmenskaufvertrags ein Entgelt für ein Wettbewerbsverbot enthalte, das umsatzsteuerrechtlich eine sonstige Leistung darstelle und nicht unter den Begriff der Geschäftsveräußerung im Ganzen falle. Es setzte im Umsatzsteuerbescheid für 2002 (Streitjahr) entsprechend erhöhte Umsatzsteuer gegen die Klägerin fest.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Im Ergebnis zu Recht hat das FG das im Unternehmenskaufvertrag unter § 9 vereinbarte Konkurrenzverbot als nicht steuerbaren Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung i.S.v. § 1 Abs. 1a UStG angesehen.

Die Übernahme des Pflegedienstes der Klägerin als solchen durch die Erwerberin B stellt unstreitig eine Geschäftsveräußerung i.S.v. § 1 Abs. 1a UStG dar. Zu den "Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung" i.S.v. § 1 Abs. 1a S. 1 UStG zählen alle in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang bewirkten Einzelleistungen. Dabei ist für die Feststellung, ob ein Geschäft unter den Begriff der Übertragung eines Gesamtvermögens im Sinne der Richtlinie 77/388/EWG fällt, eine Gesamtwürdigung der für das betreffende Geschäft kennzeichnenden tatsächlichen Umstände vorzunehmen und der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, besondere Bedeutung zuzumessen.

Das FG hat zu Recht angenommen, dass das im Streitfall im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot dazu dient, der übernehmenden B die Fortführung des übertragenen ambulanten Pflegedienstes zu ermöglichen und deshalb in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung steht. Nach der Würdigung des FG "kommt im vorliegenden Einzelfall dem von der Klägerin mit dem Erwerber vereinbarten Konkurrenzverbot keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Zwar trifft es zu, dass im Kaufvertrag ein Entgelt für das Wettbewerbsverbot gesondert ausgewiesen ist, welches allerdings mit dem Gesamtkaufpreis abgegolten sein soll.

Nach Auffassung des Senats ist die Verpflichtung der Klägerin, dem Erwerber 'keine Konkurrenz zu machen', aber dennoch als einer der Umsätze im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG anzusehen. Dem gesonderten Ausweis eines Betrages für das Konkurrenzverbot kommt vorliegend nur eine nachrangige Bedeutung zu. Ansonsten könnten Veräußerer und Käufer allein durch den (Nicht-)Ausweis eines gesonderten Entgelts die steuerliche Behandlung der Übertragung des Konkurrenzverbots steuern.

Für die Frage, ob dem vereinbarten Konkurrenzverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, ist vielmehr entscheidend, ob dieses dem Übernehmer die Fortführung des Betriebs ermöglicht. Bei einem ambulanten Pflegedienst, wie es das von der Klägerin übertragene Unternehmen darstellt, kommt den immateriellen Wirtschaftsgütern eine wesentliche Bedeutung zu. Für den Übernehmer ist es entscheidend, ob er den Betrieb auf Dauer mit Gewinn fortführen kann. Dabei ist für ihn i.d.R. die Fortführung des bisherigen Namens wesentlich sowie das Vorhandensein von Patienten (Kundenstamm). Ferner ist auch die Vereinbarung eines Konkurrenzverbots für die Fortführung des Betriebs von Bedeutung.

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