Kein Vorsteuerabzug bei Erwerb und Einziehung zahlungsgestörter Forderungen
BFH 26.1.2012, V R 18/08Die Klägerin, eine alleinige Gesellschafterin und Organträgerin einer GmbH, hatte im Oktober 2004 von einer Bank zahlungsgestörte Forderungen (sog. "non-performing loans") erworben. Es handelte sich konkret um Grundpfandrechte und Forderungen aus 70 gekündigten und fällig gestellten Darlehensverträgen. Die Vertragsparteien waren der Auffassung, dass der Forderungserwerber an den Forderungsverkäufer keine umsatzsteuerpflichtige Leistung erbringt. Für den Fall einer abweichenden Beurteilung durch die Finanzverwaltung gingen die Parteien davon aus, dass die Differenz zwischen dem abgezinsten wirtschaftlichen Nennwert und dem Kaufpreis als Gegenleistung anzusehen sei.
Die Klägerin gab für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2004 - entsprechend dem BMF-Schreiben vom 3.6.2004, aber entgegen ihrer eigenen Rechtsauffassung - eine Umsatzsteuer-Voranmeldung ab. Das Finanzamt ging davon aus, dass eine steuerpflichtige Leistung der Klägerin vorliege. Denn die dem Verkäufer erbrachte Dienstleistung bestehe in der Übernahme des Forderungseinzugs.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Anders als beim echten Factoring führe die Übertragung zahlungsgestörter Forderungen nicht zu einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung an den Verkäufer. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Zwar hat das FG zu Recht entschieden, dass die Klägerin mit dem Ankauf der Forderungen keine steuerpflichtige Leistung an den Forderungsverkäufer erbracht hatte. Auf Vorlage durch den Senat hatte der EuGH in diesem Fall entschieden, dass der Forderungserwerber beim Kauf der Forderungen gegenüber dem Forderungsverkäufer keine entgeltliche Leistung erbringt, wenn der Kaufpreis dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderung entspricht. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben, so dass im Zusammenhang mit dem Erwerb der Forderungen kein Abzug der Vorsteuer möglich war. Daraus war allerdings weiter abzuleiten, dass der Forderungserwerber auch aus den Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Einziehung der erworbenen Forderungen entstehen, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Das Urteil des FG musste gleichwohl aufgehoben werden, da die Sache im Hinblick auf den in Frage stehenden Steuerausweis in einer Rechnung und den Vorsteuerabzug nicht spruchreif war. Hat die Klägerin für den Erwerb der Forderungen eine Rechnung mit Steuerausweis erteilt, schuldet sie die in dieser Rechnung ausgewiesene Steuer nach § 14c UStG. Eine Rechnungsberichtigung wäre entgegen der Auffassung der Klägerin nur zu berücksichtigen, wenn sie noch im Streitjahr erfolgt wäre. Eine erst spätere Rechnungsberichtigung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung zurück.
Sollte im Streitfall keine Steuerschuld nach § 14c UStG vorliegen, ist zu prüfen, ob die Klägerin im Streitjahr einen Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) für den Erwerb der Forderungen und deren Einziehung zu Unrecht in Anspruch genommen hat. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
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