05.08.2013

Insolvenztreuhändervergütungen können außergewöhnliche Belastungen darstellen

Vergleichbar dem Zivilprozessverfahren bietet der Staat bei Überschuldung von Bürgern mit dem Verbraucherinsolvenzverfahren ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger und zur anschließenden Entschuldung an. Die Inanspruchnahme dieses Verfahrens kann nicht als mutwillig oder leichtfertig angesehen werden, weshalb die gezahlten Treuhändervergütungen als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können.

FG Köln 23.5.2013, 6 K 2216/08
Der Sachverhalt:
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2006 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, gesetzlichen und betrieblichen Renten sowie Vermietung und Verpachtung. Letztere beruhten auf der Vermietung von drei Eigentumswohnungen. Diese waren fremdfinanziert. Da die Mieteinnahmen nicht ausreichend waren, um die laufenden Kosten einschließlich der Annuitäten für die aufgenommenen Darlehen zu decken, geriet der Kläger in Zahlungsschwierigkeiten, die dazu führten, dass für die Wohnungen die Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung angeordnet wurde. Außerdem wurde auf Antrag des Klägers das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet.

Nach Vollzug der Schlussverteilung wurde das Insolvenzverfahren wieder aufgehoben. Der Insolvenztreuhänder erhielt für seine Tätigkeit aus der Masse eine Vergütung i.H.v. 28.272 €. Dem Kläger wurde nach Ablauf der sog. Wohlverhaltensphase Restschuldbefreiung erteilt. Für seine Tätigkeit in diesem Verfahren erhielt der Treuhänder eine weitere Vergütung i.H.v. 3.514 €. Der Kläger reichte die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beim Finanzamt ein. Er beantragte, die an den Treuhänder gezahlten Vergütungen entweder als Werbungskosten oder als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen. Diesen Antrag wies das Finanzamt ab.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: VI R 47/13 anhängig.

Die Gründe:
Zwar hatte das Finanzamt zu Recht den Abzug der an den Insolvenztreuhänder gezahlten Vergütung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt. Begründet war die Klage allerdings insoweit, als der Kläger die Berücksichtigung der gezahlten Treuhändervergütung als außergewöhnliche Belastung beantragt hatte.

Während der BFH in früherer ständiger Rechtsprechung die Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nur im Ausnahmefall bejaht hatte, erkannte er durch Urteil vom 12.5.2011 (Az.: VI R 42/10) an, das Zivilprozesskosten mit Rücksicht auf das staatliche Gewaltmonopol Kläger wie Beklagtem unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Unausweichlich seien derartige Aufwendungen jedoch nur, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe, wenn also die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt habe.

Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat nun auch auf Treuhändervergütungen angewandt. Denn vergleichbar dem Zivilprozessverfahren bietet der Staat bei Überschuldung eines Bürgers mit dem Verbraucherinsolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger und zur anschließenden Entschuldung an. Die Inanspruchnahme dieses Verfahrens ist für den Bürger der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen, und kann daher nicht als mutwillig oder leichtfertig angesehen werden. Auf den Grund, weshalb es zur Insolvenz gekommen ist, kommt es dabei genauso wenig an, wie auf die Frage der Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zu Grunde liegenden Ereignisses.

Da die Reichweite der durch das BFH-Urteil vom 12.5.2011 eingeleiteten Rechtsprechungsänderung und deren Übertragung auf die vorliegend streitbefangene Treuhändervergütung grundsätzliche Bedeutung hat, wurde die Revision zugelassen.

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