Kein Arbeitslohn bei Nachentrichtung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung aufgrund von Sammelbescheiden
FG Köln v. 24.1.2020 - 1 K 1041/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin besteuerte seit 2007 Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer auf ihren Antrag hin pauschal nach § 37b EStG. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um Kosten für Veranstaltungen der Klägerin, wie die Kosten einer Band bei einem "Get Together" bei einer Schulungsveranstaltung. Bis heute gibt es bei der Klägerin keine Prozesse zur Individualisierung/Verteilung der Kosten auf die einzelnen Teilnehmer.
Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass es sich bei den pauschal besteuerten Sachzuwendungen nicht um sozialversicherungspflichtiges Entgelt der Arbeitnehmer handelte und führte hierauf keine Sozialversicherungsbeiträge ab. Auch in Kenntnis der Ergänzung von § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV um Nr. 14 zum 01.01.2009 änderte sie ihr Vorgehen nicht. Um eine konzerneinheitliche sozialversicherungsrechtliche Behandlung pauschal versteuerter Sachzuwendungen an Arbeitnehmer herbeizuführen, traf die Konzernmutter der Klägerin mit der DRV Bund eine schriftliche Vereinbarung, wonach die Zuwendungen nicht individuell den betroffenen Lohnkonten zugerechnet werden, sondern die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge über pauschalierte Summenbescheide gem. § 28 f Abs. 2 SGB IV erfolgt.
Nach einer Lohnsteueraußenprüfung bei der Klägerin für den Zeitraum 2012 bis 2014 erließ das Finanzamt einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie u.a. nach § 40 EStG der einen Gesamtbetrag von 604.068 € auswies. Die Klägerin war hingegen der Ansicht, dass es am erforderlichen Zufluss eines geldwerten Vorteils i.S.v. § 11 EStG fehle und damit kein Lohn gem. § 38 EStG vorliege. Vielmehr bestehe die "Bereicherung" alleine darin, dass die Klägerin ihren gegenüber dem Arbeitnehmer bestehenden Aufrechnungsanspruch aufgrund von § 28 g Satz 3 und Satz 4 SGB IV nicht mehr durchsetzen könne. Dies stelle keine eigenständige Lohnzahlung dar.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: VI R 27/20 anhängig.
Die Gründe:
Soweit der Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid auf den Prüfungsfeststellungen "Übernahme von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung durch pauschale Beitragsentrichtungen an die Sozialversicherungsträger" beruhte, war dieser rechtswidrig.
Die streitigen Zahlungen der Klägerin führten zu keinem Arbeitslohn im Nachforderungszeitraum Januar 2012 bis Dezember 2014. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 2 Abs. 1 LStDV gehören zum Arbeitslohn alle Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst dem Arbeitnehmer zufließen. Durch die Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung hatten die Arbeitnehmer der Klägerin keinen solchen Vorteil erlangt. Hierzu hätte es beim Arbeitnehmer zu einer objektiven wirtschaftlichen Bereicherung kommen müssen. Diese lag hier aufgrund der Besonderheit eines Summenbescheides nach § 28 f Abs. 2 SGB IV jedoch nicht vor.
Hier war wegen der (pauschalen) Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge anhand der gezahlten Arbeitsentgelte (Lohnsummen) keine individuelle Zuordnung der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte auf die einzelnen Arbeitnehmer möglich. Da sich aber gerade nach den Arbeitsentgelten teilweise die Höhe der späteren Leistungen an den Arbeitnehmer richten, führte die Zahlung auf Summenbescheide bei ihm zu keinem wirtschaftlichen Vorteil.
Dieser rechtlichen Beurteilung steht auch die BFH-Rechtsprechung nicht entgegen, nach der die Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile auf Seiten der Arbeitnehmer zu einem zusätzlichen geldwerten Vorteil führt (BFH-Urt. v. 13.9.2007, VI R 54/03. Denn in dem dort entschiedenen Fall erfolgte die Nachentrichtung nicht aufgrund eines Summenbescheides nach § 28 f Abs. 2 SGB IV. Vielmehr stellte der BFH darauf ab, dass dem Arbeitnehmer nicht anders als nach einem ordnungsgemäßen Beitragsabzug ein eigener Anspruch auf Leistung zustehe. Der Vorgang stelle sich damit wirtschaftlich so dar, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt habe und der Arbeitnehmer sie zum Zwecke der Zukunftssicherung verwandt habe. Dies ist aber mangels eines eigenen Leistungsanspruchs des Arbeitnehmers bei einem Summenbescheid gerade nicht der Fall.
Trotzdem war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob die Nachentrichtung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung aufgrund von Summenbescheiden nach § 28 f SGB IV zu Arbeitslohn führt, die Revision zum BFH zuzulassen.
FG Köln online
Die Klägerin besteuerte seit 2007 Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer auf ihren Antrag hin pauschal nach § 37b EStG. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um Kosten für Veranstaltungen der Klägerin, wie die Kosten einer Band bei einem "Get Together" bei einer Schulungsveranstaltung. Bis heute gibt es bei der Klägerin keine Prozesse zur Individualisierung/Verteilung der Kosten auf die einzelnen Teilnehmer.
Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass es sich bei den pauschal besteuerten Sachzuwendungen nicht um sozialversicherungspflichtiges Entgelt der Arbeitnehmer handelte und führte hierauf keine Sozialversicherungsbeiträge ab. Auch in Kenntnis der Ergänzung von § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV um Nr. 14 zum 01.01.2009 änderte sie ihr Vorgehen nicht. Um eine konzerneinheitliche sozialversicherungsrechtliche Behandlung pauschal versteuerter Sachzuwendungen an Arbeitnehmer herbeizuführen, traf die Konzernmutter der Klägerin mit der DRV Bund eine schriftliche Vereinbarung, wonach die Zuwendungen nicht individuell den betroffenen Lohnkonten zugerechnet werden, sondern die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge über pauschalierte Summenbescheide gem. § 28 f Abs. 2 SGB IV erfolgt.
Nach einer Lohnsteueraußenprüfung bei der Klägerin für den Zeitraum 2012 bis 2014 erließ das Finanzamt einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Bergmannsprämie u.a. nach § 40 EStG der einen Gesamtbetrag von 604.068 € auswies. Die Klägerin war hingegen der Ansicht, dass es am erforderlichen Zufluss eines geldwerten Vorteils i.S.v. § 11 EStG fehle und damit kein Lohn gem. § 38 EStG vorliege. Vielmehr bestehe die "Bereicherung" alleine darin, dass die Klägerin ihren gegenüber dem Arbeitnehmer bestehenden Aufrechnungsanspruch aufgrund von § 28 g Satz 3 und Satz 4 SGB IV nicht mehr durchsetzen könne. Dies stelle keine eigenständige Lohnzahlung dar.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: VI R 27/20 anhängig.
Die Gründe:
Soweit der Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid auf den Prüfungsfeststellungen "Übernahme von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung durch pauschale Beitragsentrichtungen an die Sozialversicherungsträger" beruhte, war dieser rechtswidrig.
Die streitigen Zahlungen der Klägerin führten zu keinem Arbeitslohn im Nachforderungszeitraum Januar 2012 bis Dezember 2014. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 2 Abs. 1 LStDV gehören zum Arbeitslohn alle Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst dem Arbeitnehmer zufließen. Durch die Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung hatten die Arbeitnehmer der Klägerin keinen solchen Vorteil erlangt. Hierzu hätte es beim Arbeitnehmer zu einer objektiven wirtschaftlichen Bereicherung kommen müssen. Diese lag hier aufgrund der Besonderheit eines Summenbescheides nach § 28 f Abs. 2 SGB IV jedoch nicht vor.
Hier war wegen der (pauschalen) Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge anhand der gezahlten Arbeitsentgelte (Lohnsummen) keine individuelle Zuordnung der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte auf die einzelnen Arbeitnehmer möglich. Da sich aber gerade nach den Arbeitsentgelten teilweise die Höhe der späteren Leistungen an den Arbeitnehmer richten, führte die Zahlung auf Summenbescheide bei ihm zu keinem wirtschaftlichen Vorteil.
Dieser rechtlichen Beurteilung steht auch die BFH-Rechtsprechung nicht entgegen, nach der die Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile auf Seiten der Arbeitnehmer zu einem zusätzlichen geldwerten Vorteil führt (BFH-Urt. v. 13.9.2007, VI R 54/03. Denn in dem dort entschiedenen Fall erfolgte die Nachentrichtung nicht aufgrund eines Summenbescheides nach § 28 f Abs. 2 SGB IV. Vielmehr stellte der BFH darauf ab, dass dem Arbeitnehmer nicht anders als nach einem ordnungsgemäßen Beitragsabzug ein eigener Anspruch auf Leistung zustehe. Der Vorgang stelle sich damit wirtschaftlich so dar, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt habe und der Arbeitnehmer sie zum Zwecke der Zukunftssicherung verwandt habe. Dies ist aber mangels eines eigenen Leistungsanspruchs des Arbeitnehmers bei einem Summenbescheid gerade nicht der Fall.
Trotzdem war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob die Nachentrichtung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung aufgrund von Summenbescheiden nach § 28 f SGB IV zu Arbeitslohn führt, die Revision zum BFH zuzulassen.