Kein Vorsteuerabzug aus falschen Leistungsempfänger ausweisenden Rechnungen nach Aberkennung der Organschaft
FG Rheinland-Pfalz 12.10.2017, 6 K 1083/17Die Klägerin war bis zum 31.12.2011 Organträgerin einer umsatzsteuerlichen Organschaft. Auf dem ihr gehörenden Grundstück betreibt die Autohaus X-GmbH ihr Unternehmen. Die Organschaft endete aufgrund der geänderten BFH-Rechtsprechung 22.4.2010 und vom 1.12.2010 (Az.: V R 9/09 und XI R 43/08) mit Wirkung ab 1.1.2012 (vgl. BMF-Schreiben vom 5.7.2011 IV D 2-S 7105/10/10001.
Im Jahr 2016 führte das Finanzamt bei der Klägerin für die Jahre 2012 bis 2014 eine Außenprüfung durch. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass Rechnungen von leistenden Unternehmern für die im Streitjahr 2013 erfolgte Sanierung der auf dem Grundstück der Klägerin befindlichen und an die GmbH verpachteten Tankstelle nicht auf die Klägerin selbst, sondern auf die GmbH ausgestellt worden waren. Gleichwohl hatte die Klägerin aus diesen Rechnungen die Vorsteuer i.H.v. insgesamt 23.709 € abgezogen.
Dem Bericht der Außenprüfung folgend kürzte das Finanzamt in dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid die abzugsfähige Vorsteuer um diesen Betrag. Die Klägerin trug vor, es handele sich um einen Formfehler in ansonsten richtig adressierten Rechnungen, der durch einfache Korrektur oder Ergänzung gegenüber dem Adressaten heilbar wäre. Vielmehr seien die Rechnungen in diesem Fall an einen falschen Empfänger adressiert und entfalteten infolgedessen keine rechtliche Wirkung gegenüber dem tatsächlichen Leistungsempfänger (hier: der Klägerin).
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht die Vorsteuern gekürzt. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Rechnungsberichtigung lagen nicht vor.
Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Dies erfordert insbesondere, dass die dem Unternehmer erteilte Rechnung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht. Gem. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG ist dabei - u.a. - die Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers erforderlich ("muss ... enthalten").
Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht kein Anspruch auf Vorsteuerabzug (BFH-Urt. v. 22.7.2015, Az.: V R 23/14). Gem. § 31 Abs. 5 S. 1 UStDV kann eine Rechnung allerdings berichtigt werden, wenn sie (a) nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 oder § 14a UStG enthält oder (b) Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. Zu den formellen Voraussetzungen des Abzugsrechts ergibt sich aus Art. 178a MwStSystRL, dass es nur ausgeübt werden kann, wenn der Steuerpflichtige eine im Einklang mit Art. 226 MwStSystRL ausgestellte Rechnung besitzt. Der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist danach formelle, aber nicht materielle Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug (EuGH-Urt. v. 15.9.2016, Rs.: C-518/14).
Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH mit drei Urteilen jeweils vom 20.10.2016 angeschlossen (Az.: V R 26/15, V R 54/14 und V R 64/14). Danach ist § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG richtlinienkonform auszulegen (BFH-Urt. v. 6.4.2016, Az.: V R 6/14). Gleiches gilt für § 31 Abs. 5 UStDV. Eine Berichtigung nach dieser Vorschrift wirkt daher auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde. An seiner früheren Rechtsprechung, wonach die Vorsteuer aus einer berichtigten Rechnung erst im Besteuerungszeitraum der Berichtigung abgezogen werden konnte, hält der BFH infolge der EuGH-Rechtsprechung ausdrücklich nicht mehr fest.
Die in den Streitjahren ausgestellten Rechnungen waren nicht gem. § 31 Abs. 5 UStDV berichtigungsfähig.
Ein Dokument ist jedenfalls dann eine Rechnung und damit berichtigungsfähig, wenn es Angaben
- zum Rechnungsaussteller,
- zum Leistungsempfänger,
- zur Leistungsbeschreibung,
- zum Entgelt und
- zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer
enthält. Hierfür reicht es aus, dass sie zu den vorgenannten Kernmerkmalen (Mindestanforderungen) Angaben enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen. Die Rechnungen im vorliegenden Fall lauten - unstreitig - auf den falschen Leistungsempfänger. Damit ist - wie erforderlich - der Leistungsempfänger zwar bezeichnet, die diesbezüglichen Angaben sind aber offensichtlich unzutreffend i.S.d. vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Berichtigungsfähige Rechnungen lagen somit nicht vor.
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