21.05.2013

Kein Kindergeld für Besuch islamischer Mädchenschulen

Der Besuch einer privaten islamischen Mädchenschule, deren Schwerpunkt in der Vermittlung der Grundlagen des islamischen Glaubens liegt und die weder einen Abschluss noch eine hinreichend gründliche theoretisch-systematische Ausbildung zur Vorbereitung auf einen Beruf vermittelt, berechtigt die Eltern nicht zum Bezug von Kindergeld. Bei einem Unterricht verschiedener Sprachen von wöchentlich insgesamt sechs Stunden kann nicht von einem ernsthaften Sprachunterricht gesprochen werden.

FG Baden-Württemberg 27.2.2013, 2 K 2760/11
Der Sachverhalt:
Die verheiratete Klägerin ist türkische Staatsangehörige und islamischer Religionszugehörigkeit. Sie bezog für ihre Tochter bis zu deren 18. Lebensjahr Kindergeld. Im Dezember 2010 beantragte die Klägerin Weiterzahlung des Kindergelds für ihre Tochter, da diese über einen Zeitraum von zwei Jahren ein sog. Islamisches Mädchenkolleg besuchen wollte. Dabei handelt es sich um eine private Internatsschule, die mit dem Ziel gegründet wurde, jungen islamischen Mädchen nach Erfüllung ihrer gesetzlichen Schulpflicht ihre Kultur und ihre Religion näherzubringen und sie in den Bereichen Sprache, Kultur und Allgemeinwissen zu stärken, um ihnen ein selbstbewusstes Auftreten in der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Klägerin war der Ansicht, dass das Kind durch den Schulbesuch für einen Beruf ausgebildet werde.

Die Familienkasse lehnte die Festsetzung des Kindergeldes ab, da die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG für die Zahlung von Kindergeld für ein über 18 Jahre altes Kind nicht erfüllt seien. Der Besuch der Islamschule stelle keine Ausbildung i.S.d. EStG dar.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Familienkasse war nicht verpflichtet, für die Tochter der Klägerin Kindergeld festzusetzen.

Der Besuch des islamischen Mädchenkollegs stellt keine Berufsausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG dar, weil er nicht auf einen angestrebten Beruf vorbereitete, sondern auf ein Leben als Frau und Mutter nach dem Islam. Der zweijährige Besuch der Islamschule genügte nicht den Anforderungen an eine hinreichend gründliche theoretisch-systematische Ausbildung zur Vorbereitung auf einen Beruf. Der Besuch des Mädchenkollegs endete zudem ohne Abschluss und eröffnete keinen unmittelbaren Zugang zu einem Beruf. Nach seiner religiösen und persönlichkeitsbildenden Ausrichtung besteht auch kein ausreichender inhaltlicher Zusammenhang zu einem von dem Kind angestrebten Beruf. Denn dieses hatte nach den Angaben der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt überhaupt noch keinen konkreten Berufswunsch.

Bei dieser Beurteilung wird nicht verkannt, dass auch bei einer Sprachausbildung der erforderliche Bezug zu einem Beruf bestehen kann. Ein solcher Bezug war hier jedoch nicht in dem erforderlichen Umfang gegeben. Durch den Sprachunterricht in Deutsch, Türkisch und Englisch wurden die Mädchen nicht systematisch auf den Erwerb eines anerkannten Prüfungsabschlusses vorbereitet. Bei einem Unterricht verschiedener Sprachen von wöchentlich insgesamt sechs Stunden konnte auch nicht von einem ernsthaften Sprachunterricht gesprochen werden, der der Berufsausübung zugeordnet werden kann. Nach der BFH-Rechtsprechung zu den Au-pair-Aufenthalten werden hierzu regelmäßig zehn Wochenstunden eines qualifizierten Sprachunterrichts gefordert.

Linkhinweis:

FG Baden-Württemberg PM v. 16.5.2013
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