Kein Werbungskostenabzug für Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts beim Realsplitting
Kurzbesprechung
BFH v. 18.10.2023 - X R 7/20
EStG § 9 Abs 1 S 1, § 9 Abs 1 S 2, § 10 Abs 1a S 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1 S 2, § 22 Nr. 1a
Im Streitfall wurde die Ehe der Steuerpflichtigen im Jahr 2014 geschieden und ihr früherer Ehemann (B) verpflichtet, ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 582,50 € monatlich zu zahlen. Das von der Steuerpflichtigen angestrengte Gerichtsverfahren endete vor dem Oberlandesgericht mit einem Vergleich, in welchem sich B zur Zahlung eines höheren nachehelichen Unterhalts von monatlich 900 € bereit erklärte. Die Verfahrenskosten wurden gegeneinander aufgehoben. Die Steuerpflichtige entrichtete Gerichts- und Anwaltskosten im Jahre 2015.
Das FA erfasste setzte bei der Steuerpflichtigen die erhaltenen Unterhaltsleistungen als steuerpflichtige sonstige Einkünfte an, ließ jedoch die von ihr getragenen Anwalts- und Gerichtskosten nicht zum Abzug zu. Der nachfolgenden Klage gab das FG mit der Begründung statt, dass die Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen später keine Unterhaltseinkünfte hätte erzielen können, so dass vorweggenommene Werbungskosten vorliegen würden.
Dies sieht der BFH jedoch anders. Er entschied, dass Unterhaltszahlungen dem Privatbereich zuzuordnen sind, entsprechend auch die zu ihrer Erlangung aufgewendeten Prozesskosten. Steuerrechtlich werden die Unterhaltszahlungen nur und erst dann relevant, wenn der Geber mit Zustimmung des Empfängers einen Antrag auf Sonderausgabenabzug stelle (sog. Realsplitting). Der Antrag überführt die privaten Unterhaltszahlungen rechtsgestaltend in den steuerrechtlich relevanten Bereich. Die Umqualifizierung zu Sonderausgaben beim Geber und korrespondierend - steuerbaren Einkünften beim Empfänger markiert die zeitliche Grenze für das Vorliegen abzugsfähiger Erwerbsaufwendungen. Zuvor verursachte Aufwendungen des Unterhaltsempfängers - im Streitfall in Form von Prozesskosten zur Erlangung von Unterhalt - können daher keine Werbungskosten darstellen.
Hinweis: Der Streitfall wurde an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, da das FG keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen hatte, ob die streitbetroffenen Prozesskosten gegebenenfalls als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 9 Abs 1 S 1, § 9 Abs 1 S 2, § 10 Abs 1a S 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1 S 2, § 22 Nr. 1a
Im Streitfall wurde die Ehe der Steuerpflichtigen im Jahr 2014 geschieden und ihr früherer Ehemann (B) verpflichtet, ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 582,50 € monatlich zu zahlen. Das von der Steuerpflichtigen angestrengte Gerichtsverfahren endete vor dem Oberlandesgericht mit einem Vergleich, in welchem sich B zur Zahlung eines höheren nachehelichen Unterhalts von monatlich 900 € bereit erklärte. Die Verfahrenskosten wurden gegeneinander aufgehoben. Die Steuerpflichtige entrichtete Gerichts- und Anwaltskosten im Jahre 2015.
Das FA erfasste setzte bei der Steuerpflichtigen die erhaltenen Unterhaltsleistungen als steuerpflichtige sonstige Einkünfte an, ließ jedoch die von ihr getragenen Anwalts- und Gerichtskosten nicht zum Abzug zu. Der nachfolgenden Klage gab das FG mit der Begründung statt, dass die Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen später keine Unterhaltseinkünfte hätte erzielen können, so dass vorweggenommene Werbungskosten vorliegen würden.
Dies sieht der BFH jedoch anders. Er entschied, dass Unterhaltszahlungen dem Privatbereich zuzuordnen sind, entsprechend auch die zu ihrer Erlangung aufgewendeten Prozesskosten. Steuerrechtlich werden die Unterhaltszahlungen nur und erst dann relevant, wenn der Geber mit Zustimmung des Empfängers einen Antrag auf Sonderausgabenabzug stelle (sog. Realsplitting). Der Antrag überführt die privaten Unterhaltszahlungen rechtsgestaltend in den steuerrechtlich relevanten Bereich. Die Umqualifizierung zu Sonderausgaben beim Geber und korrespondierend - steuerbaren Einkünften beim Empfänger markiert die zeitliche Grenze für das Vorliegen abzugsfähiger Erwerbsaufwendungen. Zuvor verursachte Aufwendungen des Unterhaltsempfängers - im Streitfall in Form von Prozesskosten zur Erlangung von Unterhalt - können daher keine Werbungskosten darstellen.
Hinweis: Der Streitfall wurde an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, da das FG keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen hatte, ob die streitbetroffenen Prozesskosten gegebenenfalls als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten.