18.04.2012

Kein Kindergeld während einer Übergangszeit von mehr als vier Monaten zwischen Schulzeit und gesetzlichem Wehr- oder Zivildienst

Die gesetzliche Ausgestaltung der Tatbestände in § 32 Abs. 4 S. 1 EStG, wonach ein Kind, das nach Beendigung der Schulzeit - unabhängig davon, ob absehbar oder nicht - länger als vier Monate auf den Beginn des gesetzlichen Wehrdienstes wartet, während dieser Übergangszeit nicht berücksichtigt wird, ist weder lückenhaft noch verstößt sie gegen das GG. Der BFH hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.

BFH 22.12.2011, III R 41/07 u.a.
Der Sachverhalt:

+++ III R 5/07 +++
Der im August 1979 geborene Sohn des Klägers besuchte die Schule für Datentechnische Assistenten, die er mit Ablegen der Fachhochschulreife zum 26.7.2000 verließ. Nach Anerkennung als Wehrdienstverweigerer trat er den Zivildienst an seiner Dienststelle am 1.3.2001 an. In der Zwischenzeit hatte er sich erfolglos um einen Arbeitsplatz bemüht, sich aber nicht beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet. Den Antrag auf Zahlung von Kindergeld für den Zeitraum August 2000 bis Februar 2001 lehnte die beklagte Familienkasse mit der Begründung ab, dass weder die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG noch nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b oder c EStG vorlägen.

+++ III R 41/07 +++
Der im August 1984 geborene Sohn des Klägers legte im Juni 2005 das Abitur ab. Bis einschließlich Juni 2005 hatte der Kläger Kindergeld bezogen. Im Oktober 2005 stellte der Kläger für den Sohn bei der beklagten Familienkasse einen auf den 30.9.2005 datierten "Antrag auf Kindergeld für ein über 18 Jahre altes Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz". Bei der Agentur für Arbeit war der Sohn seit 7.10.2005 als arbeitsuchend gemeldet. Außerdem ist im Antrag angegeben, dass der Sohn "seit Januar 2005 bis voraussichtlich 31.12.2005 eine Tätigkeit mit Brutto-Einnahmen i.H.v. mtl. 325 € " ausübt und dass ein Einberufungsbescheid zum 1.1.2006 vorliegt. Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag ab.

Das FG wies die Klagen mit Blick auf den klaren Gesetzeswortlaut und unter Berücksichtigung der bisher zu dieser Rechtsfrage ergangenen Rechtsprechung des BFH ab. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Kläger hatten vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Den Klägern steht für den betreffenden Zeitraum kein Anspruch auf Kindergeld zu. Der BFH hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.

Nach nochmaliger Prüfung der Rechtslage hält der Senat an der bisherigen Auffassung fest, wonach weder § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b noch Buchst. c EStG analog auf Fälle anwendbar ist, in denen - unabhängig davon, ob absehbar oder nicht - die Übergangszeit von vier Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Zivil- oder Wehrdienstes überschritten wird. Die Viermonatsfrist darf nicht verlängert werden, weil die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen keine Regelungslücke enthalten.

Damit ist es den Gerichten versagt, Kinder auch dann zu berücksichtigen, wenn sie die genannte Viermonatsfrist überschreiten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verfassungsrecht. Insbes. hat der Gesetzgeber nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, weil er Kinder, die sich in einer längeren als der viermonatigen Übergangszeit befinden, unberücksichtigt lässt. Vielmehr ist darin eine zulässige Typisierung des Gesetzgebers zu sehen.

Linkhinweis:

  • Die Volltexte sind auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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BFH PM Nr. 28 vom 18.4.2012
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