25.01.2013

Kein ermäßigter Steuersatz für den Betrieb von Wattwagen

Wattwagenfahrten zwischen dem Festland und der Insel Neuwerk sind nicht mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent zu besteuern. Sie erfolgen nämlich nicht im Rahmen des begünstigten öffentlichen Personennahverkehrs, sondern haben touristischen Charakter.

FG Hamburg 21.9.2012, 2 V 240/12
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller betreibt auf der Nordseeinsel Neuwerk ein Fuhrunternehmen mit Wattwagen, die Personen vom Festland zur Insel Neuwerk befördern. Diese Personenbeförderung wird durch die Hamburgische Wattwagenverordnung (WattwV) geregelt. Nach § 2 WattwV dürfen für die Personenbeförderung nur die mit zwei Pferden bespannten Wagen mit hoch liegendem Gestell (Wattwagen) eingesetzt werden. Der Antragsteller verfügt über die für den Betrieb von Wattwagen erforderlichen Erlaubnisse.

Der Antragsteller meldete im hier streitigen Zeitraum Juli bis Dezember 2011 die Erlöse aus dem Betrieb der Wattwagen unter Berufung auf § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent an. Das Finanzamt unterwarf die Einkünfte demgegenüber dem regulären Steuersatz. Hiergegen richtet sich der Einspruch, mit dem der Antragsteller geltend macht, die Wattfahrten, die der Personen- und Gepäckbeförderung dienten, seien wie Taxifahrten ermäßigt zu besteuern. Hierüber ist gegenwärtig noch nicht entschieden worden. Den zeitgleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids lehnte der Antragsgegner ab; der Antragsteller beantragte daraufhin die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Das FG lehnte den Antrag ab.

Die Gründe:
Die Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids war nicht zu gewähren.

Für die Beförderung im öffentlichen Nahverkehr sieht das UStG - ebenso wie die europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie - einen ermäßigten Umsatzsteuersatz vor. Begünstigt sind im Einzelnen in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG genannte Verkehrsmittel, wie z.B. der Schienennahverkehr, Taxen oder der Fährverkehr. Pferdgespanne sind hingegen nicht erwähnt. Auf den Betrieb der Wattwagen ist der ermäßigte Steuersatz dementsprechend nicht anzuwenden, weil der Wattwagen kein Verkehrsmittel im Sinne dieser Vorschrift ist.

Der von zwei Pferden betriebene Wagen lässt sich nicht im Wege der Auslegung unter die begünstigten Verkehrsmittel des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG subsumieren. Unabhängig von der Antriebsform kann der Wattwagen - entgegen der Auffassung des Antragstellers - auch deshalb nicht als Taxi angesehen werden, weil nicht der Kunde das Fahrziel bestimmt, sondern der Wattwagen vorwiegend planmäßig fährt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das nationale Umsatzsteuergesetz insoweit eine planwidrige Lücke enthält, als es auf die Beförderung mittels Wattwagen nicht den ermäßigten Steuersatz anwendet, die im Wege der Rechtsfortbildung zu schließen wäre; denn die Wattwagen stellen - jedenfalls bei summarischer Betrachtung - bereits kein typisches Verkehrsmittel des Personennahverkehrs dar.

Die Fahrten mit dem Wattwagen auf die Insel oder von der Insel zurück dürften zudem Teil eines Tagesausflugs mit Erlebnischarakter sein und unterscheiden sich damit deutlich vom regulären Personennahverkehr. Deshalb kommt auch unter dem Gesichtspunkt der Neutralität der Umsatzsteuer keine Verletzung des Unionsrechts in Betracht. Die Wattwagenfahrten stehen nicht im Wettbewerbsverhältnis zu den übrigen Verkehrsmitteln.

Linkhinweis:

FG Hamburg NL vom 8.1.2013
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