27.10.2014

Keine Anwendung der Sperrfristregelung auf die Einmann-GmbH & Co KG

Die Sperrfristregelung des § 6 Abs.5 S.4 EStG ist auf die Einmann-GmbH & Co. KG von vornherein nicht anwendbar. Sie ist im Wege der teleologischen Reduktion auf solche Vermögensübertragungen zu beschränken, bei denen - ohne einen gegenläufigen Ergänzungsbilanzansatz - der während der Sperrfrist erzielte Veräußerungs- oder Entnahmegewinn nicht nur dem Einbringenden zuzurechnen wäre, sondern auch den anderen am Vermögen der Personengesellschaft beteiligten Gesellschaftern.

FG Düsseldorf 10.4.2014, 11 K 3050/11 F u.a.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war eine KG, die aus der A-GmbH als Komplementärin und der inzwischen verstorbenen B. als Kommanditistin bestanden hatte. Alleinige Gesellschafterin der A-GmbH, die am Betriebsvermögen der KG nicht beteiligt war und lediglich eine Haftungsvergütung erhielt, war ebenfalls die B. Gesamtrechtsnachfolger der B. war ihr Ehemann C. Die Klägerin war auf dem Gebiet der Grundstücksvermietung tätig.

Die Kommanditistin hatte der Klägerin Ende 2007 unentgeltlich ein im Sonderbetriebsvermögen gehaltenes, bebautes Grundstück übertragen, dessen Buchwert damals etwa 75.462 € betrug. Zum 31.12.2007 wies die Klägerin das Grundstück mit dem Teilwert von 325.000 € in der Gesamthandsbilanz aus. Für die Kommanditistin wurde eine negative Ergänzungsbilanz mit dem Ansatz des Differenzwertes von rund 249.537 € erstellt.

Im Dezember 2008 veräußerte die Klägerin das Grundstück an einen fremden Dritten. Nach dem Übertragungsvertrag sollten Nutzen und Lasten mit Kaufpreiszahlung auf den Erwerber übergehen. Der Kaufpreis von 325.000 € wurde im Januar 2009 entrichtet. In der Folgezeit stritt die Klägerin mit dem Finanzamt darüber, ob infolge einer Veräußerung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG rückwirkend im Jahr 2007 ein Übertragungsgewinn i.H.v. 249.537 € im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditistin zu erfassen war. Die Klägerin war der Ansicht, die Regelung in R 6.15 EStR zu § 6 EStG, auf die das Finanzamt seine Rechtsauffassung stütze, laufe der gesetzgeberischen Absicht zuwider und sei nicht anwendbar.

Das FG gab der Klage statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Unrecht rückwirkend auf Dezember 2007 den Teilwert des Grundstücks im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditistin angesetzt. Die Sperrfristregelung des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG, auf die das Finanzamt den rückwirkenden Teilwertansatz stützte, war auf die vorliegende Fallkonstellation der Einmann-GmbH & Co. KG nicht anwendbar.

Die Kommanditistin konnte das bebaute Grundstück nach § 6 Abs. 5 S. 1, S. 2 Nr. 2 EStG ohne Aufdeckung der stillen Reserven auf die Klägerin übertragen. Nach der im Streitjahr 2007 anzuwendenden Bestimmung des § 6 Abs. 5 S. 1 EStG ist bei Überführung eines einzelnen Wirtschaftsguts von einem Betriebsvermögen in ein anderes desselben Steuerpflichtigen der Wert anzusetzen, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG gilt S. 1 - und damit die in dieser Vorschrift angeordnete Buchwertfortführung - u.a. dann entsprechend, soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft übertragen wird. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall erfüllt.

Der Teilwert des Grundstücks war auch nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung gem. § 6 Abs. 5 S. 4 EStG im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditistin anzusetzen. Danach ist der Teilwert rückwirkend anzusetzen, wenn das übertragene Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4, 2. HS EStG veräußert wird. Die Regelung ist nach BFH-Rechtsprechung auf die Einmann-GmbH & Co. KG von vornherein nicht anwendbar. Sie ist im Wege der teleologischen Reduktion auf solche Vermögensübertragungen zu beschränken, bei denen - ohne einen gegenläufigen Ergänzungsbilanzansatz - der während der Sperrfrist erzielte Veräußerungs- oder Entnahmegewinn nicht nur dem Einbringenden zuzurechnen wäre, sondern auch den anderen am Vermögen der Personengesellschaft beteiligten Gesellschaftern.

Die Regelungen des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG sollen gerade nicht jede zeitnahe Aufdeckung stiller Reserven sanktionieren, sondern lediglich Vorsorge dagegen treffen, dass innerhalb der Sperrfrist die Gewinne (Verluste) aus der Veräußerung oder Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter den Mitgesellschaftern unter Verletzung des Subjektsteuerprinzips zugeordnet werden. Im vorliegenden Fall wurde dieser Gesetzeszweck nicht berührt, denn die Kommanditistin (Einbringende) war sowohl im Zeitpunkt der Übertragung des Wirtschaftsguts auf die Klägerin als auch zum Zeitpunkt der späteren Gewinnrealisierung (Veräußerung des Grundstücks durch die Klägerin) alleine am Vermögen und Gewinn der Klägerin beteiligt, d.h. die individuelle Zuordnung der stillen Reserven blieb durchgängig gewahrt.

Linkhinweis:

  • Der Volltext des Urteils ist erhältlich unter www.nrwe.de - Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW.
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