03.02.2012

Kapitalabfindungen aus berufständischen Versorgungseinrichtungen stellen steuerpflichtige Einkünfte dar

Kapitalabfindungen aus berufständischen Versorgungseinrichtungen sind als "andere Einkünfte" i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3a) aa) EStG und somit als steuerpflichtige Einkünfte anzusehen. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers sollten von diesem Tatbestandsmerkmal auch Teilkapitalisierungen erfasst sein, da diese anderenfalls nicht steuerbar wären.

FG Düsseldorf 18.1.2012, 15 K 1556/11 E
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger im März 2009 von seiner berufsständischen Versorgungseinrichtung eine einmalige Kapitalleistung i.H.v. rund 350.642 €. Außerdem bezog er im Zeitraum März bis Dezember 2009 ein vorgezogenes Altersruhegeld i.H.v. 2.420 €. Das Finanzamt erfasste 58 % der Kapitalabfindung (203.372 €) als steuerpflichtige Einkünfte.

Hiergegen wandte sich der Kläger. Er war der Ansicht, die Kapitalabfindung sei nicht steuerpflichtig. Es handele sich weder um eine Leibrente i.Sv. § 22 Nr. 1 S. 1 EStG noch um eine andere Leistung i.S.v. § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG, weil die Kapitalabfindung eine Einmalzahlung und keinen wiederkehrenden Bezug darstelle. Darüber hinaus stelle die Besteuerung eine unzulässige echte Rückwirkung dar und verstoße zum Teil gegen das Verbot der Doppelbesteuerung.

Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die Kapitalabfindung an den Kläger sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach der zutreffenden Besteuerung unterworfen.

Die Teilkapitalleistung war als "andere Leistung" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen i.S.v. § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG anzusehen. Der Begriff der anderen Leistungen ist durch das AlteinkG vom 5.7.2004 in Nr. 1 S. 3 eingefügt worden. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers sollten von diesem Tatbestandsmerkmal auch Teilkapitalisierungen erfasst sein, da diese anderenfalls nicht steuerbar wären. Soweit die Kläger unter Hinweis auf eine in der Literatur vertretene Auffassung (etwa Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach) vorgetragen hatten, dass vom Gesetzeswortlaut nur wiederkehrende Bezüge umfasst seien, zu denen Einmalzahlungen nicht bzw. jedenfalls nicht durch die hiesige Gesetzesdefinition deklariert werden könnten, so folgte der Senat dem nicht.

Es war vielmehr davon auszugehen, dass "andere Leistungen" i.S.d. 2. Alt. der Vorschrift im Gegensatz zu Leibrenten lt. der 1. Alt. der Bestimmung nicht wiederkehrend sein müssen, weil es nach der gesetzgeberischen Konzeption auf die äußere Form der Zahlung nicht ankommt. Aus diesem Grund war auch der vom Finanzamt zugrunde gelegte Besteuerungsanteil von 58 % zutreffend. Diesen Wert sieht § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG für einen Rentenbeginn ab dem Jahr 2009 vor.

Es handelte sich hierbei auch nicht um eine echte, sondern lediglich um eine unechte Rückwirkung, da die steuerliche Belastung der Renteneinkünfte erst ab dem 1.1.2005, d.h. nach Verkündung der Norm am 9.7.2004 eintrat. Nach der BFH-Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des AlteinkG zudem innerhalb der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Vertrauensschutzes gehalten. Zwar ergab sich die einkommensteuerliche Belastung der Renteneinkünfte aufgrund des Systemwechsels erst nach Verkündung des AltEinkG. Der Kläger hatte aber bereits in Vorjahren die entsprechenden Altersvorsorgeaufwendungen geleistet. Es lag somit Dispositionen des Klägers vor, die bereits abschließend vollzogen worden waren und nicht mehr geändert werden konnten.

Letztlich konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Besteuerung der Kapitalabfindung mit einem Besteuerungsanteil von 58 % einen (teilweisen) Verstoß gegen das Verbot der Doppelbesteuerung beinhaltete. Eine unberechtigte Zweifachbesteuerung liegt nämlich erst vor, wenn die Rentenversicherungsbeiträge aus versteuertem Einkommen die steuerfreien Renteneinkünfte übersteigen. Stellte man hier allerdings den steuerfreien Teil der Kapitalabfindung (42 % von 350.642 € = 147.269 €) den aus versteuertem Einkommen geleisteten Beitragszahlungen von 123.664 € gegenüber, dann lag nach diesem Maßstab keine Doppelbesteuerung vor.

Linkhinweis:

FG Düsseldorf Newsletter v. 3.2.2012
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