Keine außergewöhnlichen Belastungen bei Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft
Kurzbesprechung
BFH v. 10.8.2023 - VI R 29/21
EStG § 33
ESchG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 7
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 1 Abs. 3, Art. 6, GG Art. 3 Abs. 3
Streitig war, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft ("Leihmutterschaft") als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.
Die Steuerpflichtigen sind zwei Männer, die im Streitjahr 2017 die Ehe geschlossen haben und zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten sie Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Ersatzmutterschaftsverhältnis wurde in den USA begründet und durchgeführt.
Das FA ließ die geltend gemachten Aufwendungen nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu, mit der Begründung, dass "die Behandlung einer Leihmutterschaft gem. § 1 Abs. 1 ESchG (Embryonenschutzgesetz) in Deutschland verboten" sei.
Nach erfolglosem FG-Verfahren wies auch der BFH die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Er entschied, dass die Kosten der Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Ersatzmutterschaft keine krankheitsbedingten, nach § 33 EStG abziehbaren Aufwendungen darstellen. Denn die ungewollte Kinderlosigkeit der Steuerpflichtigen gründet nicht auf einem regelwidrigen Zustand eines oder beider Partner, sondern auf den biologischen Grenzen der Fortpflanzung.
Der BFH stellte weiterhin heraus, dass ein im Wege der Ersatzmutterschaft reproduziertes Kind nicht als eine medizinisch indizierte Heilbehandlung zur Vermeidung, Linderung oder Beseitigung einer seelischen Erkrankung angesehen werden kann, auch wenn diese auf einer ungewollten Kinderlosigkeit gründet. Darüber hinaus beruht der Entschluss, eine Ersatzmutterschaft zu begründen, nicht auf einer rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind zu haben.
Im Übrigen ist weitere Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG, dass die den Aufwendungen zugrunde liegenden Maßnahmen mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang stehen. Die im Streitfall geltend gemachten Kosten sind jedoch durch eine medizinische Behandlung entstanden, die jedenfalls nicht mit den Regelungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 7 ESchG im Einklang steht. Denn zum einen handelte es sich um eine Ersatzmutterschaft, bei der die Ersatzmutter das von ihr ausgetragene Kind nach der Geburt den Steuerpflichtigen überlassen sollte und überlassen hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG). Zum anderen wurde die künstliche Befruchtung bei der Ersatzmutter unter Verwendung einer Eizelle durchgeführt, welche von einer anderen Frau stammte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG).
Verfassungsrechtliche Zweifel an dem "Verbot" der Ersatzmutterschaft und der "Eizellenspende" hat der BFH nicht. Es verstößt nach seiner Auffassung insbesondere nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 GG. Denn das Verbot knüpft nicht an die Gleich- oder Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehe, sondern an die Behandlungsmethode an.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 33
ESchG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 7
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 1 Abs. 3, Art. 6, GG Art. 3 Abs. 3
Streitig war, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft ("Leihmutterschaft") als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.
Die Steuerpflichtigen sind zwei Männer, die im Streitjahr 2017 die Ehe geschlossen haben und zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten sie Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Ersatzmutterschaftsverhältnis wurde in den USA begründet und durchgeführt.
Das FA ließ die geltend gemachten Aufwendungen nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu, mit der Begründung, dass "die Behandlung einer Leihmutterschaft gem. § 1 Abs. 1 ESchG (Embryonenschutzgesetz) in Deutschland verboten" sei.
Nach erfolglosem FG-Verfahren wies auch der BFH die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Er entschied, dass die Kosten der Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Ersatzmutterschaft keine krankheitsbedingten, nach § 33 EStG abziehbaren Aufwendungen darstellen. Denn die ungewollte Kinderlosigkeit der Steuerpflichtigen gründet nicht auf einem regelwidrigen Zustand eines oder beider Partner, sondern auf den biologischen Grenzen der Fortpflanzung.
Der BFH stellte weiterhin heraus, dass ein im Wege der Ersatzmutterschaft reproduziertes Kind nicht als eine medizinisch indizierte Heilbehandlung zur Vermeidung, Linderung oder Beseitigung einer seelischen Erkrankung angesehen werden kann, auch wenn diese auf einer ungewollten Kinderlosigkeit gründet. Darüber hinaus beruht der Entschluss, eine Ersatzmutterschaft zu begründen, nicht auf einer rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind zu haben.
Im Übrigen ist weitere Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG, dass die den Aufwendungen zugrunde liegenden Maßnahmen mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang stehen. Die im Streitfall geltend gemachten Kosten sind jedoch durch eine medizinische Behandlung entstanden, die jedenfalls nicht mit den Regelungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 7 ESchG im Einklang steht. Denn zum einen handelte es sich um eine Ersatzmutterschaft, bei der die Ersatzmutter das von ihr ausgetragene Kind nach der Geburt den Steuerpflichtigen überlassen sollte und überlassen hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG). Zum anderen wurde die künstliche Befruchtung bei der Ersatzmutter unter Verwendung einer Eizelle durchgeführt, welche von einer anderen Frau stammte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG).
Verfassungsrechtliche Zweifel an dem "Verbot" der Ersatzmutterschaft und der "Eizellenspende" hat der BFH nicht. Es verstößt nach seiner Auffassung insbesondere nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 GG. Denn das Verbot knüpft nicht an die Gleich- oder Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehe, sondern an die Behandlungsmethode an.