Kein Widerruf einer Einverständniserklärung i.S.d. § 79a Abs. 3 und 4 FGO bei nicht wesentlich geänderter Prozesslage
BFH 10.2.2011, II S 39/10 (PKH)Das für die Grunderwerbsteuerfestsetzung zuständige Finanzamt X forderte das beklagte Finanzamt als Lagefinanzamt auf, den Bedarfswert eines Grundstücks nach § 138 Abs. 1 BewG festzustellen. Dieser werde für die Besteuerung wegen der Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG) benötigt.
Das Finanzamt stellte den Grundbesitzwert durch Bescheid von Juni 2009 fest. Einspruch und Klage dagegen blieben erfolglos. Die Entscheidung des FG erging im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung anstelle des Senats durch die Berichterstatterin. Der Kläger hatte allerdings seine ursprüngliche Einverständniserklärung nach einem rechtlichen Hinweis der Einzelrichterin schriftlich widerrufen.
Gegen die Nichtzulassung der Beschwerde im angefochtenen Urteil des FG will sich der Kläger mit einer Beschwerde wenden und beantragt, ihm hierfür Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Der BFH wies den Antrag auf PKH zurück.
Die Gründe:
Die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Weder aus seinem Vorbringen noch aus der Vorentscheidung oder dem sonstigen Akteninhalt ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass einer der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision vorliegen könnte.
Soweit der Kläger anführt, das FG habe gegen seinen Willen "eine Einzelrichterentscheidung" getroffen, hat er keinen Verfahrensfehler i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt, auf dem das Urteil des FG beruhen könnte. Der Kläger hat zwar sein durch Schriftsatz von August 2009 ausdrücklich erklärtes Einverständnis mit einer "Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung" durch weiteren Schriftsatz von November 2010 widerrufen. Dies tat er allerdings nicht, weil sich die Prozesslage nachträglich wesentlich geändert hatte, sondern weil die Berichterstatterin eine ihm missliebige Rechtsmeinung geäußert hatte.
Ob der Widerruf einer Einverständniserklärung mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter nach § 79a Abs. 3 und Abs. 4 FGO überhaupt zulässig sein, brauchte der Senat dabei nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist ein Widerruf dann ausgeschlossen, wenn sich die Prozesslage bei objektiver Betrachtung nachträglich nicht wesentlich geändert hat. Dies folgt aus der Funktion des § 79a Abs. 3 und 4 FGO, es den Beteiligten zu ermöglichen, im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung eine Entscheidung durch ein einzelnes Mitglied des an und für sich zuständigen Senats herbeizuführen. In Übereinstimmung mit diesem Zweck und wegen der Notwendigkeit klarer prozessualer Verhältnisse kommt ein jederzeitiger Widerruf ohne wesentliche Veränderung der Prozesslage nicht in Betracht.
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