Kein Gestaltungsmissbrauch bei Einbringung einer privaten Verbindlichkeit in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft
BFH 18.10.2011, IX R 15/11Die Klägerin ist eine GbR, die im Streitjahr 2003 gegründet wurde. Beteiligt sind M mit 10 Prozent und seine Ehefrau F mit 90 Prozent. Zweck der GbR ist die Vermietung des Mehrfamilienhauses E-Straße 5, das bis dahin M allein gehörte. Der notarielle Einbringungsvertrag bestimmt, dass M das Grundstück E-Straße 5 mit den darauf lastenden Grundpfandrechten und insgesamt sechs Darlehen in die GbR einbringt. Darunter befinden sich zwei Sparkassendarlehen, die M zur Finanzierung des selbstgenutzten Einfamilienhauses E-Straße 5a, dessen Eigentümer M ist, aufgenommen hatte. Die Darlehen wurden auf die Klägerin umgeschrieben. Sie war nunmehr verpflichtet, die Darlehen zu bedienen. Die Einbringungen erfolgten gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.
Im Rahmen der Steuererklärungen für die Streitjahre (2003 und 2004) ging die Klägerin aufgrund der von ihr übernommenen Darlehen für die Gesellschafterin F von einem teilentgeltlichen Vorgang aus, und zwar nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Immobilie zu den Darlehen zzgl. Notarkosten; F habe dementsprechend zu 50,94 Prozent entgeltlich erworben. Auf dieser Basis wurde die Absetzung für Abnutzung (AfA) berechnet. Ferner wurden Schuldzinsen erklärt, und zwar aus den fraglichen Darlehensverträgen. Das Finanzamt sah in Bezug auf die betreffenden Darlehen keinen Anschaffungsvorgang und kürzte dementsprechend die Anschaffungskosten sowie die als Werbungskosten geltend gemachten Schuldzinsen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG kann die Klägerin die Schuldzinsen für die beiden Darlehen sowie die mit der Übernahme dieser Darlehen als Anschaffungskosten im Zusammenhang stehenden höheren AfA-Beträge als Werbungskosten absetzen.
Das FG hat zu Unrecht einen Gestaltungsmissbrauch angenommen und den Abzug der Schuldzinsen nicht zugelassen, weil privat veranlasste Aufwendungen in den steuerlichen Bereich verlagert worden seien. Bei einer GbR werden die Wirtschaftsgüter, mithin auch Grundstück und Darlehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Das bedeutet vorliegend: Die Ehefrau hat das Vermietungsobjekt zu 90 Prozent angeschafft, und zwar gegen Übernahme einer fremden Schuld in gleicher Höhe. Da der Grund für die Schuldübernahme im steuerrechtlich bedeutsamen Bereich der Einkünfteerzielung (Vermietung) liegt, ist diese Gestaltung nicht rechtsmissbräuchlich.
Ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung aber noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht.
M stand es frei, ob, wann und an wen er sein Grundstück veräußert. Als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks übernahm die Klägerin Verbindlichkeiten des M. Hierin liegt der wirtschaftlich beachtliche Grund. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit die Klägerin teilentgeltlich erwarb. Allein der Umstand des teilentgeltlichen Erwerbs führt nicht dazu, der Entgeltsabrede die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen, sondern ggf. - wie auch hier von der Klägerin bereits erklärt - dazu, die Bemessungsgrundlage um den geschenkten Betrag zu kürzen.
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