Inhalt eines Wirkhinweises
Kurzbesprechung
BFH v. 15.7.2021 - II R 38/19
BewG § 19, § 22, § 23, § 25, § 132
AO § 1 Abs 2 Nr. 4, § 118, § 128, § 157 Abs 2, § 169 Abs 2, § 171 Abs 3a, § 171 Abs 10, § 179, § 181 Abs 3, § 181 Abs 5 S 2, § 367
Der Steuerpflichtige ist aufgrund eines Erbfalls 1978 Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Land Brandenburg geworden. Der letzte Einheitswertbescheid war auf den 01.01.1942 ergangen. Auf dessen Grundlage setzte die Gemeinde für die Jahre von 1995 bis 2014 Grundsteuer gegen den Kläger fest, die dieser auch entrichtete.
Das FA, durch die Gemeinde auf den Sachverhalt aufmerksam gemacht, rechnete mit Bescheid vom 02.11.2017 im Wege der Zurechnungsfortschreibung auf den 01.01.1991 ohne Änderung von Art- und Wertfeststellung das Grundstück dem Steuerpflichtigen zu. Einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO oder einen anderen Hinweis auf eine zeitlich beschränkte Geltung enthielt dieser Bescheid nicht. Zugleich erging ein Grundsteuermessbescheid als Neuveranlagung auf den 01.01.1991. Unter "Erläuterungen" ist ausgeführt, wegen Eintritts der Verjährung gelte der festgesetzte Steuermessbetrag erst ab 01.01.2013. Die Neuveranlagung beruhe auf dem Fortfall einer in der Deutschen Demokratischen Republik fortgeltenden Ermäßigung des Grundsteuermessbetrags.
Mit seinem Einspruch machte der Steuerpflichtige geltend, die Fortschreibung habe auf den 01.01.1979 erfolgen müssen. Die Änderung auf den 01.01.1991 verstoße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes. Einspruch und nachfolgend eingelegt Klage blieben erfolglos.
Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.
Der Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO hat Regelungscharakter i. S. von § 118 AO. Er bestimmt den zeitlichen Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen und wirkt damit rechtsgestaltend auf das Steuerrechtsverhältnis ein. Enthält der Bescheid den Hinweis nicht, ist er rechtswidrig. Wird ein Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erteilt, bedarf es dafür keiner Prüfung der Verjährung des maßgebenden Folgebescheids. Bei Erlass eines Einheitswertbescheids unter Beifügung eines Wirkhinweises ist insbesondere nicht zu prüfen, ob die insoweit maßgebende Grundsteuer verjährt ist.
Eine Entscheidung mit Regelungscharakter i. S. von § 118 AO über die Frage, ob Verjährung in der Grundsteuer eingetreten ist, ist im Rahmen des Einheitswertbescheids mit Wirkhinweis nicht nur nicht geboten, sondern unzulässig.
Es ist unzulässig, einen Wirkhinweis im Grundlagenbescheid nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO allein durch eine konkrete Zeitangabe zu der vermeintlichen Verjährung im Folgebescheidsverfahren zu gestalten. Geschieht dies dennoch und ist der Bescheid für sich genommen in verjährter Zeit ergangen, ist er insgesamt rechtswidrig.
Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, einen Hinweis in der Art aufzunehmen, dass die Feststellung für noch nicht verjährte Folgebescheide von Bedeutung ist, oder eine ähnliche an das Gesetz angelehnte Formulierung zu wählen. Eine Entscheidung über die Frage, für welche Folgebescheide die Feststellung tatsächlich von Bedeutung ist, ist nicht zu treffen und ersetzt den Wirkhinweis nicht.
Nach diesen Maßstäben hatte das FG im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die angefochtenen Bescheide wegen Eintritts der Feststellungsverjährung rechtswidrig und ersatzlos aufzuheben sind. Der Einheitswert war zwar nach § 132 Abs. 1 BewG sachlich zutreffend auf den 1.1.1991 festgestellt. Die Bescheide sind jedoch nach dem 31.12.1995 und damit nach Ablauf der Feststellungsverjährung ergangen. Die reguläre Verjährungsfrist war zu diesem Datum abgelaufen. Hemmungstatbestände sind nicht ersichtlich. Ein ordnungsgemäßer Wirkhinweis i. S. von § 181 Abs. 5 Satz 2 AO fehlte. Die dem Grundsteuermessbescheid beigefügten Erläuterungen sind nicht Teil des Einheitswertbescheids und hätten die Wirkung des § 181 Abs. 5 Satz 2 AO auch ebenso wenig entfalten können wie es der schließlich der Einspruchsentscheidung beigegebene Hinweis vermochte. Statt wie erforderlich einen Hinweis darauf zu erteilen, dass die Feststellung nur für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist, hat der Bescheid den seitens des FA für zutreffend erachteten Zeitraum selbst benannt. Das entspricht nicht den Anforderungen an einen Wirkhinweis.
Verlag Dr. Otto Schmidt
BewG § 19, § 22, § 23, § 25, § 132
AO § 1 Abs 2 Nr. 4, § 118, § 128, § 157 Abs 2, § 169 Abs 2, § 171 Abs 3a, § 171 Abs 10, § 179, § 181 Abs 3, § 181 Abs 5 S 2, § 367
Der Steuerpflichtige ist aufgrund eines Erbfalls 1978 Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Land Brandenburg geworden. Der letzte Einheitswertbescheid war auf den 01.01.1942 ergangen. Auf dessen Grundlage setzte die Gemeinde für die Jahre von 1995 bis 2014 Grundsteuer gegen den Kläger fest, die dieser auch entrichtete.
Das FA, durch die Gemeinde auf den Sachverhalt aufmerksam gemacht, rechnete mit Bescheid vom 02.11.2017 im Wege der Zurechnungsfortschreibung auf den 01.01.1991 ohne Änderung von Art- und Wertfeststellung das Grundstück dem Steuerpflichtigen zu. Einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO oder einen anderen Hinweis auf eine zeitlich beschränkte Geltung enthielt dieser Bescheid nicht. Zugleich erging ein Grundsteuermessbescheid als Neuveranlagung auf den 01.01.1991. Unter "Erläuterungen" ist ausgeführt, wegen Eintritts der Verjährung gelte der festgesetzte Steuermessbetrag erst ab 01.01.2013. Die Neuveranlagung beruhe auf dem Fortfall einer in der Deutschen Demokratischen Republik fortgeltenden Ermäßigung des Grundsteuermessbetrags.
Mit seinem Einspruch machte der Steuerpflichtige geltend, die Fortschreibung habe auf den 01.01.1979 erfolgen müssen. Die Änderung auf den 01.01.1991 verstoße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes. Einspruch und nachfolgend eingelegt Klage blieben erfolglos.
Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.
Der Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO hat Regelungscharakter i. S. von § 118 AO. Er bestimmt den zeitlichen Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen und wirkt damit rechtsgestaltend auf das Steuerrechtsverhältnis ein. Enthält der Bescheid den Hinweis nicht, ist er rechtswidrig. Wird ein Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erteilt, bedarf es dafür keiner Prüfung der Verjährung des maßgebenden Folgebescheids. Bei Erlass eines Einheitswertbescheids unter Beifügung eines Wirkhinweises ist insbesondere nicht zu prüfen, ob die insoweit maßgebende Grundsteuer verjährt ist.
Eine Entscheidung mit Regelungscharakter i. S. von § 118 AO über die Frage, ob Verjährung in der Grundsteuer eingetreten ist, ist im Rahmen des Einheitswertbescheids mit Wirkhinweis nicht nur nicht geboten, sondern unzulässig.
Es ist unzulässig, einen Wirkhinweis im Grundlagenbescheid nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO allein durch eine konkrete Zeitangabe zu der vermeintlichen Verjährung im Folgebescheidsverfahren zu gestalten. Geschieht dies dennoch und ist der Bescheid für sich genommen in verjährter Zeit ergangen, ist er insgesamt rechtswidrig.
Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, einen Hinweis in der Art aufzunehmen, dass die Feststellung für noch nicht verjährte Folgebescheide von Bedeutung ist, oder eine ähnliche an das Gesetz angelehnte Formulierung zu wählen. Eine Entscheidung über die Frage, für welche Folgebescheide die Feststellung tatsächlich von Bedeutung ist, ist nicht zu treffen und ersetzt den Wirkhinweis nicht.
Nach diesen Maßstäben hatte das FG im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die angefochtenen Bescheide wegen Eintritts der Feststellungsverjährung rechtswidrig und ersatzlos aufzuheben sind. Der Einheitswert war zwar nach § 132 Abs. 1 BewG sachlich zutreffend auf den 1.1.1991 festgestellt. Die Bescheide sind jedoch nach dem 31.12.1995 und damit nach Ablauf der Feststellungsverjährung ergangen. Die reguläre Verjährungsfrist war zu diesem Datum abgelaufen. Hemmungstatbestände sind nicht ersichtlich. Ein ordnungsgemäßer Wirkhinweis i. S. von § 181 Abs. 5 Satz 2 AO fehlte. Die dem Grundsteuermessbescheid beigefügten Erläuterungen sind nicht Teil des Einheitswertbescheids und hätten die Wirkung des § 181 Abs. 5 Satz 2 AO auch ebenso wenig entfalten können wie es der schließlich der Einspruchsentscheidung beigegebene Hinweis vermochte. Statt wie erforderlich einen Hinweis darauf zu erteilen, dass die Feststellung nur für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist, hat der Bescheid den seitens des FA für zutreffend erachteten Zeitraum selbst benannt. Das entspricht nicht den Anforderungen an einen Wirkhinweis.