Kapitalabfindungen berufsständischer Versorgungswerke sind seit 2005 steuerpflichtig
BFH 23.10.2013, X R 3/12Der Kläger erhielt im März 2009 vom Versorgungswerk der Apothekerkammer Nordrhein eine einmalige Kapitalabfindung i.H.v. 350.000 €. Ferner bezog er seitdem ein vorgezogenes monatliches Altersruhegeld i.H.v. 242 €.
Das Finanzamt besteuerte sowohl die Kapitalleistung als auch die Rentenzahlungen gem. § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) S. 3 EStG mit einem Besteuerungsanteil von 58 %. Der Kläger war hingegen der Auffassung, die Kapitalzahlung sei nicht steuerpflichtig. Es handele sich weder um eine Leibrente noch um eine andere Leistung i.S.v. § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG, da sie eine Einmalzahlung und keinen wiederkehrenden Bezug darstelle. Die Vorschrift müsse im Kontext mit S. 1 gesehen werden, der nur "Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen" erfasse. Das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) vom 5.7.2004 habe daran nichts geändert.
Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und änderte den Einkommensteuerbescheid 2009 ab.
Die Gründe:
Das FG hatte zwar zu Recht die Entscheidung des Finanzamtes nicht beanstandet, die vom Kläger bezogene Kapitalzahlung mit einem Besteuerungsanteil von 58 % zu besteuern. Zu Unrecht hatte es aber die Anwendung des § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG abgelehnt.
Kapitalabfindungen, die von berufsständischen Versorgungswerken ihren Versicherten gewährt werden, sind steuerpflichtig, wenn sie ab dem 1.1.2005, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AltEinkG, dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Seitdem werden die einmaligen Leistungen ebenso wie die laufenden Renten der berufsständischen Versorgungswerke mit dem sog. Besteuerungsanteil, der 50 % im Jahr 2005 betrug und der jährlich ansteigt, der Besteuerung unterworfen. Vor Inkrafttreten des AltEinkG konnte die Kapitalleistung demgegenüber in den meisten Fällen steuerfrei vereinnahmt werden.
Die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte ist ausdrücklich auch auf andere als lediglich laufende Rentenleistungen, und damit auch auf einmalige Zahlungen, anzuwenden, die nach dem 31.12.2004 zugeflossen sind. Für eine Einschränkung dieser Vorschrift besteht keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit. Die auf der Neuregelung beruhende Steuerpflicht entspricht dem Sinn und Zweck der neugeregelten Alterseinkünftebesteuerung mit dem Übergang zur nachgelagerten Besteuerung und verletzt weder den Gleichheitssatz noch verstößt sie gegen das Rückwirkungsverbot.
Da aber für den Bereich der Basisversorgung lediglich Rentenzahlungen typisch sind und die Versorgungswerke nur Abfindungen zahlen dürfen, die auf vor 2005 bezahlten Beiträgen beruhen, war eine atypische Zusammenballung von Einkünften zu bejahen und insoweit auf die Kapitalleistung die Fünftelregelung gem. § 34 EStG anzuwenden.
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