13.03.2012

Ist die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten verfassungswidrig?

Die Vorschriften gem. § 8 Nr. 1a, d u. e GewStG über die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten können gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes verstoßen. Diese Ansicht vertritt das FG Hamburg, weswegen es nun eine einschlägige Sache dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt hat.

FG Hamburg 29.2.2012, 1 K 138/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte die für ihren Tankstellenbetrieb wesentlichen Wirtschaftsgüter gepachtet. Die Pachtzinsen wurden im Rahmen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als Betriebsausgaben berücksichtigt und minderten den zu versteuernden Gewinn. Bei der Gewerbesteuer rechnete das Finanzamt allerdings wieder die Beträge dem Gewinn hinzu, um die Gewerbesteuer zu berechnen. Hiergegen wandte sich die Klägerin.

Das FG hat das Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die ab dem Jahr 2008 wesentlich geänderte gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 GG vereinbar ist.

Die Gründe:
Die Vorschriften gem. § 8 Nr. 1a, d u. e GewStG über die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten können gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes verstoßen.

Im Bereich des Steuerrechts fordert dieser nämlich eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Diese ist wiederum unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 GG zu bestimmen. Erwirtschafte der Gewerbetreibende demnach mit seinem Betrieb einen Ertrag und wird dieser besteuert, ohne Aufwendungen - wie etwa hier die Pachtzinsen - zu berücksichtigen, wird das sog. Ist-Leistungsfähigkeitsprinzip verletzt.

Solch eine Verletzung kann zwar gerechtfertigt sein oder es kann auch eine Besteuerung der bloßen Soll-Leistungsfähigkeit bzw. des Eigentumsbestandes möglich sein. Jedoch müssen in solchen Fällen entsprechende Rechtfertigungsgründe vorliegen, die dem verfassungsrechtlichen Leistungsfähigkeitsprinzip mindestens gleichrangig sind. Die bisher angenommenen Rechtfertigungsgründe (etwa Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, Äquivalenzprinzip, Gleichstellung des Fremdkapitaleinsatzes mit dem Eigenkapitaleinsatz) sind unzureichend. Gleiches gilt für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen.

Die 2008 in Kraft getretene Regelung, nach der die Gewerbesteuer selbst keine bei der Gewinnermittlung abziehbare Betriebsausgabe mehr ist, ist hingegen trotz verfassungsrechtlicher Zweifel anwendbar.

FG Hamburg PM v. 12.3.2012
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