Keine Aktivierung von aufschiebend bedingten Anwartschaften auf Hinterbliebenenversorgung
BFH 23.3.2011, X R 42/08Die Klägerin ist Alleinerbin ihres im Jahr 1999 verstorbenen Ehemanns (E.). Dieser war seit 1983 Alleingesellschafter sowie Geschäftsführer einer GmbH. Außerdem verpachtete er eines seiner Grundstücke an die GmbH, was übereinstimmend als Betriebsaufspaltung beurteilt wurde. E. ermittelte die Gewinne seines Besitz-Einzelunternehmens durch Betriebsvermögensvergleich.
Im Januar 1991 erteilte die GmbH dem E., der zu diesem Zeitpunkt schon schwer erkrankt war, eine Pensionszusage. Die Ansprüche wurden sofort unverfallbar. Ferner war eine Hinterbliebenenversorgung zugunsten der Ehefrau vorgesehen. Wegen der bereits fortgeschrittenen Krankheit war es allerdings nicht möglich, für die zugesagte Hinterbliebenenversorgung eine Rückdeckung zu vereinbaren. Die GmbH konnte lediglich eine Rentenversicherung über 948.768 DM abschließen, bei der im Fall eines vorzeitigen Todes des E. nur ein Anspruch auf Rückerstattung der eingezahlten Beiträge zuzüglich der bis dahin aufgelaufenen Gewinnanteile bestand. Ferner schloss die GmbH - über einen Rahmenvertrag, so dass die Gesundheitsprüfung entfiel - eine Lebensversicherung über 150.000 DM ab.
Das Finanzamt war der Ansicht, die Pensionszusage halte angesichts der bei ihrer Erteilung bereits bekannten schweren Erkrankung des E. einem Fremdvergleich nicht stand. Die Zuführungen zur Pensionsrückstellung seien bei der GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) anzusehen. Korrespondierend sei im Besitzunternehmen aufgrund des bestehenden zivilrechtlichen Rechtsanspruchs gewinnerhöhend eine Forderung zu aktivieren. Dabei sei im ersten noch nicht bestandskräftig veranlagten Jahr (1995) die Aktivierung der auf die Vorjahre entfallenden Zuführungsbeträge nachzuholen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage überwiegend ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die vom Finanzamt vorgenommene Aktivierung der Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung im Einzelunternehmen des E. war rechtswidrig.
Nach dem (imparitätischen) Realisationsprinzip, das einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S.d. § 5 Abs. 1 EStG darstellt, darf ein Gewinn grundsätzlich erst ausgewiesen werden, wenn er durch Umsatz (Veräußerung oder sonstigen Leistungsaustausch) verwirklicht ist. Vermögensmehrungen dürfen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind. Gewinnrealisierung tritt dann ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung (z.B. die Zahlung) - von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen - so gut wie sicher ist.
Aufschiebend bedingte Ansprüche sind nicht zu aktivieren. Anwartschaften auf Hinterbliebenenversorgung sind aufschiebend bedingt. Ein Anspruch der durch eine Zusage auf Hinterbliebenenversorgung begünstigten Person kann nur entstehen, wenn der Hauptversorgungsberechtigte verstirbt und zu diesem Zeitpunkt die als potenzielle Hinterbliebene begünstigte Person noch lebt. Im Fall einer aufschiebend bedingten Anwartschaft auf die künftige Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung fehlt es jedenfalls an der Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann.
Es kam auch keine Aktivierung der Anwartschaft des E. auf Altersversorgung in Betracht. Denn angemessene Vergütungen, die ein Steuerpflichtiger als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bezieht, gehören auch dann zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die GmbH-Anteile - wie in Fällen der Betriebsaufspaltung - notwendiges Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen sind. Die Aktivierung einer Pensionsanwartschaft, soweit diese auf einer fremdüblichen und steuerrechtlich anzuerkennenden Pensionszusage beruht, muss daher schon deshalb unterbleiben, weil eine solche Anwartschaft nicht Teil des Betriebsvermögens des Anwartschaftsberechtigten ist.
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